Archivbild: Ein Amtstierarzt untersucht auf einem Bauernnhof eine Kuh nach Anzeichen der Maul-und Klauenseuche. (Quelle: dpa/Tittel)

Brandenburg Berlin Fragen und Antworten zur Maul- und Klauenseuche in Brandenburg

Stand: 17.01.2025 14:42 Uhr

Jahrelang gab es keinen Fall von Maul- und Klauenseuche in Deutschland. Nun wurde das Virus in Wasserbüffeln in Brandenburg festgestellt. rbb|24 beantwortet die wichtigsten Fragen zum Ausbruch.

Seit vielen Jahren wurde in Deutschland kein Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) mehr erfasst. Am 10. Januar wurde die Seuche in einer Wasserbüffelherde in Hönow im brandenburgischen Kreis Märkisch-Oderland festgestellt. Seitdem werden fortlaufend Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung der MKS zu verhindern.

Um was für einen Erreger geht es?

Die Maul- und Klauenseuche ist eine hochansteckende, anzeigepflichtige Viruserkrankung bei Klauentieren wie Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Auch viele Zoo- und Wildtiere können erkranken. Die sehr leicht übertragbare Krankheit verläuft bei den meisten erwachsenen Tieren nicht tödlich, führt aber zu einem lange anhaltenden Leistungsabfall. Behandlungsmöglichkeiten gibt es nicht.

Gibt es ein Risiko für Menschen?

Nein. Menschen sind dem Friedrich-Loeffler-Institut zufolge für das MKS-Virus praktisch nicht empfänglich. Auch von pasteurisierter Milch, daraus hergestellten Milchprodukten oder von Fleisch gehe unter den in Deutschland üblichen hygienischen Bedingungen zufolge keine Gefahr aus. Hunde, Katzen und andere Haustiere können in der Regel ebenfalls nicht erkranken.

Ein gekeultes Tier wird aus einem Stall, in dem die Maul- und Klauenseuche festgestellt wurde abtransportiert am 10.01.2025. (Quelle: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow)
Maul- und Klauenseuche ausgebrochen - weitere Tiere getötet
In Märkisch-Oderland ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Weil die Viruserkrankung für Rinder und Schweine hochansteckend ist, sollen im Umkreis alle Paarhufer getötet werden. Ein erster Verdachtsfall in Berlin war negativ.mehr

Kommt der Nachweis überraschend?

Nicht wirklich. Deutschland und die EU galten dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zufolge zwar schon viele Jahre lang als frei von Maul- und Klauenseuche, doch die Gefahr der Einschleppung aus anderen Ländern war und ist groß.
 
Die letzten Fälle in Deutschland traten dem FLI zufolge 1988 auf. In der Türkei, im Nahen Osten und in Afrika, in vielen Ländern Asiens sowie in Teilen Südamerikas gebe es hingegen nach wie vor regelmäßig MKS-Fälle. "Illegal eingeführte tierische Produkte aus diesen Ländern stellen eine ständige Bedrohung für die europäische Landwirtschaft dar." Auch Futtermittel und Einstreumaterialien aus Ländern mit MKS-Ausbrüchen können Grundlage einer Einschleppung sein.
 
"Die MKS gehört wegen ihrer potenziell katastrophalen Auswirkungen zu den weltweit wirtschaftlich bedeutsamsten Tierseuchen", so das Institut. "Durch die Zunahme des globalen Handels- und Reiseverkehrs besteht ständig die Gefahr einer Wiedereinschleppung und explosiven Ausbreitung der MKS in Europa." 2001 zum Beispiel hatte es einen verheerenden Seuchenzug in Großbritannien mit Folgeausbrüchen in anderen europäischen Ländern gegeben.

Archivbild: Männer in Schutzkleidung und mit Gewehren gehen am 10.01.2025 zu einem Stall. In dem Betrieb gibt es Fälle der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg. (Quelle: dpa-Bildfunk/Sebastian Gollnow)

Nutztiere auf einem Hof in Hönow werden getötet, um eine Ausbreitung zu verhindern.

Welche Symptome haben erkrankte Tiere?

Neben hohem Fieber, Appetitlosigkeit und Apathie entwickeln sich typische Blasen am Maul und auf der Zunge sowie an den Klauen und den Zitzen. Viele Tiere zeigen Lahmheitserscheinungen oder können vor Schmerzen gar nicht mehr gehen, wie das FLI erläutert. Bei Schafen und Ziegen verläuft die Infektion hingegen meist unauffällig.

Gibt es eine Impfung gegen das Virus?

Ja. In Deutschland wurden Rinder dem FLI zufolge bis 1991 jährlich gegen die Maul- und Klauenseuche geimpft. Seither ist die Impfung in der EU verboten, weil die in Europa heimischen Stämme getilgt waren. Gegen aus dem Ausland eingeschleppte Stämme hätten die Impfstoffe kaum Schutz geboten, wie das FLI erläutert. "Jedoch erlauben die europäischen Rechtsvorschriften im Seuchenfall bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Notimpfung." Für diesen Zweck würden in der EU-Impfstoffbanken unterhalten. Mit der Impfung allein lasse sich ein MKS-Ausbruch aber nicht wirksam bekämpfen, so die Einschätzung des FLI.
 
Impfstoffe könnten anhand einer Impfstoffdatenbank in kurzer Zeit hergestellt werden. Solch eine Notimpfung hätte aber starke Handelsrestriktionen zur Folge, erklärte die Leiterin des Instituts für Epidemiologie am Friedrich-Loeffler-Institut, Carola Sauter-Louis. "Viele Drittländer wollen kein Risiko eingehen und wollen keine Importe aus Ländern, die impfen".
 
Ob ein Impfstoff zum Einsatz kommt, hängt laut FLI von der tatsächlichen Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche ab. Dazu finden gerade Untersuchungen in der Umgebung der betroffenen Tierhaltung in Hönow statt.

Impfung einer Kuh gegen die Maul und Klauenseuche in Bandung, West Java, Indonesien am 27.06.2022. (Quelle: Picture Alliance/XinHua)

Ein Rind wird 2022 in Indonesien gegen die Maul- und Klauenseuche geimpft.

Wie soll die Ausbreitung der MKS eingedämmt werden?

Zunächst wurde eine 3-Kilometer-Schutzzone und eine 10-Kilometer-Überwachungszone um den betroffenen Betrieb eingerichtet. Innerhalb dieser Zonen gelten strenge Bewegungs- und Transportbeschränkungen.
 
In der Schutzzone dürfen kein Hausschlachtungen durchgeführt werden; Nutztiere dürfen nicht bewegt werden; Fleisch, Milch oder Futtermittel, das in der Zone produziert wird, darf diese nicht verlassen. In der Beobachtungszone gelten scharfe Hygieneregeln, Tierhalter müssen den Veterinärämtern detaillierte Informationen zu ihren Tierbeständen übermitteln.
 
Durch eine Eilverordnung der brandenburgischen Landwirtschaftsministerin wurde der Transport von empfänglichen Tieren und von diesen stammenden Produkten in Brandenburg zeitweise untersagt. Die Verordnung läuft an diesem Freitag um Mitternacht aus. Die Schutzzone bleibt bestehen.

 
Wie das Landwirtschaftsministerium in Brandenburg mitteilte, wurden in einem Radius von einem Kilometer um den Ausbruchsbestand durch die Veterinärämter alle Bestände mit empfänglichen Tieren untersucht und erprobt. Die Proben waren negativ - folglich gab es innerhalb dieses Radius keinen weiteren Ausbruch der Seuche. Mehr als 200 Tiere wurden in dem Areal vorsorglich getötet.
 
Es handelt sich um betroffene Tiere sowie solche, die mit ihnen in engem Kontakt standen. Sie wurden auch nach tierseuchenrechtlichen Vorgaben entsorgt.

Wie werden betroffene Landwirte entschädigt?

Die Maul- und Klauenseuche führt in der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft zu erheblichen Umsatzausfällen, die sich laut Branchenangaben auf mindestens einen dreistelligen Millionenbetrag belaufen.
 
Besonders betroffen ist der Export. Zu den großen Handelspartnern außerhalb der EU zählen Großbritannien, Südkorea und Vietnam. Sie haben bereits Importstopps für viele Produkte aus ganz Deutschland verhängt. Die könnten auch ohne einen größeren Ausbruch drei bis sechs Monate bestehen bleiben, wie Experten befürchten.
 
Allein der Handel mit Großbritannien hat ein jährliches Volumen von 850 Millionen Euro, und deutschlandweit umfasst das Exportvolumen der Branche etwa 2,4 Milliarden Euro pro Jahr. Die Auswirkungen treffen nicht nur Landwirte, sondern auch Verarbeiter und Schlachtbetriebe.

Der Verband der Fleischwirtschaft rechnet mit Einbußen von einer halben Milliarde Euro. Die deutsche Landwirtschaft setzt jährlich etwa fünf Milliarden Euro mit tierischen Produkten im Ausland um, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken, im Deutschlandfunk.

Wie werden Milch- und Tierreste entsorgt?

Zwei Standorte eines Milchviehbetriebs in Werneuchen (Landkreis Barnim) müssen derzeit täglich 33.000 Liter Milch entsorgen. Grund sei die tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung im Zusammenhang mit der Maul-und Klauenseuche (MKS), sagte der Geschäftsführer des Landesbauernverband Brandenburg Denny Tumlirsch dem rbb. Die beiden Standorte befindet sich nach dem Ausbruch der MKS in Hönow innerhalb der sogenannten Überwachungszone, die vorsorglich eingerichtet wurde und einen Radius von 10 Kilometern hat.
 
Die Milch werde regulär dem Abwasser zugefügt, wie ein Sprecher des Veterinäramtes Barnim mitteilt. Die Kadaver der getöteten Tiere würden von einer Spezialfirma aus der Region entsorgt.

Warum so strenge Regelungen?

Die Maul- und Klauenseuche kann auf mehreren Wegen übertragen werden, zum einen von Tier zu Tier durch Kontakt mit Sekreten und Exkrementen. Zum anderen indirekt über Menschen, Fahrzeuge, kontaminierte Gegenstände und tierische Produkte. Es kann sich außerdem über große Entfernungen mit der Luft ausbreiten.
 
Infizierte Tiere scheiden das Virus in großen Mengen aus, durch Flüssigkeit aus aufgeplatzten Blasen sowie durch Speichel und Ausatmungsluft. Tiere können auch nach der Genesung über einen längeren Zeitraum Virusträger bleiben und es mehrere Wochen im Stuhl ausscheiden, selbst wenn sie keine Symptome mehr haben. Wegen all dieser Faktoren kann man bei einem Ausbruch von einer Ansteckung der gesamten Herde ausgehen. Die Erkrankungsrate liegt in den meisten Fällen bei 100 Prozent [tierseucheninfo-niedersachsen.de].
 
Alles, was einmal mit einem infizierten Tier in Berührung gekommen ist, kann dem FLI zufolge zur Verschleppung der Seuche beitragen: Menschen ebenso wie Katzen, Hunde, Geflügel oder andere Tiere sowie Fahrzeuge, Geräte, Schuhe und Kleidung. Das Virus gänzlich zu beseitigen, ist zudem nicht einfach: Es ist sehr widerstandsfähig und kann zudem im Boden oder eingetrocknet in Kleidung Monate bis Jahre überdauern.

Die beiden jüngsten Familienmitglieder der Giraffenherde, Berti (M) und Emily (hinter der Mutter Katharina stehend), haben heute im Tierpark feierlich ihre Namen erhalten.

Vorsorglich getestet wurden im Berliner Tierpark auch Rothschildgiraffen. Die Art ist stark gefährdet.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 17.01.2025, 19:30 Uhr

Hinweise:
- Wir haben ein missverständliches Zitat zur Milchwirtschaft aus dem Artikel entfernt.
- Die Aussage der Bundestagsabgeordneten Sylvia Lehmann (SPD) haben wir korrigiert und dazu präzisiert, dass die Entschädigung der Landwirte nicht beschlossene Sache ist.