Klausur der CSU-Landesgruppe "Wir rasseln nicht mit Säbeln"
Das Verhältnis von CDU und CSU ist besser als sein Ruf, sagt Max Straubinger, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe. Im Interview mit tagesschau.de spricht er über Innere Sicherheit und die Spitzenkandidatur seiner Partei.
tagesschau.de: Als sich die CSU-Landesgruppe 1976 erstmals in Wildbad Kreuth zur Klausur traf, stand am Ende der Trennungsbeschluss von der gemeinsamen Fraktion mit der CDU im Bundestag. Jetzt treffen sich Ihre Abgeordneten zum ersten Mal im Kloster Seeon – und wieder ist das Verhältnis zur CDU nicht das Beste. Dürfen wir einen ähnlichen Beschluss erwarten?
Max Straubinger: Im Großen und Ganzen sind sich CDU und CSU ja einig, und wir haben die Weichen in der Sicherheits- und Flüchtlingspolitik bereits richtig gestellt. Das können wir mit der Situation damals überhaupt nicht vergleichen. 1976 ging es in Kreuth um etwas anderes: um eine parteipolitisch motivierte Entscheidung und die Regierungsfähigkeit der Union. In Seeon tagen wir übrigens in diesem Jahr zum ersten Mal, weil die Tagungsstätte in Kreuth renoviert wird. Wir setzen also an einem neuen Ort die Akzente für dieses Jahr.
Max Straubinger ist Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe. Seit 1994 sitzt er im Deutschen Bundestag und vertritt den Wahlkreis Rottal-Inn.
tagesschau.de: Aber es ist doch offensichtlich, dass die Zusammenarbeit der Unionsparteien derzeit schwer belastet ist. CSU-Chef Horst Seehofer stellte nach dem Anschlag in Berlin sogar das gemeinsame Treffen der Parteien in München in Frage. Wie schlecht ist es um das Verhältnis von CDU und CSU bestellt?
Straubinger: Wir arbeiten gut mit der CDU zusammen. Unsere Schwesterpartei hat viele Forderungen von uns zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen mitgetragen. Wir haben ja das gleiche Ziel: Die Situation von 2015 darf sich nicht wiederholen. Jetzt wird es Zeit, dass die SPD mitzieht und dass die Grünen ihren Widerstand im Bundesrat gegen die Ausweitung der sicheren Herkunftsländer aufgeben. Die Union wird gemeinsam in den Wahlkampf ziehen, damit Deutschland eine rot-rot-grüne Blockadepolitik erspart bleibt.
tagesschau.de: Wenn es in der Union so harmonisch abläuft, warum fühlen sich dann führende CDU-Politiker genötigt, die CSU dazu aufzufordern, weiteres "Säbelrasseln" zu unterlassen?
Straubinger: Wir rasseln hier in Kloster Seeon nicht mit Säbeln. Wir unterbreiten vor dem Hintergrund des Anschlags in Berlin wichtige Vorschläge, um die Innere Sicherheit in Deutschland in diesem Land zu stärken. Das wird das entscheidende Thema dieses Jahres werden – auch im Bundestagswahlkampf.
tagesschau.de: Sie unterstützen die erneute Kanzlerkandidatur von Angela Merkel, doch in der CSU sind nicht alle so begeistert. Kann die Bundeskanzlerin auf die Unterstützung Ihrer Partei zählen?
Straubinger: Deutschland wird seit elf Jahren gut regiert. Der Wirtschaft geht es gut, die Arbeitslosigkeit ist auf einem Tiefstand, das spricht für sich. Angela Merkel ist außerdem die Richtige, um Europa gegen die starken Fliehkräfte, die wir derzeit wahrnehmen, wieder zusammenführen.
tagesschau.de: Welchen Spitzenkandidaten wird die CSU Angela Merkel im Wahlkampf zur Seite stellen?
Straubinger: Wir stellen unsere Liste zur Bundestagswahl am 6. Mai auf. Es ist also noch ein bisschen Zeit, bis diese Entscheidung fallen muss. Wir haben in unseren Reihen jedoch einige aussichtsreiche Kandidaten. Ich gehe davon aus, dass unsere Bundesminister dafür prädestiniert sind, die CSU in den Wahlkampf zu führen.
tagesschau.de: Horst Seehofer brachte im Herbst die Idee ins Spiel, den Parteivorsitz abzugeben, damit der neue Parteichef in Berlin mehr Einfluss auf die Bundespolitik nehmen kann. Ist dieser Plan noch aktuell?
Straubinger: Ich unterstütze diese Überlegung für die Zukunft ausdrücklich. Grundsätzlich ist es gut, wenn der CSU-Chef dem bundespolitischen Anspruch der Partei Nachdruck verleiht, indem er im Bund Verantwortung trägt.
tagesschau.de: Ihre Klausurtagungen sind für markige und provokante Beschlüsse bekannt. Diesmal fordern Sie unter anderem auf dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zurück nach Afrika zu bringen und die Anerkennung einer "Leitkultur" durch Asylbewerber. Mit wem wollen Sie solche Forderungen eigentlich umsetzen?
Straubinger: Der Bundesinnenminister hat sich ja bereits für einige unserer Vorschläge ausgesprochen. Das zeigt übrigens einmal mehr, dass CDU und CSU in diesen Fragen sehr nah beieinander sind. Jetzt werden wir Überzeugungsarbeit bei unserem Koalitionspartner leisten. Die SPD muss sich endlich bewegen. Unser Ziel ist es schließlich, diese Vorhaben noch vor der Bundestagswahl umzusetzen. Wir müssen Gefährder schnellstmöglich festsetzen können, damit wir Schaden von unserer Bevölkerung abwenden.
tagesschau.de: Ihre Forderungen wurden viel kritisiert, auch von Menschenrechtlern. Wie verträgt sich das mit dem "C" in Ihrem Parteinamen?
Straubinger: Das verträgt sich sehr gut. Ziel unserer Politik ist ja, den skrupellosen Menschenschleppern im Mittelmeer das Handwerk zu legen. Die Menschen müssen wissen, dass sie auf diesem Weg nicht nach Europa kommen. Schließlich gibt es andere Wege. Wer entsprechend ausgebildet ist, für den stehen legale, sichere Wege nach Europa zur Verfügung. Und ob jemand politisch oder religiös verfolgt wird und damit ein Anspruch auf Asyl besteht, kann man auch vor Ort überprüfen. Das muss nicht zwangsläufig in Europa geschehen.
Auch ein starkes Land wie Deutschland kann nicht unbegrenzt Menschen aufnehmen. Wir können deshalb unseren Ansprüchen an Humanität und eine gelungene Integration nur gerecht werden, wenn wir die Zahl der Menschen, die zu uns kommen, begrenzen.
tagesschau.de: Nach dem Anschlag von Berlin forderte Ihr Parteichef eine Neujustierung der Sicherheits- und Flüchtlingspolitik. Gleichzeitig bereitet die CSU in Bayern bereits einen weiteren Forderungskatalog zur Inneren Sicherheit vor. Worauf muss die Öffentlichkeit sich einstellen?
Straubinger: Ich bin nicht Teil dieser Arbeitsgruppe und weiß daher auch nicht, welche Überlegungen dort angestellt werden. Wenn es jedoch neue und sinnvolle Vorschläge zur Stärkung der Inneren Sicherheit gibt, dann werden wir uns mit ihnen auseinandersetzen und alles dafür tun, sie auch zu verabschieden. Jetzt steht für uns jedoch erst einmal die Beratung unserer Vorschläge an.