Nach gestopptem Rüstungsdeal Moskau droht schon mal mit Klage

Stand: 04.08.2014 13:49 Uhr

Die Bundesregierung riskiert mit dem Stopp des Rüstungsdeals von Rheinmetall mit Russland Schadensersatzforderungen. Während sich das Düsseldorfer Unternehmen noch nicht geäußert hat, ist man in Moskau offenbar schon weiter. Wegen Vertragsbruch wolle man klagen.

Die gestoppte Lieferung eines Gefechtsübungszentrums könnte der Bundesregierung viel Ärger einbringen. Der Rüstungskonzern Rheinmetall kann grundsätzlich Schadensersatzforderungen stellen. "Es liegt an dem Unternehmen, das darzulegen", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums und verwies auf rechtliche Möglichkeiten für Rheinmetall. Sie betonte: "Wir sind in Gesprächen mit der Firma und bleiben das auch."

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel begründete den Lieferstopp mit der Gefahr einer Ausweitung des Militärkonflikts. "Ich riskiere durch die Auslieferung eines Gefechtszentrums an Russland, dass die militärische Expansion, dass die militärischen Auseinandersetzungen größer werden", sagte der SPD-Politiker. "Das kann ich nicht verantworten. Es geht nicht um Geld, es geht um Menschenleben."

Das Unternehmen habe die Regierung gebeten, für eine "rechtssichere Position" zu sorgen, fügte Gabriel hinzu. "Daher haben wir formal die Ausfuhrgenehmigung widerrufen."

Mit dem Exportstopp macht die Bundesregierung dem Düsseldorfer Konzern einen dicken Strich durch die Auftragsbücher - der Deal mit Moskau hatte ein Volumen von mehr als 100 Millionen Euro. Geld, das eigentlich schon fest eingeplant war.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall
Rheinmetall gilt mit einem Umsatz von knapp 2,2 Milliarden Euro (2013) in der Verteidigungssparte als einer der größten deutschen Rüstungshersteller. Weitere 2,5 Milliarden Euro entfallen auf die Sparte Autotechnik.

Im Zentrum der Rüstungsproduktion stehen gepanzerte Fahrzeuge, Waffen, Munition, Flugabwehr- und ABC-Schutzsysteme. Gemeinsam mit Krauss Maffei Wegmann fertigt Rheinmetall den Schützenpanzer Puma. Für den Kampfpanzer Leopard liefert das Unternehmen unter anderem die Waffenanlage.

Der im MDax notierte Düsseldorfer Traditionskonzern beschäftigt 21.100 Menschen, davon rund 9200 in der Rüstung. Dass Ex-Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) von 2015 an als Berater des Rheinmetall-Vorstands tätig wird, hatte Anfang Juli Schlagzeilen gemacht.

Klage wegen Vertragsbruchs

Ärger droht auch aus Moskau. Eine Schadensersatzklage droht. Wegen Vertragsbruchs werde das russische Verteidigungsministerium vor Gericht ziehen, zitierte die Agentur Interfax einen Behördensprecher. Die gestoppte Lieferung von Rheinmetall hätte etwa zehn Prozent des Gefechtsübungszentrums ausgemacht, sagte er.

Vizeverteidigungsminister Juri Borissow betonte, die Absage werde den bereits für September geplanten Start des Zentrums in Mulino etwa 350 Kilometer östlich von Moskau nicht verzögern.

Paris und London halten an Rüstungsgeschäften fest

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte den Rüstungsdeal bereits im März auf Eis gelegt - damals noch als Reaktion auf das russische Vorgehen auf der Krim. Nun stoppte er das Geschäft endgültig, und er kann sich dabei der Unterstützung des Kanzleramts sicher sein. Deutschland geht mit dem Widerruf der Ausfuhrgenehmigung über die von der EU verhängten Sanktionen gegen Russland hinaus.

Die EU hatte vergangene Woche ein Moratorium für Rüstungslieferungen beschlossen, aber auf Druck von Frankreich bereits vereinbarte Geschäfte davon ausgenommen. Frankreich möchte unbedingt zwei bestellte Mistral-Hubschrauberträger mit einem Bestellwert von mehr als einer Milliarde Euro an Russland ausliefern. Auch und Großbritannien hält an bereits genehmigten Rüstungsgeschäften mit Russland fest.