Brandenburg Berlin Newcomer "Berq" aus Berlin: "Anfangs habe ich nur gesungen, wenn niemand im Haus war"
Seine erste Ballade stellte er kurz nach dem Abi ins Netz. Ein Jahr später hat der 20-Jährige "Berq" mehr als zwei Millionen Follower, einen Plattenvertrag, Festivalshows und Grönemeyer als Fan. Nun erscheint sein Debütalbum. Wie geht er mit dem Ruhm um?
rbb|24: Berq, Sie haben innerhalb kürzester Zeit eine rasante Karriere hingelegt. Wie wirkt sich das auf Ihr Leben aus?
Berq: Es war gut, dass ich noch ungestört mein Abi fertig machen konnte. Dann war ich noch einmal im Urlaub und dann ging es los. Ich bin ja mit meinem besten Freund von Hamburg nach Kreuzberg gezogen, weil er hier in Berlin einen Studienplatz bekommen hat. Aber ich sehe weder ihn, noch habe ich die Stadt kennen gelernt, ich bin immer unterwegs und habe keine Freizeit mehr. Da muss sich etwas ändern.
Sie schreiben tiefgründige Texte über Beziehungsprobleme und haben eine tiefe, markante Stimme, die voller Seele ist. Wissen Sie schon lange von dieser besonderen Gabe?
Nein, überhaupt nicht. Ich bin fern davon, ein großartiger Sänger zu sein. Die Leute verzeihen mir das vielleicht, weil sie mir glauben, wenn ich singe. Aber gerade live kann schon mal ein Ton in die Hose gehen. Ich leide am Imposter-Syndrom, denn ich habe ständig das Gefühl, ich bin viel zu schlecht für die ganze Aufmerksamkeit und denke, andere können das viel besser.
Warum macht der Selbstzweifler dann nicht etwas anders?
Weil ich schon immer Musik gemacht habe und nie etwas anderes wollte. Aber ich habe nie gesungen. Ich wollte Musikproduzent werden. Für die Bewerbungsmappe sollte ich Songs mit Gesang einreichen und kannte niemanden, den ich hätte fragen können. Meine Mutter fand meine Kompositionen und Texte immer schon gut, aber fand es schade, dass ich nicht singe, also habe ich es probiert.
Anfangs habe ich nur gesungen, wenn niemand im Haus war und auch dann nur ungern, weil ich es gar nicht gut konnte. Dann habe ich mich aber an den Schulchor erinnert, wo niemand singen konnte und am Ende klang es mit 100 Leuten doch nicht so schlecht. Also hab ich 100 Mal ins Mikrofon gesungen. So sind die Chöre entstanden.
Musik hat in meiner Familie keine Rolle gespielt. Ich habe keinen Umgang mit anderer Musik gelernt, weil ich immer nur mit meiner beschäftigt war.
Ihre düsteren Balladen mit Streichern und vielstimmigen Chören erinnern mich an Chansonniers alter Zeiten wie Jaques Brel, oder moderner, an James Blake. Können Sie mit diesen Vergleichen etwas anfangen?
Die kenne ich nicht. Musik hat in meiner Familie keine Rolle gespielt. Ich habe keinen Umgang mit anderer Musik gelernt, weil ich immer nur mit meiner beschäftigt war. Radio habe ich nie gehört und ich gehe nur sehr ungern auf Konzerte. Ich habe Cro und Eric Clapton gesehen, das wars. Kummer und Casper hätten mich noch interessiert, aber die habe ich leider verpasst.
Also könnte man Sie als so etwas wie einen musikalischen Autisten beschreiben. Ist das für Sie Vor- oder Nachteil beim Musikmachen?
Ich glaube, dass es eine große Rolle spielt, dass ich mich von niemand anderem inspirieren lasse, als von meinem eigenen Herumgedrücke auf den Klaviertasten. Ich bin gerne isoliert, ich denke nicht an andere, die sind mir egal.
Dennoch treffen Sie deren Nerv mit ihren Liedern, offenbar können sich gerade junge Frauen mit ihren Texten über Beziehungen, über Verliebtsein und Verlassenwerden identifizieren. Fließt ihr Privatleben eins zu eins in die Texte?
Ja. Das ist Fluch und Segen. Ich habe erkannt, dass das privat Probleme machen kann, wenn ich so ungefiltert bin.
Sie haben gerade in Nürnberg einen Festivalauftritt abgebrochen, haben auf der Bühne geweint und gesagt, Ihr Kopf sei Matsch. Jetzt stehen viele Auftritte vor der Tür. Macht Ihnen das Angst?
Ja, ich habe große Angst um meine Stimme. Als ich die erste Tour für November angekündigt habe, war sie schon vor dem Vorverkauf ausverkauft, fast alle Konzerte wurden in größere Hallen verlegt und die Zusatztour ab Februar war dann auch innerhalb von vier Minuten ausverkauft. Und das alles, ohne zu wissen, ob ich die Tour überstehe und ob die Leute überhaupt meine neuen Songs mögen.
Ihre ersten selbstproduzierten Lieder wie "Tourette", "Rote Flaggen" oder "Wenn du weinst" haben ihnen bei Spotify 2,5 Millionen monatliche Hörer eingebracht. Sind die neuen Songs denn anders?
Ja, ich würde sagen, es gibt keinen Hit auf dem Album. Gerade die Momente wo es extrem laut wird und dann in absolute Stille geht, da quält das Album teilweise auf den Ohren. Ich bin gespannt, wie es ankommt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Anja Caspary.
Sendung: Radioeins, 24.10.2024, 13:10 Uhr