Aussage zu "Einfrieren des Kriegs" Mützenich bleibt dabei
Trotz aller Kritik will SPD-Fraktionschef Mützenich an seinen Äußerungen zu einem "Einfrieren" des Ukraine-Kriegs festhalten. Er erklärt auch, warum. Außenministerin und Verteidigungsminister distanzierten sich von der Wortwahl.
Mit seiner Äußerung im Bundestag, den Ukraine-Krieg "einzufrieren", hat SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich für viel Unverständnis gesorgt. Widerspruch gab es auch in den eigenen Reihen. Dennoch will Mützenich bei seiner Formulierung bleiben.
Konkret geht es um eine Frage, die der Politiker vergangenen Donnerstag in der Bundestagsdebatte über eine Lieferung der "Taurus"-Marschflugkörper gestellt hatte: "Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?"
Zustimmung beider Kriegsparteien nötig
Es folgte ein Sturm der Entrüstung. Der "Neuen Westfälischen" sagte Mützenich nun, dass er seine Aussage nicht korrigieren wolle: "Ich bin in den Sozial- und Friedenswissenschaften ausgebildet. Dort wird das Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt, um in einer besonderen Situation zeitlich befristete lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen zu ermöglichen, die überführt werden können in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt." Das benötige natürlich die Zustimmung beider Kriegsparteien, was man nicht von außen diktieren könne.
Alternativen zum Lösen des Konflikts
Auf die Frage, ob seine jüngsten Aussagen bewusst falsch interpretiert würden, sagte er: "Das will ich niemandem unterstellen. Aber wer mich so heftig kritisiert, ist offenbar nicht bereit, eine politische Debatte zu führen, die auch Alternativen in den Blick nimmt."
Laut Mützenich könnte aller Voraussicht nach China auf Russland einwirken für eine mögliche Lösung. "Wir müssen China davon überzeugen, dass die Volksrepublik ein existenzielles und wirtschaftliches Interesse hat, stärker im von Russland zu verantwortenden Krieg diplomatisch aktiv zu werden." China habe wahrscheinlich noch einen gewissen Einfluss auf Russland. "Diese Debatten muss die Politik doch führen, anstatt darüber zu reden, wo die Schrauben beim 'Taurus' sitzen. Die Optionen, wie ein militärischer Konflikt beendet werden kann, die werden am Ende politische sein."
Pistorius: "Es würde am Ende nur Putin helfen"
Auch innerhalb seiner SPD stieß Mützenich auf Widerspruch. Gestern distanzierte sich auch Parteifreund und Verteidigungsminister Boris Pistorius. "Es würde am Ende nur Putin helfen", sagte er bei einem Besuch in Polen.
Heute legte Pistorius im Deutschlandfunk noch einmal nach: Das Wort "einfrieren" signalisiere, "man könne einen solchen Krieg - und wir reden ja nicht über einen beidseitigen Konflikt - einen solchen Krieg einfach so einfrieren und dann hoffen, dass es besser wird. Wir wissen aus der Geschichte und aus den Erfahrungen mit Putin, dass das niemals so sein wird." Die Worte Mützenichs bedeuteten aber den Wunsch nach Frieden. Pistorius unterstrich: "Die SPD ist keine Partei der Putinversteher." Die SPD stelle mit Olaf Scholz den Kanzler und Deutschland stehe an der Spitze aller europäischen Unterstützer der Ukraine.
Kritik auch von Ministerin Baerbock
Auch aus den Reihen der Koalitionspartner FDP und Grüne hatte es Kritik gegeben. Außenministerin Annalena Baerbock etwa erklärte in den tagesthemen, dass sie aus menschlicher Sicht den Gedanken, wann dieser Krieg endlich zu Ende ist, verstehen könne. Dennoch sei Frieden etwas, für das man jeden Tag arbeiten müsse. Deswegen gelte es weiterhin, die Ukraine zu unterstützen.
"Den größten Gefallen, den wir Putin machen können, ist, dass wir uns in Deutschland, in Europa, zerstreiten", sagte die Grünen-Politikerin. "Das, was Putin vollkommen unterschätzt hat, ist, dass in dem Moment, wo unsere europäische Friedensordnung angegriffen wird, ganz Europa zusammensteht." Um Frieden und Freiheit zu verteidigen, brauche es auch eine starke deutsche Bundesregierung.
Auch aus der Union gab es scharfe Kritik an Mützenich. "Ich halte diesen Ansatz für absolut inakzeptabel", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei (CDU). Er fügte hinzu: "Ich sehe hier nirgends einen Ansatz, wie man zu Friedensverhandlungen kommen kann." Er halte den Vorschlag von Mützenich "bestenfalls für naiv, aber eigentlich für sehr gefährlich".
Gespräche in Ramstein
Um die Frage der weiteren militärischen Unterstützung für die Ukraine geht es heute auch auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz. Verteidigungsminister und hochrangige Militärvertreter treffen sich dort auf Einladung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, auch Bundesverteidigungsminister Pistorius wird dabei sein. Zuletzt war es zu Meinungsverschiedenheiten bei den westlichen Partnern über den Umfang der Waffenlieferungen an die Ukraine gekommen. Deutschland steht unter Druck, Marschflugkörper vom Typ "Taurus" zu liefern, was Bundeskanzler Scholz ablehnt.
Nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Regierungschef Donald Tusk kündigte Scholz dann vor wenigen Tagen an, es sei eine neue Koalition für "weitreichende Raketenartillerie" vereinbart worden. Die Koalition solle im Ramstein-Rahmen gebildet werden.