Bundesagentur-Leiterin Nahles Im Schnellkurs zur Behördenchefin
Andrea Nahles hat den Chefposten bei der Bundesagentur für Arbeit in unruhigen Zeiten übernommen. Nun muss sie die Behörde mit ihren 100.000 Beschäftigten modernisieren. Was hat sie vor?
Andrea Nahles hat einen Schnellkurs hinter sich. Seit Anfang Mai machte sie sich mit der Nürnberger Zentrale und ihren Agenturen und Job-Centern vor Ort vertraut. Dabei kennt sie die Behörde eigentlich recht gut. Und auch die Themen rund um den Arbeitsmarkt sind ihr nicht neu.
Als Bundesarbeitsministerin in der Großen Koalition brachte sie Gesetze auf den Weg. Künftig bekommt sie Regelungen vorgesetzt und hat damit offenbar kein Problem. "Also es gibt etwas Befriedigendes, etwas umsetzen zu können", sagte Nahles vor Kurzem der ARD, "etwas, was den Menschen in ihrem Alltag wirklich Erleichterung bringt, das finde ich eigentlich sehr schön."
Nahles kommt aus der Eifel und lebt mit ihrer Tochter noch immer dort. In Nürnberg hat sie das Büro ihres Vorgängers Detlef Scheele im ersten Stock des Gebäudes übernommen. Auch sie wird viel reisen - auch nach Berlin. Dort dürfte Nahles ihre guten Drähte zu Hubertus Heil, dem Bundesarbeitsminister, und Olaf Scholz, dem Bundeskanzler, nutzen. Die drei kennen sich seit Langem. Kaum vorstellbar, dass Heil und Scholz sie nicht einbinden, wenn es um Dinge rund um den Arbeitsmarkt geht. Die Idee, das umstrittenen Hartz IV zu einem Bürgergeld zu entwickeln, ist von ihr vorangetrieben worden. Die Ampelregierung will das jetzt umsetzen.
Eine Amtsübernahme in Krisenzeiten
Ihren neuen Job trat Nahles zu nicht gerade leichten Zeiten an: Inflation, Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Corona-Pandemie. Das hinterlässt Spuren auf dem Arbeitsmarkt. Das zeigen auch die heute von ihr zum ersten Mal verkündeten Zahlen aus Nürnberg für den August. Darüber hinaus steht die Wirtschaft auch vor der großen Herausforderung der Digitalisierung.
Hier sieht Nahles eine große Aufgabe auf die Agenturen zukommen: die Weiterbildung. Als neue Behördenchefin will Nahles diese ausbauen. Menschen sollen qualifiziert werden und zwar möglichst noch bevor einem Betroffenen gekündigt wird. Doch viele Firmen wissen oft nicht, in welche Richtung sie sich weiterbilden sollen. Die Bundesagentur müsse beratend zur Seite stehen, erklärte Nahles gegenüber der ARD. "Auch weil wir glauben, dass dann mittelfristig die Arbeitslosigkeit präventiv verhindert werden kann und auch Leute ein besseres Gehaltsniveau bekommen."
Wichtig ist für Nahles aber auch die Weiterbildung gerade von Langzeitarbeitslosen. Noch hat die Vermittlung eines Jobs Vorrang. Findet sich einer, dann sollte der auch angetreten werden. Die Regierung plant, das zu Gunsten von Qualifikation zu ändern. Ein deutliches Ja dazu kommt von der neuen BA-Chefin.
Eine Arbeitsministerin mit Durchsetzungskraft
Nahles galt als Arbeitsministerin allgemein als anerkannt und durchsetzungsstark. Sie setzte 2015 den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland durch. Sie war es auch, die zu den in weiten Teilen der SPD gehassten Hartz IV Reformen einen Gegenentwurf präsentierte.
Weniger erfolgreich war ihre Karriere als SPD-Parteichefin. Nach Wahlschlappen und ständigen Querschüssen vieler Kolleginnen und Kollegen trat Nahles nach gerade einmal einem Jahr von allen Ämtern zurück und gab ein paar Monate später auch ihr Bundestagsmandat ab.
Nahles' Ärger
Die vergangenen zwei Jahre sammelte sie erste Erfahrungen als Leiterin einer Behörde. Sie war Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation aber damit auch etwas entfernt von den Themen, die ihr laut eigener Aussage sehr am Herzen liegen. Die passionierte Sozialpolitikerin sagte darum nicht Nein, als man ihr den Posten bei der Bundesagentur für Arbeit anbot.
Sie ist nun die erste Frau an der Spitze der Behörde. Und sie hat eine noch minderjährige Tochter. Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Frauen werden das gefragt - Männer eigentlich nie. Nahles ärgert das. Aber sie antwortet, um anderen Frauen zu zeigen, dass das machbar ist.