Anschlag auf Stromversorgung Faeser warnt vor linksextremistischer Gefahr
Nach dem Anschlag auf die Stromversorgung des Tesla-Werks vermutet die Politik die Täter im linksextremen Spektrum. Innenministerin Faeser kündigte ein hartes Vorgehen an. Die Produktion dürfte länger stillstehen als zunächst angenommen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nach dem mutmaßlichen Brandanschlag auf die Stromversorgung nahe dem Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide vor einer von der gewaltbereiten linksextremistischen Szene ausgehenden Gefahr gewarnt. "Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätigt, dann ist das ein weiterer Beleg dafür, dass Linksextremisten selbst vor schweren Eingriffen in unsere Energieinfrastruktur nicht zurückschrecken", sagte Faeser der Rheinischen Post.
Die Sicherheitsbehörden handelten daher "entschieden". "Insgesamt gilt: Das vom Linksextremismus ausgehende Gefährdungspotenzial ist nach wie vor hoch", sagte Faeser. "Die in den letzten Jahren gestiegene Radikalisierung in Teilen der gewaltbereiten Szene hat sich auf einem hohen Niveau verstetigt." Auch das Personenpotenzial der gewaltbereiten Autonomen sei zuletzt weiter gewachsen. Der mutmaßliche Anschlag bei Grünheide zeige "eine enorme kriminelle Energie" und sei "durch nichts zu rechtfertigen".
Auch Vizekanzler Robert Habeck verurteilte den Anschlag. Er sprach von einem Verbrechen, das aufgeklärt werden müsse. Es sei "in jeder Hinsicht falsch und in keinster Hinsicht zu akzeptieren". Die politische Debatte in Deutschland dürfe aber nicht abrutschen, sagte Habeck. "Ich habe schon das Gefühl, wir sind jetzt an einer Weiche angekommen, und die darf nicht falsch gestellt werden."
Produktion steht wohl auch kommende Woche still
Unbekannte hatten nach Polizeiangaben am Dienstag im Landkreis Oder-Spree einen Hochspannungsmast in Brand gesetzt, woraufhin die Stromversorgung in zahlreichen Ortschaften sowie in dem nahen Tesla-Werk in Grünheide ausfiel.
Nach Angaben von Tesla kam es zu einem Produktionsstillstand, der Schäden von mehreren hundert Millionen Euro verursachen dürfte. Das Unternehmen rechnet damit, dass die Produktion bis voraussichtlich Ende nächster Woche unterbrochen bleibt, wie die Nachrichtenagentur dpa und die Bild-Zeitung berichten. Zuvor war Tesla davon ausgegangen, die Fertigung am nächsten Montag wieder aufnehmen zu können.
Polizei: Bekennerschreiben auf Internetplattform echt
Auf der linksextremistischen Internetplattform Indymedia war nach dem mutmaßlichen Anschlag ein Bekennerschreiben der Organisation "Vulkangruppe" aufgetaucht. Die Polizei stufte das Schreiben als echt ein. "Wir schätzen das Schreiben als echt ein, als authentisch", sagte eine Polizeisprecherin. Die Ermittler sprechen bisher jedoch nicht von einem Anschlag. "Wir reden immer noch von vorsätzlicher Brandstiftung."
Die "Vulkangruppe" hatte in ihrem Schreiben mitgeteilt, sie habe Tesla sabotiert. Die Gruppe wirft dem Konzern "extreme Ausbeutungsbedingungen" vor.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen nannte den mutmaßlichen Brandanschlag "Ökoterrorismus". Der Rechtsstaat werde "mit Härte" reagieren, sagte er der Bild-Zeitung. "Bei Terrorismus gibt es kein Pardon, das gilt auch für Ökoterrorismus." Durch die Tat seien "bewusst Tausende Menschen von der Grundversorgung abgeschnitten" worden.
DIHK fordert besseren Schutz kritischer Infrastruktur
Der Anschlag auf die Stromversorgung des Tesla-Werks zeigt nach Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer, dass sich physische Sicherheit und die Sicherheit von Daten und Informationen nicht mehr trennen lassen. "Politik und Wirtschaft sind gemeinsam gefordert, die Sicherheit der Netze und kritischer Anlagen zu gewährleiste", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.
Die Bundesregierung müsse gesetzliche Regelungen dazu endlich voranbringen. Mit Blick auf die kritischen Infrastrukturen gehe das sogenannte Kritis-Dachgesetz in die richtige Richtung, sagte Wansleben. Es habe das Ziel, das Schutzniveau von Betreibern kritischer Anlagen zu verbessern und deren eigene Sicherheitsbemühungen zu unterstützen. "Die Maßnahmen sollten daher im Zusammenhang mit den Regelungen zum Cyberschutz von kritischen Infrastrukturen betrachtet werden", sagte der DIHK-Hauptgeschäftsführer. Die Bundesregierung verschleppe aber die Verabschiedung des zugehörigen Gesetzes seit Monaten.
VW produziert Strom auf Werksgelände
Einzelne Unternehmen haben schon vor längerer Zeit Vorkehrungen getroffen, um den Betriebsablauf zu gewährleisten. Volkswagen etwa sieht sich bei der Stromversorgung für sein Stammwerk in Wolfsburg auf der sicheren Seite. Den Strom fürs Werk produziere VW dort selbst, das Kraftwerk stehe direkt auf dem Werksgelände und beliefere auch die umliegende Stadt mit Strom und Fernwärme. Ein Sprecher sagte, die Versorgung des Werks mit Energie sei dadurch sichergestellt.