Sachsen Paralympischer Sport unten, Schulsport oben: Stadt Leipzig bekommt zweistöckige Turnhalle
200 Millionen Euro gibt die Stadt Leipzig laut Schulamtsleiter Peter Hirschmann jedes Jahr für die Sanierung und den Neubau von Schulen aus. Mehr als ein Drittel davon, nämlich 67 Millionen Euro, hat der Neubau der Johanna-Moosdorf Schule im Stadtteil Zentrum-Südost gekostet. Mit sechs Stockwerken ist das Gymnasium das derzeit größte und höchste Schulgebäude in Leipzig. Doch das ist nicht die einzige Besonderheit.
Sportunterricht löst bei vielen Schülerinnen und Schüler gemischte Gefühle aus. Sich auszutoben in der Sporthalle kann Spaß bereiten, der Zustand der Hallen meist eher weniger. Oft sind sie architektonische Relikte aus vergangenen Zeiten.
Ganz anders sieht das an der Philipp-Rosenthal-Straße in Leipzig aus. Hier steht eine moderne Sporthalle, die erst in diesem Jahr eröffnet wurde. Das Besondere: Über zwei Stockwerke erstrecken sich hier ganze sechs getrennt voneinander nutzbare Felder. Das Erdgeschoss ist zudem die erste paralympische Vereins- und Wettkampfsporthalle der Stadt Leipzig. Bei den Schülerinnen und Schülern kommt das gut an.
Begeisterung für den Sportunterricht
Ole, Julian, Luise und Leonie sind zwar in unterschiedlichen Klassenstufen, besuchen aber zusammen den Kletterunterricht. Denn eine Boulderwand besitzt die Sporthalle ebenfalls. Die vier sind sich einig, dass das mit Abstand die coolste Sporthalle ist, die sie kennen.
Leni, Luise, Julian ,Ole (v.l.n.r.) finden die neue Sporthalle "voll cool."
Ich finde die Halle voll cool und riesig. Und es ist auch richtig cool, dass wir hier so eine Kletterwand haben. Ole | 5. Klässler
Leonie geht es genauso. Sie erzählt, dass es in ihrer Grundschule nur eine ganz kleine Sporthalle gegeben habe, in der der Sportunterricht nicht annährend so viel Spaß gemacht habe, wie hier. Die meiste Zeit verbringen die Vier zur Zeit im Obergeschoss der Turnhalle. Sie erzählen, dass sie zwar von der paralympischen Sporthalle gehört hätten, so richtig etwas damit anfangen konnten sie jedoch nicht.
Rechts ist die Sporthalle, links das Schulgebäude. Verbunden werden beide Teile mittels einer Gebäudebrücke.
Einzige Halle ihrer Art in Leipzig
Das Untergeschoss der neuen Sporthalle sieht auf den ersten Blick genauso aus, wie die Halle darüber: eine große Fläche, die mittels Trennwänden in drei einzelne Felder aufgeteilt werden kann. Doch sie birgt einige Besonderheiten. Denn hier kann neben dem Schulsport auch paralympischer Sport betrieben werden. Die Halle sei ausgelegt für Sitzvolleyball, Rollstuhlbasketball, Rollstuhlrugby, Goalball, Blinden-Fußball und Hallen-Boccia, erzählt der Schulamtsleiter der Stadt Leipzig, Peter Hirschmann.
Die Boulderwand ist nur eine der Besonderheiten der Sporthalle.
Um den Ansprüchen von Menschen mit Behinderungen gerecht zu werden, habe sich die Stadt bereits während der Planung mit dem Sächsischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband ausgetauscht. Laut Hirschmann war das Ziel eine Sporthalle zu schaffen, die alle Schülerinnen und Schüler inkludiert, ob mit oder ohne Behinderung.
Hier im Speziellen mit dieser besonderen Halle, die in Leipzig einmalig ist, wollen wir zeigen, wie inklusiv wir beschulen. Peter Hirschmann | Leiter Schulamt Stadt Leipzig
Peter Hirschmann, Leiter des Schulamts der Stadt Leipzig, ist erfreut über den Neubau der Sporthalle.
Höchste Turnhalle im Stadtgebiet
Der Sporthallen- und Schulneubau in der Philipp-Rosenthal-Straße fällt schon allein durch seine Größe auf. Laut Peter Hirschmann wurde das Gelände bis zum Baustart der Schule als Parkplatz genutzt. Durch den vorhandenen Platz sei es hier möglich gewesen, bei der Planung größer und höher zu denken. Und das sei auch notwendig gewesen, da die Oberschule Barnet-Licht-Platz auf der gegenüberliegenden Straßenseite ebenfalls eine neue Sporthalle gebraucht habe. So ist hier laut Hirschmann durch den Bau einer sogenannten "gestapelten Sechsfeld-Sporthalle" dem Bedarf an genügend Platz für den Sportunterricht Rechnung getragen worden. Sechs verschiedene Sportlergruppen können damit gleichzeitig die Halle nutzen.
Die Johanna-Moosdorf Schule im Zentrum-Südost ist ein echter Blickfang.
Und der Platz hat für die paralympische Sporthalle ebenfalls große Vorteile: Flure, Umkleideräume, Toiletten und Aufzüge konnten deutlich größer und breiter gebaut werden, sodass auch Menschen mit Rollstühlen hier genügend Platz haben. Das freut insbesondere die Rollstuhlrugbyspieler, die hier jeden Dienstagabend trainieren.
"Sehr froh, dass wir sowas haben"
Gegen 17 Uhr sind alle Schülerinnen und Schüler an der Johanna-Moosdorf Schule schon längst zuhause. Aber in der Sporthalle brennt noch Licht. Im Erdgeschoss hört man Gescheppere und jede Menge Schreie. Denn immer dienstags trainieren hier die Rugbylöwen Leipzig samt des Leipziger Ausnahmetalents Josco Wilke. Er erzählt, dass sie froh sind, endlich eine dezidiert paralympische Sporthalle in Leipzig zu haben.
Josco Wilke ist Teil des deutschen Rollstuhl-Rugby-Teams und war dieses Jahr bei den Paralympics dabei.
Breite Flur und per Knopfdruck öffnende Türen
Früher seien sie im Stadtgebiet immer von A nach B gereist. Eine feste, behindertengerechte Halle hätten sie nie gehabt. Laut Wilke besonders für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer schwierig, da man nicht mal eben so quer durch die Stadt fahren kann. In der neuen Halle gebe es nun einen extra Raum, in dem sie ihre Rugbyrollstühle zwischen den Trainings lagern können. Das sei praktisch, da sich Rugbyrollstühle von den "Alltagsrollstühlen" dahingehend unterscheiden, dass sie nicht einklappbar sind. Somit sind sie schwierig zu transportieren, so Wilke. Außerdem seien die breiten Flure und die per Knopfdruck automatisch öffnenden Türen praktisch.
Die Rugbylöwen Leipzig testen die neue Halle auf Herz und Nieren.
Ich bin sehr, sehr zufrieden, dass wir jetzt wirklich so einen Standort haben, wo wir jetzt wirklich einen festen Trainingsplatz haben. Josco Wilke | Rollstuhlrugbyspieler
Kleinigkeiten fehlen noch
Ein paar Kinderkrankheiten gibt es laut Josco Wilke dennoch. So fehle der sogenannte Rugby-Key, eine Markierung für die Torzone, auf dem Hallenboden. Außerdem würden noch ein paar Schlösser an den Toiletten fehlen. Aber er ist sich sicher, dass diese Probleme bald behoben werden. Und dann, so seine Meinung, ist das eine richtig gute Sporthalle.
Die Johanna-Moosdorf-Schule ist laut Schulleiter Karsten Alber im Jahr 2020 als Außenstelle der Neuen Nikolaischule gegründet worden. Knapp vier Jahre, beziehungsweise bis zur Fertigstellung des Neubaus, wurden für den Unterricht Räumlichkeiten an der Oberschule Barnet-Licht-Platz genutzt. In dem neu gebauten Schulgebäude ist Platz für bis zu 1.410 Schülerinnen und Schüler.
MDR (koh)