Hessen Amazon investiert dreistelligen Millionenbetrag in Standort Bad Hersfeld
Der Versandhandels-Riese Amazon will seinen Standort in Bad Hersfeld durch große Investitionen modernisieren. Künftig sollen Transport-Roboter die Mitarbeiter unterstützen. Zu einem Stellenabbau werde das nicht führen, versichert das Unternehmen.
Das US-Unternehmen Amazon will eines seiner größten Logistikzentren Deutschlands modernisieren. In den Standort Bad Hersfeld soll eine Summe im dreistelligen Millionenbereich fließen, wie das Unternehmen am Mittwoch ankündigte. Zur genauen Höhe der Investitionen machte Amazon auf Nachfrage keine Angaben.
Geplant ist demnach, Transport-Roboter in die Betriebsabläufe im Versandlager mit dem Namen FRA3 zu integrieren. Sie sollen die Beschäftigten künftig unterstützen, wie Amazon erklärte. Die Arbeit solle leichter werden, Arbeitsprozesse effizienter. Für die Mitarbeitenden sollen Laufwege entfallen.
Ab dem Spätsommer 2025 will Amazon mit der Umsetzung begonnen werden. Ein Jahr später soll alles fertig sein. An elf von 23 Logistikzentren in Deutschland ist die Roboter-Technologie bereits im Einsatz, wie das Unternehmen mitteilte.
Weite Wege in Lagern
Wer bei Amazon die bestellten Waren mühsam zusammenträgt, muss gut zu Fuß sein. Pro Schicht sind die Beschäftigten gut zehn Kilometer in den Gängen unterwegs, wie ein Sprecher sagte. Denn das Lager ist weitläufig, 110.000 Quadratmeter groß. Das entspricht der Fläche von 15 Fußballfeldern.
Amazon-Lager Bad Hersfeld
In dem 2009 in Betrieb genommenen Versandlager FRA3 arbeiten derzeit 1.850 Beschäftigte. Der Betriebsrat stehe mit den Mitarbeitenden und dem Unternehmen im Austausch wegen der Modernisierungspläne.
QR-Codes und Künstliche Intelligenz
Das neue Konzept sieht vor, dass mehr mit Hilfe digitaler Technik gearbeitet wird. Im Versandlager fahren künftig auf ausgewiesenen Bereichen nur noch Roboter. Sie werden gesteuert anhand von Kameras und QR-Codes auf dem Boden, die definierte Fahrwege vorgeben. Zudem komme Künstliche Intelligenz bei der Steuerung zum Einsatz.
Transportable Regale, die in ihren Fächern kleine und mittelgroße Artikel haben, werden von Roboter-Fahrzeugen angehoben und zu Mitarbeitenden am Rand der Lagerflächen gebracht. Dort werden Artikel entnommen und verpackt.
Arbeitsplatz der Zukunft in einem Showroom: Die gelben Transportregale werden von Robotern zu Beschäftigten zur Weiterverarbeitung gefahren.
Die Roboter, die als Hubwagen die Regale transportieren, wirken wie große Staubsauger-Roboter. Sie fahren mit einem Tempo von sechs Stundenkilometern und können bis zu 600 Kilogramm Gewicht transportieren. Bis zu 2.500 solcher Geräte sollen im Bad Hersfelder Logistikzentrum zum Einsatz kommen
Transport-Roboter bei Amazon.
Mit Hilfe der Roboter will Amazon seine Produktivität steigern und mehr Bestellungen in kürzerer Zeit verarbeiten. Es werde ein Zusammenspiel von Mensch und Maschine, sagte ein Amazon-Sprecher. Die Beschäftigten, die bislang die Waren zusammentragen, sollen künftig beim Verpacken und Verschicken eingesetzt werden. Intern gebe es also eine Verlagerung von Jobs. In einem Video ist zu sehen, wie die Arbeitsprozesse mit den Robotern laufen.
Paket-Verteilzentrum des Online-Händlers Amazon (picture alliance/dpa/dpa-Zentral)
Amazon: Kein Stellenabbau geplant
Ein Stellenabbau sei zunächst einmal nicht geplant. Was langfristig passiere, könne man noch nicht beurteilen. Transport-Roboter kämen bereits in vielen Logistikzentren zum Einsatz. "Unsere Erfahrungen sowie die der Mitarbeitenden sind positiv", hieß es von Amazon.
Man brauche nun mehr höher qualifizierte Techniker. An vielen Standorten, an denen Roboter im Einsatz sind, bilde Amazon deswegen in diesen technischen Berufsfeldern aus.
Verdi begrüßt Investitionen
Die Gewerkschaft Verdi sagte auf hr-Anfrage, man begrüße Investitionen des Amazon-Konzerns in die Zentren in Deutschland - "auch deren technische Modernisierung, sofern sie die Beschäftigten in ihrer Arbeit unterstützt und krankmachende Arbeiten reduziert".
Genau deshalb fordere man von Amazon nicht nur die Anerkennung der Tarifverträge des Einzel- und Versandhandels, sondern auch einen Tarifvertrag für gute und gesunde Arbeit.
Seit mehr zehn Jahren besteht ein festgefahrener Tarifkonflikt zwischen Amazon und Verdi. Die Gewerkschaft versucht seither erfolglos, dem US-Unternehmen Tarifverträge abzuringen. Teile der Belegschaft haben in den vergangenen Jahren immer wieder gestreikt, zuletzt am Black-Friday.
Ministerpräsident Rhein zu Besuch
Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat sich am Mittwoch bei einem Besuch bei Amazon in Bad Hersfeld über die Modernisierungspläne und die Investitionen informiert. Amazon sei für Hessen ein wichtiger Standort-Faktor und Arbeitgeber. Zudem sei Amazon ein Innovationstreiber. Rhein zeigte sich "beeindruckt" bei seinem Rundgang.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU, re.) zu Besuch im Amazon-Lager in Bad Hersfeld.
Der Ministerpräsident sagte zudem: "Ich bin davon überzeugt, dass die Einführung neuer Technologien nicht zwangsläufig dazu führen muss, dass Arbeitsplätze abgebaut werden. Sie erleichtern das Arbeiten und ermöglichen, dass Beschäftigte an anderen Stellen eingesetzt werden können."
Betriebsrat spricht von Verbesserungen
Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende am Bad Hersfelder Standort, Benjamin Arendt, befand: Die Einführung der Roboter-Technik sei ein Schritt in die Zukunft und mache den Standort sicher. Es gebe aber natürlich auch etwas Ungewissheit, weil sich Arbeitsprozesse veränderten. Die Gefahr von Job-Abbau sieht er aktuell nicht. Die neue Technologien brächten Verbesserungen.
Amazon investiert darüber hinaus fleißig. Zuletzt wurden im Juni massive Investitionen in Hessen angekündigt. Bis 2026 sollen 8,8 Milliarden Euro in den Ausbau der Rechenzentren-Infrastruktur im Rhein-Main-Gebiet fließen. Rhein hatte diese Entscheidung als "sehr gute Nachricht für Hessen, das Rhein-Main-Gebiet und den Wirtschaftsstandort insgesamt" bezeichnet.