Richter stehen hinter einem Tisch.

Verfassungsschutz in Thüringen Gericht gibt Auskunftsklage der AfD teilweise statt

Stand: 20.11.2024 13:59 Uhr

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat der AfD-Klage zur Auskunftspflicht über verdeckte Verfassungsschutz-Ermittlungen in Chat-Gruppen in Teilen stattgegeben. Landtagsabgeordnete dürfen demnach erfahren, wie viele "Fake-Accounts" im Einsatz sind.

Von MDR THÜRINGEN

Die AfD hat am Mittwoch vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar einen Teilerfolg erzielt. Mittels einer parlamentarischen Anfrage im Landtag wollte die Fraktion im Oktober 2022 nähere Informationen zur Arbeit des Verfassungsschutzes im Internet erhalten, nachdem die "Süddeutsche Zeitung" zuvor über derartige Praktiken der Geheimdienstarbeit berichtet hatte. Nachdem die Thüringer Landesregierung anschließend die Auskünfte aus Geheimhaltungsgründen nach Artikel 67 der Thüringer Verfassung verweigerte, zogen die AfD-Abgeordneten Torben Braga und Ringo Mühlmann vor Gericht.

Verfassungsgerichtshof stärkt Fragerecht von Abgeordneten

Das Weimarer Gericht entschied nun einstimmig, dass die Abgeordneten eingeschränkt Informationen über die Arbeit des Verfassungsschutzes erhalten müssen, solange das keine Quellen gefährde. Konkret wollten die Kläger in neun Fragen wissen, wie und in welchem Umfang der Verfassungsschutz "Fake-Accounts" auf Social-Media-Plattformen einsetzt, um mutmaßlich rechtsextreme Chat-Gruppen auszuspähen und welche Chats das seit 2015 gewesen seien. Bei "Fake-Accounts" handelt es sich um Profile in den Netzwerken, auf denen die Absender ihre wahre Identität verschleiern.

Infos dürfen Arbeit des Verfassungsschutzes nicht gefährden

Eher allgemeine Informationen hätte die Landesregierung den Abgeordneten geben müssen, sagte der Präsident des Verfassungsgerichts, Klaus von der Weiden - beispielsweise zur Anzahl der beteiligten Beamten und der genutzten "Fake-Accounts" und die Plattformen, auf denen die Accounts zum Einsatz kamen. Aus dieser Information allein ließen sich keine Rückschlüsse ziehen, an welchen konkreten Orten der Verfassungsschutz im Internet aktiv sei.

Richter stehen hinter einem Tisch.

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof unter Vorsitz von Klaus von der Weiden (3.v.l.) gab der AfD-Klage in Teilen Recht.

Infos darüber, welche Chat-Gruppen der Verfassungsschutz selbst erstellt habe, müsse die Landesregierung allerdings auch auf Anfrage nicht erteilen, entschied das Weimarer Gericht. Grund dafür ist, dass dadurch die Arbeit des Verfassungsschutz samt der Quellen möglicherweise enttarnt werden könnten.

AfD-Politiker will auch künftig unverändert detailiert nachfragen

Ringo Mühlmann sagte, er sei zufrieden mit dem Gerichtsurteil und wolle die ausstehenden Antworten auf seine Nachfragen zur Verfassungsschutzarbeit nach wie vor erfahren. Bei seinen zukünftigen Anfragen an die Landesregierung will er demnach auf allzu detaillierte Nachfragen vermutlich nicht verzichten: "Die Landesregierung kann mir ja sagen, wenn sie etwas aus Geheimschutzgründen nicht beantworten will", so Mühlmann. Er sehe jedoch keinen Grund, sich bei seinen Fragestellungen von sich aus zu beschränken.

Ein Mann sitzt an einem Tisch.

Die AfD-Abgeordneten Ringo Mühlmann (im Bild) und Torben Braga klagten in Weimar, um Informationen über die Verfassungsschutzarbeit im Netz zu erhalten.

Verfassungsgerichtshof-Präsident von der Weiden betonte im Rahmen der Urteilsverkündung die große Bedeutung des Auskunftsrechts von Abgeordneten gegenüber der Landesregierung und auch der Landesverwaltung. Dass Abgeordnete Informationen von der Landesregierung erhalten, diene der demokratischen Kontrolle und sei daher unerlässlich.

Fragerecht der Abgeordneten trotz PKK

Mühlmann sagte, wichtig sei ihm die Erkenntnis, dass die Existenz der Parlamentarischen Kontrollkommission nicht das Fragerecht der Abgeordneten zum Verfassungsschutz aushebele. Das Fragerecht der Abgeordneten nach Artikel 53 der Thüringer Verfassung ist dem Gerichtsurteil nach auch beim sensiblen Thema der Verfassungsschutzarbeit nicht grundsätzlich eingeschränkt.

Die Parlamentarische Kontrollkommission ist ein Gremium des Landtags, das den Verfassungsschutz überwacht und dessen Mitglieder Einblicke in die geheime Arbeit der Behörde erhalten. Die AfD war bisher nicht in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) vertreten, weil keiner ihrer Kandidaten die dafür nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament erreichte.

MDR (ost/ask)/dpa

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Thüringen am 20. November 2024 um 13:59 Uhr.