Sachsen-Anhalt Sozialministerin Grimm-Benne: Kita-Erzieherinnen hätten nicht entlassen werden müssen
In Biederitz im Jerichower Land sind Erzieherinnen aus öffentlichen Kitas entlassen worden. Begründet wurde das mit der gesunkenen Geburtenrate und dem vorgegebenen Personalschlüssel. Sozialministerin Grimm-Benne erklärt jetzt: Die Entlassung hätte auch vermieden werden können.
Die Einheitsgemeinde Biederitz im Jerichower Land hätte Kita-Erzieherinnen nicht wegen des Personalschlüssels entlassen müssen. Das hat Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) am Dienstag während einer Pressekonferenz in Magdeburg klargestellt.
Hintergrund ist die Entlassung von drei Erzieherinnen aus öffentlichen Kitas in Biederitz. Sie war zu Beginn der Woche bekannt geworden. Laut dem Biederitzer Bürgermeister Kay Gericke (SPD) ist außerdem bei einigen Erzieherinnen die Arbeitszeit heruntergesetzt worden. Gericke sagte MDR SACHSEN-ANHALT zur Begründung: "Wir haben nun mal einen vorgegebenen Betreuungsschüssel, der nicht über- beziehungsweise unterschritten werden darf, und wir haben auch nur begrenzt Geld. Deshalb mussten wir leider so reagieren."
Wenn man klug ist und meint, man will für die Kinderförderung mehr tun, dann kann man sich auch anders verhalten. Petra Grimm-Benne, SPD | Sozialministerin
Tatsächlich schreibt Paragraph 21 des Kinderförderungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt lediglich einen Mindestpersonalschlüssel vor, der überschritten werden darf. Das bekräftigte auch Grimm-Benne am Dienstag. "Wenn man klug ist und meint, man will für die Kinderförderung mehr tun, dann kann man sich auch anders verhalten", so die Ministerin. Die Kommune müsse die zusätzlichen Stellen dann jedoch aus dem eigenen Haushalt finanzieren. Denn der Betreuungsschlüssel ist maßgeblich für die finanzielle Ausstattung der Kitas durch das Land.
Petra Grimm-Benne (Archivfoto)
Dem Bürgermeister zufolge ist die Geburtenrate in der Einheitsgemeinde Biederitz stark zurückgegangen. Im Jahr 2020 waren demnach noch fast 90 Kinder geboren worden; im laufenden Jahr wurden bisher 27 Geburten registriert. Gericke vermutet, dass Krisen wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Inflation eine Rolle spielen. Dies habe die Menschen möglicherweise abgehalten, "Kinder in die Welt zu setzen."
Sinkende Geburtenrate in Deutschland
In Deutschland sind im vergangenen Jahr weniger Kinder auf die Welt gekommen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes kamen im Jahr 2023 in Deutschland 692.989 Kinder auf die Welt – sechs Prozent weniger als 2022. Weniger Kinder als 2023 waren in Deutschland zuletzt 2013 geboren worden (682.069).
Die Geburtenziffer sank 2023 unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Mutter – ob deutsch oder ausländisch – um sieben Prozent. Das Ausgangsniveau unterscheidet sich allerdings: So sank die Geburtenziffer bei deutschen Frauen von 1,36 auf 1,26 und bei Ausländerinnen von 1,88 auf 1,74 Kinder je Frau. Im vergangenen Jahr waren Mütter bei der Geburt des ersten Babys im Schnitt 30,3 Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Väter beim ersten Kind der Mutter lag bei 33,3 Jahren.
Diskussion um Anpassung des Personalschlüssels im Landtag
Die sinkenden Geburtenzahlen und die Personalsituation in den Kitas sind vor gut einem Monat auch Thema vor und im Landtag in Magdeburg gewesen. Erzieherinnen und Erzieher forderten bei einem Aktionstag unter anderem, den Betreuungsschlüssel der aktuellen Situation anzupassen, anstatt Personal zu entlassen.
In der Landtagsdebatte zum Thema erklärte die SPD-Abgeordnete Katrin Gensecke, mehr Fachkräfte seien immer wünschenswert. Sie wisse aber nicht, "ob das machbar, ob das möglich ist". Bei den Kindern von drei bis sechs Jahren gelte ein Personalschlüssel von eins zu zwölf. Setze man diesen auf eins zu zehn, würde das Land pro Jahr 82 Millionen Euro mehr bezahlen müssen, so Gensecke. Eine konkrete Entscheidung gab es nach der Debatte nicht, das Thema wurde in den Sozialausschuss verwiesen.
Gericke: Trotzdem Hoffnung, dass Biederitz wächst
Unabhängig von dieser Diskussion zeigt sich der Biederitzer Bürgermeister Gericke dennoch optimistisch, was die Zukunft der Einheitsgemeinde angeht. Das Interesse an Biederitz sei gestiegen. So wurden demnach neue Grundstücke verkauft und Baugruben ausgehoben, etwa in Biederitz und Heyrothsberge. Meistens würden junge Menschen bauen, die Kinder hätten oder eine Familie planten, so Gericke. "Wir sind guter Hoffnung, dass unsere Gemeinde wächst und künftig wieder mehr Kinder in den Einrichtungen betreut werden können."
dpa, MDR (Michel Holzberger, Karin Roxer, Kalina Bunk, Engin Haupt, Julien Bremer), zuerst veröffentlicht am 14.10.2024