Hessen Bei VW in Baunatal herrscht nach Verhandlungsmarathon wieder Zuversicht
Tagelang haben Konzernspitze, Betriebsrat und IG Metall über die Zukunft von Volkswagen verhandelt. Am Freitag kam die Einigung: Betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen wurden laut der Gewerkschaft abgewendet. Gleichwohl will VW bis 2030 mehr als 35.000 Stellen abbauen.
Am Freitagabend verkündete die IG Metall den Durchbruch bei den zähen Tarifverhandlungen mit dem kriselnden Autobauer VW und sprach von einem "Weihnachtswunder von Hannover".
Daniela Cavallo, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG, erklärte: "Kein Standort wird dichtgemacht, niemand wird betriebsbedingt gekündigt und unser Haustarif wird langfristig abgesichert." Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen hatte die IG Metall in den Verhandlungen mit VW als "rote Linien" bezeichnet, die nicht überschritten werden dürften.
Baunataler Betriebsrat: Beschäftigung bis Ende 2030 gesichert
Im VW-Werk Kassel am Standort Baunatal war entsprechend Erleichterung zu spüren. So sagte der Betriebsratsvorsitzende Carsten Büchling dem hr: "Das Tarifergebnis bringt uns in Kassel, so wie an allen anderen Standorten, ganz viel Sicherheit und einen zuversichtlichen Blick nach vorne."
Nach Angaben von IG Metall hat VW im Zuge der Verhandlungen für das Werk in Baunatal Zusagen "für weitere E-Antriebe und Pulswechselrichter" gemacht. "Auch die Auslastung der Warmumformung und der Gießerei ist gesichert."
"Jetzt erstmal sind wir froh"
Dadurch sei in Baunatal die Beschäftigung bis Ende 2030 gesichert, sagte Büchling. "In den kommenden Tagen und Wochen werden wir alle Einzelheiten mit unseren Kolleginnen und Kollegen besprechen. Jetzt erstmal sind wir froh, dass die große Unsicherheit noch vor Weihnachten beendet werden konnte."
Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) sprach am Freitagabend von einer guten Nachricht für Baunatal und jede und jeden einzelnen im dortigen Werk. "Immer wenn es hart auf hart kommt, hat man bei VW Lösungen gefunden, um Krisen zu meistern. So glücklicherweise auch diesmal." Nun herrsche Planungssicherheit, "auch wenn die Autoabsatzkrise insgesamt alle Beteiligten, die Politik eingeschlossen, noch vor große Herausforderungen stellt."
70 Stunden Verhandlungen
VW hatte im September die seit 1994 geltenden Beschäftigungssicherung gekündigt und bis zuletzt Werksschließungen, Massenentlassungen und Lohnkürzungen nicht ausgeschlossen. Darauf folgten mehrere Warnstreiks. Auch im Werk am Standort Baunatal wurde gestreikt.
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Nach einem über 70-stündigen Verhandlungsmarathon wurde nun zwischen Autobauer und Gewerkschaft eine Einigung erzielt. Im Gegenzug zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen sollen die Beschäftigten bis 2030 aber auch auf direkte Lohnerhöhungen verzichten. Sollte nach Auslauf keine Anschlussregelung vereinbart werden, müsste das Unternehmen eine Milliarde Euro an die Beschäftigten ausschütten.
VW will mehr als 35.000 Stellen abbauen
Gleichwohl will Volkswagen nach eigenen Angaben bis 2030 mehr als 35.000 Stellen streichen. Der Abbau solle sozialverträglich erfolgen, teilte der Konzern mit. Diese Entscheidung sei Teil einer Einigung, auf die sich der Autobauer und die IG Metall bei ihren Tarifverhandlungen verständigt haben. "Wir hatten bei den Verhandlungen drei Prioritäten: Überkapazitäten an den deutschen Standorten abbauen, Arbeitskosten senken und Entwicklungskosten auf wettbewerbsfähiges Niveau senken", sagte VW-Markenchef Thomas Schäfer. "Wir haben bei allen drei Themen tragfähige Lösungen erzielt."
Der Autobauer werde die technische Kapazität an den deutschen Standorten um über 700.000 Fahrzeuge reduzieren. IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger sprach von schmerzlichen Einschnitten.
Viel Ungewissheit in Dresden und Osnabrück
In zwei VW-Werken soll die Produktion, wie sie jetzt gestaltet ist, auf längere Sicht eingestellt werden: So ist dem Kompromiss zufolge vorgesehen, dass in Dresden Ende kommenden Jahres die Fahrzeugfertigung endet. Für die Zeit ab 2026 werde "ein alternatives Gesamtkonzept erarbeitet", hieß es. In Osnabrück soll die dortige Produktion im Spätsommer 2027 enden, für die Zeit danach solle eine "Zukunftsperspektive für den Standort" entwickelt werden.
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