Bundesverwaltungsgericht Anwohner können gegen Gehwegparker vorgehen
Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Entscheidung gefällt, die weitreichende Folgen haben kann: Anwohner können in bestimmten Fällen gegen zugeparkte Gehwege vorgehen. Der Städte- und Gemeindebund begrüßt das Urteil.
Es ist ein häufiger Zankapfel zwischen Autofahrern und Fußgängern: auf Gehwegen abgestellte Fahrzeuge. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechte der Anwohner in einem begrenzten Rahmen gestärkt. Unter bestimmten Umständen dürfen sie von Straßenverkehrsbehörden verlangen, dass diese gegen die auf Gehwegen geparkten Autos vorgehen, urteilten die Leipziger Richter.
Voraussetzung ist, dass die Nutzung des Gehwegs vor der eigenen Haustür erheblich eingeschränkt ist. Der Anspruch der Anwohner ist also räumlich begrenzt.
Das Verbot des Gehwegparkens schütze "nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch Anwohner, die in der Nutzung des an ihr Grundstück grenzenden Gehwegs erheblich beeinträchtigt werden", führte das Gericht aus.
Streit in Bremen
Fünf Eigentümer aus Bremen hatten gegen die Stadt geklagt. Über das sogenannte aufgesetzte Parken mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig wurde hier seit mehreren Jahren gestritten. Ohne Erlaubnis ist dieses verboten. In vielen deutschen Kommunen - wie auch Bremen - ist das aufgesetzte Parken dennoch verbreitet und Behörden dulden es.
Das Bremer Verwaltungsgericht hatte 2021 entschieden, dass die Kläger ein Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde verlangen können. Die Behörde könne entscheiden, welche Maßnahme sie wähle. Das Bremer Oberverwaltungsgericht bestätigte das später in einem Urteil grundsätzlich, entschied aber anders als die Vorinstanz, dass die Behörde nicht gänzlich tatenlos bleiben könne.
Wenn das regelwidrige Parken schon lange geduldet wurde, müsse die Stadt aber auch nicht gleich abschleppen lassen. Die Behörde solle die Interessen von Fußgängern und Autofahrern gegeneinander abwägen. Es reiche auch aus, wenn sie zunächst ein Konzept erarbeite, wie den Interessen der Anwohner besser Rechnung getragen werden könne, erklärte das Oberverwaltungsgericht damals.
Gegen dieses Urteil wandten sich sowohl die klagenden Anwohner als auch die Stadt an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses entschied nun, dass die die Stadt erst die am stärksten belasteten Viertel ermitteln und schmale Straßen priorisieren dürfe, da das unerlaubte Gehwegparken in Bremen weit verbreitet sei. So könne ein Konzept für ein stadtweites Vorgehen umgesetzt werden.
Umwelthilfe fordert Abschleppen oder Ordnungsgelder
Kläger Wolfgang Köhler-Naumann sagte nach dem jüngsten Urteil nun der Nachrichtenagentur dpa: "Es ist ein Novum in der deutschen Rechtsprechung, dass man bei Behinderung durch illegales Gehwegparken das Recht hat, zu fordern, dass die Kommune einschreiten muss."
Der ökologische Verkehrsclub VCD teilte in einer Stellungnahme mit: "Alle deutschen Städte, die beim Gehwegparken die Augen zugedrückt haben, müssen jetzt umdenken." Die Kommunen seien aufgefordert, die Straßenverkehrsordnung durchzusetzen. Die Deutsche Umwelthilfe forderte Städte und Gemeinden auf, Ordnungsgelder zu verteilen oder Autos abschleppen zu lassen.
Städte- und Gemeindebund begrüßt Urteil
Der Städte- und Gemeindebund (DStGB) begrüßte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Das Urteil schaffe Rechtssicherheit für Straßenbehörden, kommunale Ordnungsämter, Bewohnerinnen und Bewohner und nicht zuletzt für Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, teilte der Verband mit.
Der DStGB fordert nun einen anderen Rechtsrahmen für die Kommunen, um die Aufteilung und Nutzung des öffentlichen Raums anzugehen. "Natürlich müssen Parkplätze für jene vorhanden sein, die auf ihr Auto angewiesen sind", hieß es in der Stellungnahme des Verbands. Es müssten aber auch Alternativen zum Auto gestärkt werden, also Radfahrer und Fußgänger sowie der öffentliche Personennahverkehr. "Die dringend notwendige Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes würde den Kommunen mehr Handlungsspielraum geben."
(Az. 3 C 5.23)