Eingang einer Klinik mit Krankentranportern

Sachsen Sparplan für Erzgebirgsklinikum: 155 Betten weniger und betriebsbedingte Kündigungen

Stand: 06.09.2024 17:29 Uhr

Vor dreieinhalb Jahren fusionierten vier Kliniken im Erzgebirge, um weiter zu bestehen. So hatte es der Erzgebirgskreis beschlossen. Die Häuser stecken in großen Geldschwierigkeiten und müssen Millionen Euro sparen - und zugleich Millionen Euro auftreiben, um eine neue, gestraffte Struktur aufzubauen. Wie das gehen soll, hat jetzt der Klinikchef in einem 50-Punkte-Plan vorgestellt.

Von MDR SACHSEN

Das Erzgebirgsklinikum plant massive Einsparungen. Dafür hat der Klinikchef Marcel Koch dem Erzgebirgskreis als Gesellschafter am Donnerstag ein Sanierungskonzept mit 50 Punkten vorgestellt. Ziel ist, dass die vier Krankenhäuser in Annaberg, Zschopau, Stollberg und Olbernhau wieder schwarze Zahlen schreiben. Die Pläne seien auf jedes der Häuser zugeschnitten. So gebe es noch Potenzial bei der Betten-Belegung, weil nicht alle Kliniken ausgelastet seien und weniger Patienten kämen. Im Verbund sollen 155 stationäre Betten abgebaut werden - von aktuell 1.000 Betten. Koch dazu: "Dies entspricht dem Äquivalent eines Standorts, ohne auf einen Standort verzichten zu müssen."

So könnte eine Struktur aussehen

  • Annaberg und Zschopau bündeln die stationären Leistungen.
  • Die Häuser in Stollberg und Olbernhau sollen zu Gesundheitszentren entwickelt werden, die ambulante Leistungen abdecken.
  • Ziel sind zwei Gesundheitszentren mit ambulantem Schwerpunkt und zwei Grund- und Regelversorger.
  • In Zschopau soll sich die Chirurgie auf viszeralchirurgische (Bauchchirurgie) und spezielle endoprothetischen Eingriffe (Gelenkersatz) konzentrieren.
  • In Annaberg sollen die invasive Kardiologie (Herzkatheter-Labor) und die Mammachirurgie (Brustkrebsbehandlung) gebündelt werden.

Warum ist der Klinikverbund in Schwierigkeiten?

  • Das Erzgebirgsklinikum nennt als Gründe für die Probleme: "Wie alle Krankenhäuser in Deutschland leidet das Erzgebirgsklinikum unter den anhaltend schwierigen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen."
  • In den vergangenen Jahren seien "drastisch weniger Patienten" stationär aufgenommen worden.
  • Mehrkosten und Kostensteigerung durch Inflation und Energiekrise.
  • Lokale Besonderheiten im Erzgebirge mit eingeschränkter Erreichbarkeit aufgrund der Gebirgslage und Grenze zur Tschechischen Republik.
  • Demografie: Immer mehr ältere Menschen benötigen mehr ambulante Gesundheitsdienstleistungen bei zugleich immer weniger niedergelassenen Ärzten, die in Rente gehen und keine Nachfolger finden.

Kündigungen drohen

Diese Pläne stünden unter Vorbehalt, weil die Konsequenzen der bundesweiten Krankenhausreform noch nicht bekannt seien. "Wir müssen uns gesundschrumpfen. Das wird ein dauerhafter Prozess werden", sagte Klinikchef Koch voraus. Für die nach Angaben der Klinik mehr als 2.200 Mitarbeiter heißt das Koch zufolge: "betriebsbedingten Kündigungen in einem eingeschränkten Maß, weniger der medizinische Bereich, sondern mehr im Bereich der Hilfsdienstleistungen". All die Sparmaßnahmen sollen die Betriebsergebnisse um 15 Millionen Euro pro Jahr "verbessern", so Koch.

Auf die Job-Sparpläne hat die Gewerkschaft Verdi hellhörig reagiert. "Wir werden uns bemühen, eine Beschäftigungssicherung für die von Kündigung bedrohten Mitarbeiter zu verhandeln oder Abfindungen", kündigte der ver.di Gewerkschaftssekretär Robin Rottloff im Gespräch mit MDR SACHSEN an.

Häuser sollen sich nicht "kannibalisieren"

Künftig werde laut Koch auf die stärkere ambulante Versorgung der Patienten wertgelegt, weil die Versorgung im Erzgebirge durch die niedergelassenen Ärzte immer schlechter werde, denn es gebe immer weniger Niedergelassene Mediziner. "Das Zweite ist, wir wollen unsere Überkapazitäten abbauen, also allen Leerstand, den wir haben. Und das dritte ist, wir wollen uns nicht mehr gegenseitig kannibalisieren und Fälle wegnehmen."

55 Millionen Euro fehlen für Investitionen

Die finanzielle Notlage des Erzgebirgsklinikums ist schon länger bekannt. Im Juli hieß es, die Klinik könnte zum Jahresende pleite sein. Das Sanierungskonzept soll das verhindern. Für Investitionen, um die künftige Struktur herzustellen, seien 55 Millionen Euro nötig. Geld, dass das Klinikum nicht hat. Man führe Gespräche mit Kostenträgern und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen, heißt es in einer Pressemitteilung.

MDR (kk/maw)