Brandenburg Berlin Bundesparteitag in Halle: Ines Schwerdtner und Jan van Aken führen künftig die Linke
Zuletzt hatte Ines Schwerdtner angekündigt, bei der Bundestagswahl 2025 das Direktmandat für die Linke in Lichtenberg - bislang mehrfach von Gesine Lötzsch geholt - anzustreben. Zusammen mit Jan van Aken wurde sie nun zur neuen Bundesspitze der Partei gewählt.
Die Linke hat mit Ines Schwerdtner und Jan van Aken eine neue Bundesspitze. Die beiden wurden am Samstag auf dem Bundesparteitag in Halle an der Saale mit großer Mehrheit gewählt.
Die Publizistin Schwerdtner erhielt 79,8 Prozent der Stimmen, der frühere Bundestagsabgeordnete van Aken sogar 88,0 Prozent. Das neue Führungs-Duo tritt damit die Nachfolge von Janine Wissler und Martin Schirdewan an, die beide nicht mehr kandidiert hatten.
Schwerdtner hatte vor wenigen Wochen angekündigt, nach dem Rückzug der Linke-Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch aus der Bundespolitik zur nächsten Bundestagswahl in Berlin-Lichtenberg das Direktmandat für die Linke dort anzustreben.
"Stimme des Ostens" und "Schluss mit Zoff"
Die 35-Jährige Ines Schwerdtner wandte sich in ihrer Rede mit Blick auf die Ampel-Parteien "gegen eine Rückschrittskoalition, die es schafft, in einer der größte Wirtschaftskrisen noch zu kürzen". Ebenso kritisierte sie CDU-Chef Friedrich Merz: "Wir brauchen auch nicht einen Blackrock-Lobbyisten als Kanzlerkandidaten", verwies sie auf dessen frühere Tätigkeit für den US-Finanzkonzern. Weiter unterstrich Schwerdtner die Rolle der Linken als "die Friedenspartei in diesem Land" sowie als "Stimme des Ostens".
Van Aken zeigte sich in seiner Bewerbungsrede kämpferisch. Bei seinen Besuchen in Kreisverbänden habe er erlebt: Die Partei sei "viel lebendiger, als die Wahlen es zeigen", an der Basis sei "so viel Energie, so viel Feuer". Inhaltlich plädierte van Aken für eine gerechtere Vermögensverteilung und mehr Solidarität in der Gesellschaft.
Auch innerparteilich rief der 63-Jährige zu mehr Solidarität und Geschlossenheit auf. "Wenn ihr mich wählt, dann kriegt ihr nicht nur den netten Jan von nebenan", sondern auch "jemand, der sehr klar sagt: Ab sofort ist Schluss mit Zoff". Wer ein Problem habe, solle sich beim Parteivorstand melden, statt sich vor ein Mikrofon zu stellen, dann "klären wir das gemeinsam". Schwerdtner sagte in ihrer Bewerbungsrede, die Linke sei "die solidarische Kraft" in Deutschland. Sie wünsche sich eine Partei, "die das Leben zum Besseren verändern kann" und die den Standpunkt "von einfachen Menschen" einnehme, rief auch sie zur Solidarität auf.
Schwerdtner studierte in Berlin Politikwissenschaften und Englisch
Ines Schwerdtner wurde 1989 im sächsischen Werdau geboren und zog als Kind mit ihrer Familie nach Hamburg, wo ihre Eltern eine berufliche Zukunft suchten. "Die Trennlinie zwischen Ost und West zieht sich auch durch mein Leben", schreibt die 35-Jährige auf ihrer Webseite.
Schwerdtner studierte in Berlin Politikwissenschaften und Englisch und später im Masterstudium politische Theorie in Frankfurt am Main. Als Journalistin schrieb sie über die Linke und deren Konflikte. Irgendwann habe sie sich entschieden, selbst für die Partei aktiv zu
werden statt nur über ihr etwaiges Ende zu schreiben, sagt sie. "Ich habe keine klassische Parteikarriere hinter mir", sagte sie bei ihrer Vorstellung. Aber: "Ich bin als Sozialistin in eine
sozialistische Partei gekommen." Erst im Sommer 2023 trat sie in die Linke ein, kurz bevor sie als Kandidatin zur Europawahl nominiert wurde. Auf Listenplatz fünf verpasste sie den Einzug ins EU-Parlament.
Verbunden fühlt sich Schwerdtner der Linken nach eigenen Worten schon seit 2007, als die Berliner Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch sie auf eine Jugendreise nach Katalonien mitnahm.
Schwerdtner eher leise, van Aken will "die Republik rocken"
Jan van Aken war schon von 2009 bis 2017 im Bundestag. Der gebürtige Reinbeker vertrat den Wahlkreis Hamburg-Altona. Er war Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und warb für Rüstungskontrolle. Nach eigenen Worten schied er aus, weil er grundsätzlich für eine
Mandatsbegrenzung ist. Ob er erneut für den Bundestag kandidieren oder sogar Spitzenkandidat der Linken werden will, ist unklar. Stand heute habe er das nicht vor, sagte er.
Der 63-Jährige ist Biologe und hat nach eigenen Worten bei Greenpeace gelernt, wie man Kampagnen organisiert. Von 2004 bis 2006 war er Biowaffeninspekteur der Vereinten Nationen. Seit 2007 ist van Aken in der Linken und war zeitweise stellvertretender Bundesvorsitzender. In seiner Bewerbungsrede sprach er davon, dass er früher Messdiener gewesen sei: Was für Katholiken Nächstenliebe sei, heiße bei Linken Solidarität.
Während Schwerdtner eher leise auftrat, heizte van Aken die Stimmung an: "Wir rocken die Republik und nächstes Jahr ziehen wir wieder mit großer Stärke in den Bundestag ein, und dann geht es richtig los."
Brandenburgs Linke-Landeschef sieht "gutes Signal für Brandenburg"
Brandenburgs Linke-Co-Landeschef Sebastian Walter würdigte die Wahl der neuen Bundesspitze als ein Zeichen des Aufbruchs. "Es ist ein gutes Signal für Brandenburg nach der verlorenen Landtagswahl für uns, dass beide klargemacht haben, dass wir weiter kämpfen und uns verändern werden", sagte Walter.
"Ich glaube, dass die beiden die Partei einen können und einen werden und wir uns auf die zentralen Themen konzentrieren." Das neue Duo an der Spitze komme von außen und könne die Partei unbelastet in den Bundestagswahlkampf
führen.
Erklärung zu Antisemitismus und Waffenstillstand - Schirmer begrüßt den Antrag
Zum Auftakt des Bundesparteitags am Freitagabend hatte die Partei mit großer Mehrheit einen Antrag beschlossen, der einen Waffenstillstand in Nahost fordert und Antisemitismus ablehnt. Darin wurde zudem Kritik an schweren Kriegsverbrechen auf beiden Seiten geübt. Der Berliner Co-Landesvorsitzender Maximilian Schirmer begrüßte im rbb diesen Antrag als einen Kompromiss zur innerparteilichen Debatte um den Nahost-Konflikt.
Man habe ein klares Zeichen gegen Antisemitismus gesendet, sagte Schirmer am Samstag in der rbb24-Abendschau. Zugleich habe man Empathie für die Menschen im Gazastreifen. Schirmer kündigte an, den letzten Parteitag seiner Landespartei in Berlin aufzuarbeiten. Dort war es vor einer Woche zu einem Eklat gekommen, weil es keine Einigung beim Thema Nahost gab. Eine Reihe von Delegierten hatte deshalb die Veranstaltung verlassen, darunter Ex-Kultursenator Klaus Lederer und die Linke-Bundestagsabgeordnete Petra Pau. Der langjährige Vorsitzende der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, trat aus der Partei aus.
Schirmer ist auf dem Bundesparteitag nun zu einem der zwei stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Linken gewählt worden.
Sendung: Radioeins, 19.10.2024, 19 Uhr