Brandenburg Förderprogramme laufen aus: Integrationsprojekten in Brandenburg droht das Aus
Schwere Zeiten für Integrationsprojekte. Die politischen Debatten drehen sich vor allem um Abschiebungen. Gleichzeitig laufen wichtige Förderprogramme aus. Eine Begegnungsstätte in Oranienburg steht vor dem Aus. Von Christoph Hölscher
Vor den Backsteinbauten des "Oranienwerks" wird noch Fußball gespielt, in einer der alten Fabrikhallen startet gleich der Kunstkurs. Heute dabei: Ein halbes Dutzend Jungen und Mädchen aus der Ukraine. Für sie ist der Kurs mehr als nur Freizeitbeschäftigung - er soll ihnen auch helfen, mit schmerzhaften Erinnerungen an Krieg und Flucht zurechtzukommen. Die Kinder verteilen die Farbe mit bloßen Händen und haben dabei sichtlich Spaß. "Das befreit die Seele und macht die Ängste weg", erklärt Kursleiterin Sveta Esser. Es sei wichtig für die Kinder, sich im Hier und Jetzt zu fühlen, statt immer nur an die Schrecken in der ukrainischen Heimat zu denken.
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Begegnungsstätte bald ohne Finanzierung?
Sveta Esser ist in der Sowjetunion geboren, später nach Israel ausgewandert und lebt seit 2010 in Oranienburg. Die Künstlerin engagiert sich seit vergangenem Jahr in der Begegnungsstätte, ist inzwischen auch Vorsitzende des Trägervereins "Willkommen in Oranienburg". Neben Kunstkursen bietet der Verein psychosoziale Beratungen, Sprachkurse oder auch einfach Freizeitangebote wie Chor, Tanzgruppe oder Spieleabende.
Willkommen sind Zugewanderte wie Einheimische gleichermaßen – mehr als 200 Menschen kommen jeden Monat her. Die Begegnungsstätte sei der einzige Ort in Oranienburg, wo sich Menschen mit und ohne Migrationshintergrund regelmäßig träfen, betont Esser. Doch der ist nun gefährdet. Weil das "Migrationsbudget", ein Förderprogramm des Landes Brandenburg, Ende 2024 ausläuft, droht das Ende der Finanzierung: Gut 40.000 Euro im Jahr für Miete, Betriebskosten, Versicherungen und Geld für Minijobs.
Auch wenn viel über ehrenamtliches Engagement läuft: Ganz ohne Geld gehe es nicht, sagt Esser. Vor allem für die regelmäßigen Besucher sei das drohende Aus zum Jahresende eine Katastrophe. Sie wisse noch gar nicht, wie sie den Menschen das beibringen solle: "Die Leute sind so traumatisiert und jetzt nehmen wir ihnen diesen einzigen Ort, an dem sie sich treffen, unterhalten und austauschen können."
Integrationsbeauftragte fordert weitere Förderung
In ganz Brandenburg sind insgesamt rund 120 Projekte und Initiativen vom Förderstopp bedroht. Der Grund: Das sogenannte Integrationsbudget, ein Förderprogramm des Landes über mehr als sechs Millionen Euro im Jahr, wurde von der alten Landesregierung nicht rechtzeitig verlängert.
Nun läuft es Ende 2024 aus. Ob die neue Landesregierung dieses Programm überhaupt verlängern wird und, falls ja, wann das passieren könnte, ist jedoch ungewiss. Die Integrationsbeauftrage des Landes, Diana Gonzaléz Olivo, fürchtet, dass vieles verlorengeht, wenn sich keine Anschlussfinanzierung ergibt.
Olivo Gonzaléz sieht Akzentverschiebung
Sie nimmt auch eine Akzentverschiebung in der öffentlichen Debatte über Flucht und Migration wahr: "Wir haben uns in den letzten Monaten sehr stark darauf konzentriert, Migration zu problematisieren und immer über Abschiebungen zu sprechen und wie man Migration begrenzen kann", beklagt Olivo Gonzaléz. Stattdessen müsse man sich auch damit beschäftigen, wie Integration weitergehen könnte - für die Menschen, die bereits nach Brandenburg gekommen sind und für die, die im Rahmen des Werbens um Fachkräfte wohl noch kämen.
Daher hofft die Integrationsbeauftragte auf ein deutliches Signal von der zukünftigen Landesregierung, was den Rückhalt für vielfältige Integrationsprojekte betrifft. Denn gute Beratungsangebote und Unterstützung für die nach Brandenburg Gekommenen sorgten dafür, dass diese leichter Zugang zum Arbeitsmarkt fänden – ein wichtiger Beitrag für die Zukunft.
Im November will Diana Gonzaléz Olivo neben anderen gefährdeten Integrationsprojekten auch die Begegnungsstätte “Willkommen in Oranienburg” besuchen. Zusammen mit Sveta Esser und ihren Mitstreitern will sie überlegen, wie der Fortbestand des Zentrums gesichert werden kann.
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