Ampelstreit im Kabinett Paus blockiert Lindner
Auch nach der Sommerpause geht der Streit in der Ampel-Regierung weiter. Das "Wachstumschancengesetz" von Finanzminister Lindner konnte im Kabinett nicht auf den Weg gebracht werden. Offenbar legte Familienministerin Paus ihr Veto ein.
Eigentlich sollte nach der Sommerpause alles besser werden. Weniger Streit, weniger Hickhack, mehr Geschlossenheit - von einem Neustart der Ampel war gar die Rede. Die erste Kabinettssitzung nach drei Wochen Pause glich dann aber doch eher einem Rückfall in alte Zeiten. Das von Finanzminister Christian Lindner vorbereitete "Wachstumschancengesetz" konnte mangels Einigkeit nicht wie geplant auf den Weg gebracht werden. Familienministerin Lisa Paus von den Grünen legte nach übereinstimmenden Medienberichten ihr Veto gegen den Entwurf des FDP-Kollegen ein. Offenbar fordert Paus von Lindner zuerst die Zusage höherer Mittel für die von ihr geplante Kindergrundsicherung.
Ringen um Einigung bis zum Vormittag
Bis tief in die Nacht und am Vormittag war nach Angaben verschiedener Regierungsvertreter um eine Einigung gerungen worden. Am Dienstagabend hatte es bereits in der Koalition geheißen: "Die Meinungsbildung innerhalb der Grünen zum Wachstumschancengesetz ist noch nicht ganz abgeschlossen." Daher kam das Gesetzesvorhaben entgegen der Planung nicht auf die Tagesordnung des Kabinetts.
Eine Pressekonferenz von Bundesfinanzminister Lindner zu dem Thema wurde kurzfristig abgesagt. Nach Angaben aus dem Finanzministerium gab es keine inhaltlichen Gründe für die Blockade des Gesetzes. Vielmehr hätten sachfremde Gründe dazu geführt, dass dieser Gesetzentwurf nicht beschlossen werden konnte. Hintergrund der Blockade sei die Kindergrundsicherung.
Meseberg soll's richten
Nun setzt die Bundesregierung auf die heilende Wirkung einer Kabinettsklausur in Meseberg Ende August. Bei dem Treffen soll es schwerpunktmäßig um die wirtschaftliche Situation Deutschlands gehen. Dort werde sich die Ministerrunde mit dem Gesetzentwurf seines Ministeriums befassen, sagte Finanzminister Lindner der Nachrichtenagentur dpa. "Es ist bedauerlich, dass heute ein Kabinettsbeschluss trotz des Einvernehmens mit dem Bundeswirtschaftsministerium nicht möglich war", betonte Lindner. "Jede und jeder sollte wissen, dass alle sozialen Ausgaben ein starkes wirtschaftliches Fundament benötigen. Auch Familien mit Kindern benötigen gute Arbeitsplätze." Das dürfte vermutlich vor allem an die Familienministerin gerichtet sein.
Deutlicher formulierte es der FDP-Generalsekretär: "Frau Paus spielt Soziales gegen unsere Wirtschaftskraft aus", kritisierte Bijan Djir-Sarai. "Das ist mehr als unredlich und schadet unserem Land insgesamt - sowohl den Betrieben und Unternehmen als auch den Menschen."
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, stellte sich hinter Paus. "Das Wachstumschancengesetz setzt zwar ein paar gute wirtschaftliche Impulse, diese sind aber gemessen an den Belastungen für die öffentlichen Haushalte zu gering", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Doch wenn schon Geld dafür da ist, dann muss auch Geld für diejenigen da sein, die es am dringendsten benötigen. Da hat Lisa Paus ganz Recht."
Wie viel Geld für Kindergrundsicherung?
Womöglich wird auch der Konflikt um die Kindergrundsicherung zwischen Grünen und FDP erst in Meseberg gelöst. Lindner und Paus liefern sich seit Monaten einen öffentlichen Streit darüber, wie viel Geld für die Einführung der Kindergrundsicherung ab 2025 zur Verfügung stehen soll. Während Paus die Kosten anfänglich auf zwölf Milliarden Euro pro Jahr beziffert hatte, schrieb Lindner dafür zunächst nur zwei Milliarden in die Finanzplanung der Bundesregierung. Paus war zuletzt dann noch von zwei bis sieben Milliarden Euro ausgegangen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte eine Einigung bis Ende August gefordert.
Die Kindergrundsicherung soll verschiedene Leistungen wie Kindergeld und Kinderzuschlag bündeln und leichter zugänglich sein. Dies dürfte dazu führen, dass mehr Anspruchsberechtigte das entsprechende Geld tatsächlich erhalten. Paus hält zur Bekämpfung von Kinderarmut auch Leistungserhöhungen für nötig, die Lindner jedoch skeptisch sieht.