Sachsen Erzgebirgsklinikum stellt Antrag auf Schutzschirmverfahren
Das Erzgebirgsklinikum kommt nicht zur Ruhe. Erst Anfang September hatte der Geschäftsführer einen Sanierungsplan für die Einrichtung vorgestellt. Allerdings fehlen für die Umsetzung 55 Millionen Euro. In Anbetracht der drohenden Insolvenz hat das Klinikum jetzt einen Antrag auf ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung gestellt. Das verschafft Luft für einige Monate und sichert der Geschäftsführung Handlungsfähigkeit. Doch gelingt die Sanierung nicht, droht endgültig die Insolvenz.
Bereits seit Ende Juli ist klar, dass das Erzgebirgsklinikum in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Jetzt hat das Unternehmen den Antrag auf ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung gestellt. Wie das Klinikum mitteilte, hat das Amtsgericht Chemnitz dem Antrag entsprochen.
Bei einem Schutzschirmverfahren handelt es sich um eine spezielle Form eines Insolvenzverfahrens. Größter Unterschied zur "normalen" Insolvenz: Die Geschäftsführung bleibt Herr im eigenen Haus. Sie steht lediglich unter der Aufsicht eines Sachwalters, den das Unternehmen dem Gericht selbst vorschlagen kann. Das Erzgebirgsklinikum hat Standorte in Annaberg, Zschopau, Stollberg und Olbernhau.
Verfahren soll Klinikum wieder schwarze Zahlen bescheren
"Ich bin davon überzeugt, dass dieser Schritt wichtig und richtig ist, denn nur so werden wir unser Klinikum wirtschaftlich stabilisieren, einen Großteil der Arbeitsplätze erhalten und auch in den kommenden Jahren mit der gewohnt hohen Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten im Erzgebirgskreis da sein können", sagte der Geschäftsführer des Erzgebirgsklinikums, Marcel Koch.
Geschäftsführer Marcel Koch (2.v.l.) stellt die Pläne für das Schutzschirmverfahren vor. Lucas Flöther (li.) soll dabei als Sachwalter fungieren.
Hauptgrund für die schwierige Lage sei, dass Energiepreise, Sachkosten und Tarife stärker gestiegen seien als die Vergütung der Krankenhäuser, erklärte er schon Ende Juli und betonte insbesondere, dass der Tarifvertrag für das Klinikum zu teuer sei. Die Gewerkschaft Verdi hatte hingegen die Unterfinanzierung der Kliniken als Ursache für die Schieflage ausgemacht.
Klinikbetrieb läuft unverändert weiter
Obwohl bei einem Schutzschirmverfahren die Geschäftsführung handlungsfähig bleibe, die Löhne und Gehälter der Mitarbeitenden gesichert seien und die Versorgung an den vier Krankenhausstandorten ohne Einschränkungen weiterlaufe, habe er sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ihm sei bewusst, dass sie für Verunsicherung sorge.
Ziel ist es, das Verfahren nach sechs bis sieben Monaten saniert wieder zu verlassen. Marcel Koch | Geschäftsführer des Erzgebirgsklinikums
"Ziel ist es, das Verfahren nach sechs bis sieben Monaten saniert wieder zu verlassen", sagte Koch, der dabei als Sachwalter den bekannten Insolvenzverwalter Lucas Flöther an einer Seite hat, der in dieser Funktion unter anderem bereits die Sanierung der Fluglinie Condor begleitet hat.
55 Millionen Euro für Sanierung fehlen bisher
Knackpunkt ist bei dem Verfahren ein 50 Punkte umfassender Sanierungsplan, den der Geschäftsführer Anfang September vorgestellt hatte. Demnach sollen in den Krankenhäusern Annaberg, Zschopau, Stollberg und Olbernhau unter anderem 155 stationäre Betten abgebaut werden - von aktuell 1.000 Betten. "Wir haben in den letzten Wochen mit Hochdruck daran gearbeitet, Finanzierungsmöglichkeiten für unseren Sanierungsplan zu erschließen", gibt Koch einen Einblick. Bisher stünden die notwendigen 55 Millionen Euro aber nicht zur Verfügung, sagte der Geschäftsführer.
Standorte sollen bleiben, Kündigungen geplant
Koch zeigte sich trotzdem zuversichtlich. Der Plan müsse jetzt an die neuen Umstände angepasst werden, bevor er in vier bis fünf Monaten dem Amtsgericht und den Gläubigern zur finalen Abstimmung vorgelegt werde. Er gehe zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass die wesentlichen Eckpunkte, wie der Fortbestand aller vier Klinikstandorte und der Personalabbau im einstelligen Prozentbereich, erhalten bleiben.
Einfluss von Krankenhausreform noch unklar
Im September hatte Koch mitgeteilt, dass er die Kündigungen "weniger im medizinischen Bereich, sondern mehr im Bereich der Hilfsdienstleistungen" sehe. All die Sparmaßnahmen sollen das Betriebsergebnis um 15 Millionen Euro pro Jahr "verbessern", so Koch, der keine komplette Abteilung schließen will. Unklar ist in dem Szenario noch, wie sich die kürzlich beschlossene Krankenhausreform auswirkt. Das sei aktuell nicht absehbar, hieß es aus dem Erzgebirgsklinikum.
MDR (sth/ali)