Hessen Die logische Leistungsdelle von Eintracht Frankfurt
Im vorweihnachten Endspurt wird eines deutlich: Eintracht Frankfurt bekommt die Anstrengungen einer intensiven Hinrunde zu spüren - selbst der Beste des Überraschungsteams.
Eintracht Frankfurt hat dann doch nicht 47:0 gewonnen, nicht mal 3:2, sondern lediglich remis gespielt gegen den FC Augsburg (2:2) – und damit die Theorie des Gästetrainers Jess Thorup ins Tal der Überhöhungen verbannt. Dessen Vorab-Einschätzung nämlich, "egal, was er berührt, wird zum Tor oder Assist“, konnte der Gepriesene nicht erfüllen. Omar Marmoush, Frankfurts Torjäger und nicht weniger als der beste Bundesligaprofi dieser Saison, blieb am Samstag im Heimspiel gegen die bayerischen Schwaben treffer- und vorlagenlos. Trotz all seiner Mühen, trotz 47 Ballaktionen, trotz dreier Abschlüsse und ebenso vieler Torschussvorlagen.
Es ist am ägyptischen Angreifer gut auszumachen, woran es haperte in dieser Sieglos-Woche: Der Flow ist der Eintracht flöten gegangen. Die Leichtigkeit, die die Hessen wochenlang von Erfolg zu Erfolg trug und gerade Vorzeigestürmer Marmoush in schwindelerregende Höhen emporsteigen ließ, hat sich vorerst verflüchtigt.
Sportchef Krösche: "Der Fluch der guten Tat"
Es ist dies keine rein körperliche Sache, aber eben auch. Dauerspieler wie Arthur Theate oder Robin Koch gehen seit Wochen physisch ans Limit und darüber hinaus. Oder bei Hugo Larsson, da streiken die Muskeln nicht zum ersten Mal in dieser Alle-drei-Tage-ein-Spiel-Saison. Erfahrene Leute wie Mario Götze und Ellyes Skhiri wurden gegen Augsburg überhaupt nicht eingesetzt, sollen sie doch am Donnerstag im Europa-League-Spiel bei Olympique Lyon wieder volle Schaffenskraft entfalten können. Einher mit der körperlichen Belastung geht bei den Profis eine hohe mentale. "Wir haben alles rausgeholt, was im Tank war", sagte Toppmöller, freilich sind zuletzt einige Liter Kraftstoff verlustig gegangen.
Angesprochen auf Marmoush gab der Trainer offen zu, dass er sich Gedanken mache, "damit wir ihn nicht verheizen". Doch der Torjäger sei nun mal "gut in Form, er hat top Aktionen". Erst vergangenes Wochenende nach dem 4:0 in Heidenheim "haben wir ihn abgefeiert. Daher brauchen wir jetzt nicht darüber sprechen, ob wir ihn noch mal in Form kriegen müssen", so Toppmöller. Und weiter: "Omar ist ein Fighter, ein Kämpfer, der immer spielen will."
Für den Frankfurter Sportvorstand Markus Krösche ist Marmoushs Torlos-Woche auch ein Zeichen gestiegener Aufmerksamkeit bei den Gegenspielern. "Omar wird gedoppelt", so Krösche, was manchmal noch untertrieben ist (siehe Artikel-Bild), "das ist der Fluch der guten Tat."
Eintracht erlebt den Jahreswechsel als Topteam
Zumal zwei Sachen klar benannt werden sollten mit Blick aufs große Ganze: Zum einen haben die Frankfurter trotz des Augsburg-Ausrutschers herausragende 27 Punkte auf dem Konto (nach nur 13 Spielen), sind Tabellenzweiter und werden den Jahreswechsel unabhängig vom Ausgang der folgenden Spiele in der Spitzengruppe der Liga erleben.
Zum anderen ist die aktuelle Delle, noch dazu eine kleine, völlig normal, ja logisch. Die Eintracht-Mannschaft ist jung, sehr jung, viel beansprucht noch dazu. Zwar hat die Kaderqualität in der Breite enorm zugenommen, was nicht zuletzt die guten Leistungen der eingewechselten Bubi-Kicker Can Uzun (Tor erzielt) und Jean-Mattéo Bahoya (fast ein Tor erzielt) unterstrichen. Für konstanten Erfolg aber müssen die Leistungsträger ihre Topform eben auch konstant abrufen. Wie in jeder Fußballmannschaft.
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Wenn also Torwart Kevin Trapp, eigentlich klar im Aufwind nach überstandener Verletzung, derart deutlich patzt wie gegen Augsburg, dann ist das doppelt bitter. Für die vorweihnachtlichen Duelle in Lyon, Leipzig und gegen Mainz wird die Eintracht sich daher noch einmal sammeln müssen, die Kräfte bündeln, ganz nach dem Motto: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Denn nicht immer können VAR-Haarscharf-Entscheidungen positiv für die Hessen ausgehen, erlebt beim Ausgleich der Augsburger. Nicht immer kann sich die Rotation vollständig verfangen, zu sehen an Leuten wie Fares Chaibi. Und zu guter Letzt: Nicht immer kann Omar Marmoush mit jeder Aktion einen Treffer kreieren. In diesem Fall nicht mal bei 47 Versuchen.