Infos über Abtreibungen Paragraf 219a - die Debatte, die Streitpunkte
Der Gesetzentwurf für die Abschaffung von Paragraf 219a - dem Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche - liegt zur Stellungnahme beim Bundesrat. Die Debatte darüber im Bundestag dürfte noch einmal hart werden.
Anfang März hatte das Bundeskabinett die Abschaffung von Paragraf 219a - das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche - auf den Weg gebracht. Das Ziel: Noch vor der Sommerpause soll die Regelung, nach der Ärztinnen und Ärzte aktuell im Internet nur informieren dürfen, dass sie Abtreibungen vornehmen - aber nicht wie - wegfallen. Die Debatte darüber im Bundestag dürfte noch einmal hart werden - die Union hält weiter an Paragraf 219a fest.
"Dass unser Recht es ausgerechnet Ärzten verbietet - und es nicht nur verbietet sachlich zu informieren, sondern auch noch mit dem Staatsanwalt droht, ist meiner Meinung nach ein untragbarer Zustand", sagt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Diesen "untragbaren Zustand" will die Koalition beenden - und den umstrittenen Paragraphen 219a aus dem Strafgesetzbuch streichen.
SPD: Debatte in Gesellschaft zu Ende geführt
Für Sonja Eichwede, die rechtspolitische Sprecherin der SPD, ist das ein überfälliger Schritt. Aus ihrer Sicht ist die Debatte über 219a in der Gesellschaft zu Ende geführt. "Ich denke, dass wir hier das Recht der gesellschaftlichen Realität anpassen müssen. Aber dass es im Parlament konservative Kräfte gibt, die mit dieser Haltung nicht zurechtkommen."
Damit meint Eichwede unter anderem die Union, aus deren Sicht Paragraph 219a weiter bestehen muss. "Er ist ein wichtiges Element in dem Gesamtschutz-Konzept zugunsten des Kindes. Und wir müssen sehen: Eine ungewollte Schwangerschaft bringt einen existenziellen Konflikt, einen sehr grundsätzlichen Konflikt. Und da kann man sich nicht einfach über die Rechte des Kindes hinwegsetzen", sagt Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU-Politikerin und Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag.
CDU will Ergänzung von Paragraf 219a
Sie hat am Gegenantrag der Union maßgeblich mitgearbeitet. Demnach soll Paragraf 219a zwar grundsätzlich bestehen bleiben - aber ergänzt werden. Unter anderem sollen Beratungsstellen verpflichtet werden, Informationen an Schwangere weiterzugeben.
"Vor allem würden wir gern ergänzen, dass man auch die Methode, die in der jeweiligen Praxis durchgeführt wird, ergänzen kann. Weiterer Punkt: Die Länder und der Bund sollen sich zusammensetzen und schauen, ob das Angebot in der Fläche des Landes auch ausreichend ist", sagt Winkelmeier-Becker.
Keine falschen Signale setzen
Aus Sicht der Union muss Paragraph 219a auch deshalb bestehen bleiben, weil er verhindere, dass "der Schwangerschaftsabbruch auf eine Stufe mit anderen medizinischen Behandlungen gestellt wird", heißt es in dem Antrag.
Für Winkelmeier-Becker passt eine Streichung von Paragraf 219a nicht zum bestehenden Schutzkonzept für das ungeborene Kind - und der verpflichtenden Beratung für die betroffenen Frauen. "Wenn es auch Anzeigen gibt, wo es darum geht: 'Bei uns geht es am schnellsten, gibt es die wenigsten Probleme, ist es am günstigsten.' Das sind Aspekte, die in diesem existenziellen Konflikt falsche Signale setzen und sagen, dass es etwas völlig Normales und eine Leichtigkeit ist", so Winkelmeier-Becker.
"Es ist eben eine Information"
Für Ulle Schauws aber gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen den Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch als solchem und dem Recht von Ärztinnen und Ärzten, darüber zu informieren. Gerade Ärztinnen und Ärzte müssten diese Informationen geben können, sagt die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, weil sie fachlich am besten dazu geeignet sind.
"Die Union versucht die ganze Zeit, die Dinge zu vermischen, das ist auch inhaltlich falsch. Und aufgrund ihrer Argumentation zu sagen: Wir möchten nicht, dass das eine medizinische Behandlung wie alle anderen ist und so möchten wir es auch nicht behandelt haben - das ist halt sehr moralisch. Und das ist keine Lösung für die Situation von ungewollt Schwangeren", so Schauws.
Ähnlich sieht es die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Es würden Ängste geschürt, dass die sachliche Information über den Schwangerschaftsabbruch dem Schutz des ungeborenen Lebens entgegenstehen könnte: "Aber es ist eben eine Information. Das Berufsrecht der Ärzte ist ja weiterhin so, dass keine Werbung gemacht werden kann", sagt Eichwede.
Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen?
Aktuell liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung für die Abschaffung von Paragraf 219a zur Stellungnahme beim Bundesrat. Am 12. Mai soll laut den Fraktionen der Grünen und der SPD parallel dazu die erste Lesung im Bundestag stattfinden. Für die Ampel-Koalition ist das aber nur der erste Schritt.
Der Koalitionsvertrag sieht vor, eine Kommission einzuberufen, die sich mit der noch grundlegenderen Frage befasst, wie Schwangerschaftsabbrüche auch außerhalb des Strafrechts geregelt - also legalisiert - werden könnten.