Vorschlag für Neuregelung Neuer Reisepass, neuer Organspender?
In der Diskussion um Organspenden gibt es einen neuen Vorschlag: Wer künftig einen neuen Personalausweis oder Reisepass braucht, soll auch zwischen einem Ja, Nein oder Vielleicht als Spender entscheiden.
Im kommenden Jahr sollen die Regelungen zur Organspende in Deutschland reformiert werden. Doch noch ist unklar, wie die Entscheidung für oder gegen die Spendenbereitschaft künftig getroffen werden soll. Bundestagsabgeordnete aus allen Parteien bis auf die AfD haben nun ein Eckpunktekonzept beim Bundesgesundheitsministerium eingereicht. Sie schlagen vor, dass sich in Zukunft jeder, der einen neuen Ausweis oder Pass beantragt, auch mit dem Thema Organspende auseinandersetzen soll.
Erst informieren, dann entscheiden
Der Reformvorschlag sieht zusammengefasst folgendes vor: Braucht man einen neuen Personalausweis oder Reisepass, dann kann sich jeder bereits ausführlich über das Thema Organspende informieren, wenn er die Papiere beantragt. Die Informationen soll man von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhalten, per telefonischer oder persönlicher Beratung. Auch Ärzte sollen die Informationsgespräche anbieten können.
Wenn man dann den neuen Ausweis beziehungsweise Pass abholt, kann man an einem Gerät eingeben, ob man zur Spende bereit ist und welche Organe gespendet werden sollen, oder man überträgt das Entscheidungsrecht an einen Angehörigen. Als dritte Variante soll man die Entscheidung auch verschieben können. Alle Daten werden dann an das zentrale Organspenderegister übertragen. Zu diesem soll man einen eigenen Zugang mit persönlicher PIN-Nummer erhalten, sodass man seine Entscheidung jederzeit ändern oder nachholen kann. Der Zugang bleibt zehn Jahre gültig - bis ein neuer Ausweis fällig ist.
Widerspruch gegen Widerspruchslösung
Über das Thema Organspende wird bereits seit Monaten debattiert. Die nun erarbeiteten Eckpunkte basieren vor allem auf der Initiative von Grünen-Chefin Annalena Baerbock und CSU-Politiker Stephan Pilsinger. Baerbock betonte im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa, dass diese Form der Entscheidung einen "leichten, rechtssicheren und schnellen" Weg für Ärzte schaffen würde, zu erfragen, ob jemand als Organspender infrage käme.
Derzeit gilt nur derjenige als Organspender, der sich explizit dazu bereit erklärt hat. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte Anfang September im Bundestag eine sogenannte doppelte Widerspruchslösung vorgeschlagen. Das aktuelle System würde damit quasi umgedreht: Jeder würde als Organspender gelten, außer er widerspricht.
Doch unter den Bundestagsparteien entzündete der Vorschlag eine heftige Debatte. Widerspruch kam etwa von der FDP und der Linkspartei. Bei dem Thema können sich die Abgeordneten frei von Partei- oder Fraktionszugehörigkeit positionieren.
Lauterbach kritisiert Vorschlag als zu kompliziert
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hingegen hält an Spahns Vorstoß fest. Der im Eckpunktepapier der Abgeordneten festgehaltene Vorschlag ist aus seiner Sicht zu kompliziert. Das Konzept würde dazu führen, "dass viele, die eigentlich spenden wollen, es nicht tun", warnte Lauterbach. Zum einen gebe es viele Bürger, die gar keinen deutschen Reisepass beantragen würden. Zum anderen seien diejenigen, die zum ersten Mal einen Pass beantragen, aufgrund ihres noch jungen Alters "noch nicht gewillt, sich mit der Frage intensiv auseinanderzusetzen". Die doppelte Widerspruchslösung ist in den Augen des SPD-Politikers wesentlich einfacher:
Widersprechen kann ich zu jedem Zeitpunkt auf eine unbürokratische einfache Art und Weise. Dann werde ich in ein Register eingetragen als Nicht-Spender. Fertig.
Die Zahlen der Spender waren in den vergangenen Jahren in Deutschland drastisch zurückgegangen. 2017 hatten sich gerade einmal 800 Menschen zu einer Spende bereit erklärt, in diesem Jahr stieg die Zahl der Spender wieder leicht auf knapp 830 Menschen. Dem gegenüber stehen jedoch rund 10.000 Patienten bundesweit, die auf eine Organspende angewiesen sind.