Mann grillt zusammen mit zwei Jugendlichen

Sachsen Wie das Joblabor in Rothenburg Jugendliche bei der Berufswahl unterstützt

Stand: 14.09.2024 10:00 Uhr

Beim Joblabor in Rothenburg können sich Jugendliche einmal im Monat in neuen Berufen ausprobieren. Dozenten aus der Praxis leiten sie bei den Workshops an. Das Projekt soll das Selbstbewusstsein der Jugendlichen stärken und sie bei der Ausbildungswahl unterstützen. MDR SACHSEN war beim Grillen mit Koch Nico Gäbler dabei.

Von Jörg Winterbauer, MDR SACHSEN

Etwa 15 Jugendliche sind zum Joblabor im Mehrgenerationenhaus Rothenburg erschienen. Koch Nico Gäbler will ein anspruchsvolles Menü mit ihnen umsetzen: Fleisch mit "asiatischer" und "italienischer" Marinade, Taboulé-Salat, einen "Sommer-Grill-Salat" mit Wassermelone, Gurke und Paprika, Kartoffelsalat mit Joghurt, Gemüsebratlinge, gegrillte Wassermelone mit Nusspesto und Pancakes mit Heidelbeersauce.

"Zu Hause machen die meisten Steak, Bratwurst, Kartoffelsalat, Nudelsalat", sagt der gelernte Koch. "Ich will den Kindern zeigen, was man noch machen kann." Er teilt die Teilnehmer in Gruppen ein und verteilt die Aufgaben. Kurz darauf wird überall konzentriert gemixt, gehackt, geschnitten und gerührt.

Unter den Jugendlichen ist auch Fynn aus dem Rothenburger Ortsteil Bremenhain, ein 12-Jähriger in Messi-Trikot. "Ich mache heute mit, weil ich sehr gerne koche", sagt er. Er könne sich vorstellen, Koch zu werden. Zusammen mit Kumpel Karl reibt und schnibbelt er Karotten, Paprika, Porree und Petersilie. Vegetarische Bratlinge sollen aus der Gemüsemasse werden.

Selber machen statt nur zuhören

Selber machen statt nur zuhören ist angesagt beim Joblabor. Es sei Teil des Konzeptes, erklärt Ilka Schönberg vom Mehrgenerationenhaus, "dass die Jugendlichen gerade auch viele praktische Sachen machen, dass sie mit ihren Händen etwas schaffen, damit sie ein Ergebnis haben und merken: Mensch, das liegt mir und vielleicht wäre das eine Richtung für mich." Diese positiven Erlebnisse sollen das Selbstbewusstsein der Teilnehmer stärken.

Frau sitzt am tisch und schaut in die Kamera

Sozialpädagogin Ilka Schönberg arbeitet in der Jugendarbeit des Mehrgenerationenhauses.

Das Joblabor gibt es seit Anfang dieses Jahres. Es werde hauptsächlich aus Mitteln der Fernsehlotterie getragen, sagt Ilka Schönberg. "Es geht darum, Jugendliche in ihrer Identitätsfindung zu stärken. Durch das Joblabor können sie auf ihre eigenen Fähigkeiten schauen: 'Was kann ich, was kann ich anderen weitergeben und was kann ich noch erlernen?'", sagt die Sozialpädagogin. Teilnehmen kann jeder zwischen acht und 25 Jahren.

Erkennen, was man nicht will

An dem Projekt beteiligt ist auch Pierre Walter, Praxisberater an der Rothenburger Oberschule "Moritz Zimmermann". Dort berät er Schüler bei der Berufswahl. Viele der Teilnehmer des heutigen Joblabors sind seiner Einladung gefolgt. Mit den Workshops wecke man "ein gewisses Interesse an den Berufen bei den Schülern", sagt er. Manchmal würde den Schülern dadurch aber auch klarer, was sie nicht wollen, was genauso wertvoll sei. "Besser sie merken es vorher, als dass sie die Ausbildung abbrechen", sagt Walter.

Mann mit Schürze schaut in die Kamera

Pierre Walter gehört zu den Initiatoren des Projektes.

Er erzählt von einem Schüler, der beim Joblabor dabei war, als ein Rettungssanitäter seinen Beruf vorstellte. "Der hat an seinem eigenen Arm gezeigt, wie man eine Spritze setzt. Als der Schüler das gesehen hat, ist ihm schlecht geworden. Er ist fast umgekippt. Dadurch hat er erkannt, dass der Beruf doch nichts für ihn ist."

Aus Spaß am Kochen dabei

Inzwischen haben Fynn und Karl das Gemüse mit Eiern und etwas Mehl zu einer Art Teig verrührt. Die 15-jährige Mia brät daraus die Bratlinge in einer Pfanne, während ihr Bruder Gian die Blaubeer-Pancakes brät. Mia hat von ihren Eltern von dem Joblabor erfahren. "Ich dachte, das klingt sehr interessant und deswegen dachte ich, ich mache da mal mit." Die Zehntklässlerin weiß allerdings schon, was sie werden will: Logopädin. Nicht alle Teilnehmer simd zur beruflichen Orientierung hier - viele haben einfach Spaß am Kochen.

Zwei Jugendliche bereiten Essen auf einem Grill zu

Die 15-jährige Mia gart die Gemüsebratlinge, ihr Bruder Gian macht Heidelbeer-Pancakes.

Schlemmen und schmecken lassen

Nach gut zwei Stunden ist das Essen fertig. Alle kommen an einem langen Biertisch auf der Terrasse zusammen und lassen es sich schmecken. Die vegetarischen Bratlinge sind so schnell weg, dass Fynn sein eigenes Werk nicht verköstigen kann. Zufrieden ist er trotzdem: "Sonst kann ich nicht meckern, mir hat es sehr gut geschmeckt", ist sein Fazit.

Gruppe Menschen essen gemeinsam an einem Tisch

Am Ende wird das Werk des Nachmittages gemeinsam verzehrt.

Ist er sich über seine Berufswahl klarer geworden? "Ich bleibe bei meiner Meinung: Ich möchte vielleicht mal Koch anfangen", sagt er. Ganz sicher ist er auch nach dem Workshop nicht, aber mit seinen zwölf Jahren hat er ja auch noch Zeit für seine Entscheidung.