Steinmeier in der Türkei Döner und Differenzen
An Steinmeiers drittem Tag in der Türkei sind Differenzen deutlich geworden. Beim Treffen mit Präsident Erdogan ging es auch um den Gazastreifen und unterschiedliche Positionen. Einig waren sich beide zumindest beim Döner.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Präsident Recep Tayyip Erdogan hatten viel zu besprechen: Erst nach fast zwei Stunden kamen sie zu der abschließenden Pressekonferenz. Beide lobten die jahrzehntelangen wirtschaftlichen, kulturellen, familiären und freundschaftlichen Verbindungen von Deutschen und Türken ausführlich. Erdogan hob auch die Hilfe der Deutschen nach dem Erdbeben im Jahr 2023 hervor und bedankte sich. Also - keine Probleme?
Probleme in der Gaza-Frage
Nun ja. Jeweils am Ende ihrer Pressestatements gingen die beiden Präsidenten auf ihre Differenzen ein. Besonders deutlich wurden sie in der jeweiligen Betrachtung der Auseinandersetzungen in Gaza. Präsident Erdogan nannte sie ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", er habe den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu wiederholt aufgefordert, die "beispiellose Grausamkeit zu beenden".
Der Türkei (und sich selbst) bescheinigte Erdogan ein "gewissenhaftes, beschlossenes und mutiges Auftreten". Die Hamas und ihren brutalen Überfall vom 7. Oktober 2023 erwähnte der türkische Präsident dagegen mit keinem Wort.
Die deutsche Perspektive
Steinmeier wiederum verwies auf die deutsche Perspektive: "Ohne den 7. Oktober gäbe es auch den Krieg nicht", so der Bundespräsident. Die Hamas habe bei ihrem Überfall 1.200 Menschen ermordet und viele Geiseln genommen.
Apropos Hamas: Erdogan nennt sie eine "Befreiungsorganisation", hatte den Hamas-Auslandschef Ismail Hanija am Wochenende freundlich in Istanbul empfangen und Unterstützung zugesagt. Für die EU ist die Hamas dagegen eine Terrororganisation. Weiter kann man nicht auseinanderliegen.
Dennoch fand Steinmeier auch hier eine Gemeinsamkeit: Man sei sich einig, dass die humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen verbessert werden müsste. Man wolle verhindern, dass sich die Lage im Nahen Osten zu einem Flächenbrand ausweite. Die Beziehungen müssten genutzt werden, damit die israelischen Geiseln freigelassen würden.
Der Preis für bessere wirtschaftliche Beziehungen
Verbesserungen bei der Visaerteilung für türkische Staatsbürger hat Erdogan im Laufe der Jahre immer wieder mal angemahnt, auch den wirtschaftlichen Austausch möchte er weiter verstärken. Deutschland habe daran ein handfestes Interesse, sagte Steinmeier.
Aber die Bedingungen dafür seien Rechtssicherheit, Rechtsstaatlichkeit und die Beachtung der Menschenrechte. Das ist deutlich. Aber auch hier gelang es dem Bundespräsidenten, die Härte abzumildern: Man könne vorankommen, die Menschen in der Türkei wollten das, sie seien europäisch orientiert.
Döner - auch im Präsidentenpalast
Am Ende ging es auch nochmal kurz um den Döner aus Berlin, den Steinmeier bei einem Empfang in der Kulturakademie Tarabya hatte servieren lassen. Nicht von allen wurde dieses Mitbringsel positiv aufgenommen - zum Teil sogar harsch kritisiert.
Steinmeier zu Beginn seiner Türkei-Reise mit dem Berliner Gastronom Arif Keles bei einem Empfang.
Steinmeier zählte dagegen die Menschen auf, die Teil seiner Delegation waren, und die "das neue Deutschland mitgeprägt haben": Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz, der Autor Dincer Gücyeter, der Schauspieler Adnan Maral, der Hannoveraner Oberbürgermeister Belit Onay oder die Bundestagsabgeordnete Serap Güler.
Der Döner des Gastronomen Arif Keles gehöre zu dieser Vielfalt, so der Bundespräsident. "Ich hoffe, dass das verstanden wird." Erdogan scheint es verstanden zu haben: Auch er ließ zum Abschied Döner servieren.
Auch zum Abschied gab es wieder Döner. Dieses Mal im Präsidentenpalast - serviert beim Mittagessen mit Erdogan.