Scholz in Fragestunde Breiter Konsens statt "Klangteppich"
Kanzler Scholz hat sich den Fragen von Abgeordneten gestellt. Er warb dafür, in der Entlastungsdebatte mit Bedacht vorzugehen und warnte vor ständig neuen Vorschlägen. Die Ringtausche mit Waffen für die Ukraine sollen bald starten.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei der Regierungsbefragung im Bundestag betont, dass es als Maßnahme gegen Preissteigerungen mit den beiden Entlastungspaketen im Volumen von 30 Milliarden Euro "nicht getan sei". Gleichzeitig warnte er davor, jeden Tag neue Entlastungsvorschläge zu machen.
Damit reagierte er auf Forderungen des Koalitionspartners FDP nach einer Abschaffung der Kalten Progression in der Lohn- und Einkommenssteuer. Diese entsteht, wenn das Steuersystem nicht an die Inflation angepasst wird. Arbeitnehmer können dann etwa bei Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerklasse rutschen und deshalb netto weniger Geld zur Verfügung haben als vorher.
Scholz forderte in dem Zusammenhang, die Debatte über Entlastungen der "Konzertierten Aktion" mit Gewerkschaften und Arbeitgebern zu überlassen. "Wenn jetzt ein großer, riesiger Klangteppich an Vorschlägen über alles gelegt wird, dann werden die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr den Eindruck haben, dass wir als die Verantwortlichen das tun, wozu wir aufgefordert sind."
Scholz will breiten Konsens über Maßnahmen
Aus der Debatte innerhalb der "Konzertierten Aktion" könne man dann die einzelnen Schritte ableiten, "auch steuerlicher Art". Er strebe einen breiten gesellschaftlichen Konsens an, so Scholz.
Die "Konzertierte Aktion" mit Spitzenvertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften soll sich in den kommenden Wochen mehrmals zu Beratungen treffen und bis zum Herbst konkrete Vorschläge erarbeiten, wie die Bürgerinnen und Bürger konkret entlastet werden können. Das nächste Treffen soll im September stattfinden. Die Zeit bis dahin solle für viele Gespräche untereinander genutzt werden, um das "gut vorbereitet zu machen", so Scholz.
Neuerungen in der Migrationspolitik
Ebenfalls noch in diesem Jahr will die Bundesregierung Vorschläge für eine einfachere Zuwanderung von Fachkräften vorlegen. Dazu solle die Neuregelung zählen, dass besonders qualifizierte Fachkräfte über ein Punktesystem zur Jobsuche nach Deutschland einreisen dürften, selbst wenn sie noch keinen festen Arbeitsplatz hierzulande haben.
Von diesem Punktesystem sollten Männer und Frauen profitieren, die "so viel können, dass es sehr wahrscheinlich" sei, dass sie bald einen Arbeitsplatz finden, sagte Scholz. "Wir werden unseren Wohlstand nur erhalten können, wenn wir die hohe Zahl an Beschäftigten, die wir heute haben, auch in Zukunft sicherstellen können", sagte der Kanzler. Dafür sei "auch Zuwanderung" nötig.
Anlässlich der großen Probleme an deutschen Flughäfen sagte Scholz, zu den geplanten Maßnahmen der Regierung gehöre nicht nur die Erlaubnis für die Branche, dass Beschäftigte aus dem Ausland geholt und zu Tariflöhnen direkt eingestellt werden könnten. Es werde dazugehören, "dass man generell bessere Arbeitsbedingungen in diesem Bereich schafft", so Scholz.
Fehlendes Personal unter anderem bei der Gepäckabfertigung hatte an Flughäfen zur Sommerreisezeit teils chaotische Zustände mit langen Wartezeiten ausgelöst. In der Pandemie hatten Flughäfen, Airlines und Dienstleister Personal abgebaut und Fachkräfte verloren, die sich andere Jobs suchten. Die Regierung hatte als Abhilfe rasche Regelungen zugesagt, damit Betreiber vorübergehend leichter Personal vor allem aus der Türkei anheuern können - mit konkreten Vorgaben, um Sozialdumping zu unterbinden.
Ringtausche für Ukraine sollen jetzt anlaufen
Zum Thema Waffenlieferungen an die Ukraine sagte Scholz, die geplanten deutschen Waffenlieferungen im Ringtausch-Verfahren sollten nun in Kürze anlaufen. "Wir haben mehrere Ringtausche vorbereitet", so Scholz. Die Bundeswehr werde den beteiligten osteuropäischen Verbündeten "modernisierte Waffen aus deutschen Beständen" zur Verfügung stellen, damit diese eigene Waffen sowjetischer Bauart an die Ukraine liefern könne.
Zu der Frage des CDU-Abgeordneten Johann Wadephul, ob der Kanzler konkretisieren könne, zu welchen Sicherheitsgarantien für die Ukraine sich die G7 bekennen, sagte Scholz: "Es werden nicht solche Sicherheitsgarantien sein, die Artikel 5 des NATO-Vertrages entsprechen." Dieser Artikel regelt den Bündnisfall bei einem bewaffneten Angriff auf ein oder mehrere NATO-Mitglieder.
Er betonte zugleich, dass die Gespräche noch nicht abgeschlossen seien und eine Konkretisierung deshalb noch nicht vorgenommen werden könne.
Scharfe Kritik an AfD
In Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine warf Scholz der AfD vor, sich zur "Handlangerin russischer Interessen" zu machen. Er reagierte damit auf einen Redebeitrag des AfD-Abgeordneten Stephan Köthe, der die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs als "nutzlos" kritisiert hatte.
Die AfD sei realitätsfern und "die Partei Russlands", so Scholz. "Sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass da wirklich ein Krieg ist in der Ukraine, dass Russland das Land angegriffen hat, dass gerade unglaublich viele Menschen sterben."