Neujahrsbotschaft inmitten von Böllern Entrüstung über Lambrecht-Video
Verteidigungsministerin Lambrecht hatte in der Silvesternacht über ihre privaten Social-Media-Accounts ein Video geteilt, in dem sie 2022 bilanzierte. Für das, was sie wie und wo sagte, wird sie heftig kritisiert.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht steht in der Silvesternacht im blauen Mantel auf einem Platz in Berlin - vermutlich im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Im Hintergrund donnern Silvesterböller und Raketen: "Das Jahr 2022 neigt sich dem Ende zu, und Berlin bereitet sich auf den Jahreswechsel vor."
Ohne Mikrofon ist die Verteidigungsministerin nur schwer zu verstehen, der Wind bläst ihr ins Gesicht. Das 56-Sekunden-Video wirkt spontan, unüberlegt und damit unprofessionell. Auch angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine mit Tausenden Toten erscheinen die Sätze der SPD-Politikerin im Hagel der Feuerwerksraketen in der Berliner Silvesternacht deplatziert und distanziert. Sie sagt:
Mitten in Europa tobt ein Krieg. Damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte. Viele, viele Begegnungen mit interessanten und tollen Menschen. Dafür sage ich ein herzliches Dankeschön.
"Wie kann man den Ton so sehr nicht treffen?"
"Viele besondere Eindrücke, Begegnungen mit interessanten und tollen Menschen": Vor allem diese Aussagen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg haben in den sozialen Medien für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. "Wie kann man den Ton so sehr nicht treffen?", fragt etwa die Verteidigungsexpertin Ulrike Franke.
Unionspolitiker nahmen das Video zum Anlass, Zweifel an der Eignung der Ministerin zu bekräftigen. Ex-Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) wies auf Twitter darauf hin, dass Lambrechts Instagram-Auftritt auch im Ausland für Verwunderung sorge. "Ist dem Bundeskanzler eigentlich die Wirkung Deutschlands in Europa und der Welt völlig egal?", schrieb er.
Der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn schrieb: "Dieses Video spricht für sich. Was für eine Peinlichkeit, was für eine Fehlbesetzung."
Und die CDU-Verteidigungspolitikerin Serap Güler findet das Video "unfassbar unpassend" und fragt: "Was darf Satire?"
Kritik auch aus der Ampelkoalition
Aber auch von den Ampelparteien gibt es Kritik. Stephan Bischoff von den Grünen kommentiert bei Twitter: "Mitten in Europa tobt ein Krieg. Und jetzt Prost ihr Säcke! Gutn Rutsch!"
Der Grundtenor der Kritik: Verteidigungsministerin Lambrecht hat die Bundeswehr nicht angemessen vertreten.
Ein Vorwurf, zu dem sich das Verteidigungsministerium heute nicht äußert. Das Video sei auf Lambrechts Privataccount erschienen, begründet dies Arne Collatz, stellvertetender Ministeriumssprecher in der Bundespressekonferenz: "Sie hat sich auf einem privaten Kanal dazu geäußert, hat ihre Worte dort gewählt und das Ganze auch ohne Zuhilfenahme dienstlicher Ressourcen produziert."
So einfach lässt sich zwischen der Privatperson und der Verteidigungsministerin Lambrecht aber nicht unterscheiden. Denn in ihrer 56-sekündigen Ansprache dankt Lambrecht auch Soldaten, Polizisten und Krankenhausmitarbeitern, die an Silvester Dienst hatten, als die Ministerin mit Familie und Freunden feierte.