Gedenken an Sieg über Deutschland Kritik nach Politikerbesuch in Moskaus Botschaft
Zum Jahrestag des Sieges über Deutschland im Zweiten Weltkrieg lud Russlands Botschafter zum Empfang in Berlin. Unter den Gästen waren Vertreter von AfD und Linkspartei - und Altkanzler Schröder. SPD und FDP kritisieren die Teilnahme.
An einem Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Sieges über Deutschland im Zweiten Weltkrieg haben einzelne deutsche aktive und ehemalige Politiker teilgenommen, darunter Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), AfD-Ko-Chef Tino Chrupalla und der Linken-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst.
Schröder war nach Angaben Chrupallas und anderer Teilnehmer mit seiner Ehefrau So-yeon Schröder-Kim dort. Zuvor hatte die "Berliner Zeitung" über den Empfang berichtet, an dem viele andere deutsche Politiker aus Protest gegen den russischen Krieg gegen die Ukraine nicht teilgenommen hätten.
Auch AfD- und Linkenpolitiker folgten Einladung
Unter den weiteren Teilnehmern war der Linken-Politiker Klaus Ernst. Chrupalla sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Ja, ich war gemeinsam mit Alexander Gauland, wie sicherlich alle Fraktionsvorsitzenden, zum Empfang in die Russische Botschaft eingeladen." Die Fraktionschefs von SPD und FDP und Grünen waren allerdings nach Angaben ihrer Fraktionen nicht eingeladen.
Der 9. Mai sei bis vor Kurzem ein Gedenktag gewesen, "an dem deutsche Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien selbstverständlich teilnahmen", sagte Chrupalla weiter. "Diesen Dialog sollte man in Krisenzeiten nicht abreißen lassen." Aussöhnung sei gerade an solchen historisch bedeutsamen Tagen wichtig, sagte Chrupalla, der gemeinsam mit Alice Weidel an der Spitze der Partei und der AfD-Bundestagsfraktion steht.
Kritik an Teilnahme Schröders
Die Bundesregierung wollte sich zur Teilnahme deutscher Politiker an dem Empfang nicht äußern. Man sehe keinen Anlass dies zu kommentieren, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, sagte hingegen zur vermutlichen Teilnahme Schröders an dem Empfang: "Es lässt mich voller Unverständnis zurück."
"Völlig unangemessen"
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Russland begeht seit über einem Jahr schwere Kriegsverbrechen in der Ukraine. Jeden Tag sterben dort Menschen durch Raketenangriffe. Es ist völlig unangemessen, ein Fest der russischen Botschaft zu besuchen, und ich finde es gut, dass die Botschafter der westlichen Länder hier ein klares Zeichen gesetzt haben."
Es wundere ihn nicht, dass das Vertreter der AfD nicht interessiere. "Aber von der Linkspartei hätte ich mehr erwartet", fügte Dürr hinzu.
Linken verteidigen Anwesenheit
Ex-Linken-Chef Ernst verteidigte seine Teilnahme. Der "Berliner Zeitung" sagte er, er sei "trotz der komplizierten Situation wegen des Krieges" gekommen, weil "Russland entscheidenden Anteil an der Niederwerfung des Faschismus" gehabt habe.
Ernst, der den Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie leitet, hatte vor wenigen Wochen ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland gefordert, "weil sie im Ergebnis gegen die eigene Bevölkerung und gegen die eigene Industrie gerichtet sind".
Russisches Gedenken an Millionen getötete Sowjetbürger
Zu dem Empfang waren nach Angaben der Botschaft unter anderem Vertreter der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, einem Zusammenschluss von Nachfolgestaaten der 1991 aufgelösten Sowjetunion, und "freundlicher Länder" Asiens und Afrikas sowie Veteranen, Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche und der deutschen Öffentlichkeit gekommen.
Der russische Botschafter Sergej Netschajew verwies in seiner Rede darauf, dass die "Todesmaschinerie" der Deutschen 27 Millionen Sowjetbürger das Leben gekostet habe. Er beklagte laut Redetext auf der Webseite der Botschaft, es werde "verstärkt versucht, die Geschichte zugunsten der aktuellen politischen Konjunktur zu verdrehen, Opfer und Henker sowie Sieger und Besiegte gleichzusetzen".