Hochwasserlage in Deutschland Banger Blick auf die Talsperren
Dauerregen hat Flüsse und Bäche in vielen Gegenden Deutschlands kräftig gefüllt. In Niedersachsen konnten Deichbrüche vorerst abgewendet werden. Sorgen machen derzeit vor allem vollgelaufene Talsperren in der Mitte des Landes.
Andauernder Regen und durchgeweichte Böden sorgen weiter für Hochwassergefahr in etlichen Gegenden Deutschlands. Tausende Helfer sind derzeit im Dauereinsatz.
Harztalsperren stark gefüllt
Angespannt bleibt die Lage vor allem in einigen Regionen in der Mitte Deutschlands. Die Oker-Talsperre und die Innerste-Talsperre im Harz sind nach Angaben der Harzwasserwerke zu über 100 Prozent gefüllt. Auch die Wassermenge in den übrigen Talsperren geht demnach auf 100 Prozent zu.
Die Stadtverwaltung Braunschweig teilte mit, dass über den Überlauf der Staumauer nun mehr Wasser in die Oker abgegeben werde. Statt 16 Kubikmeter pro Sekunden fließen nun 30 Kubikmeter pro Sekunde in den Fluss. Die Hochwasserlage in Braunschweig werde diese Maßnahme weiter verschärfen. Es werde erwartet, dass die Welle in den späten Abendstunden in der Stadt ankomme.
Es sei möglich, dass der Überlauf an der Talsperre im Laufe des Tages weiter geöffnet werden und sich die Wassermenge dadurch weiter erhöhe. Man gehe aber weiter davon aus, dass sich die durch die Oker und deren Nebenflüsse verursachten Überschwemmungen auf die ausgewiesenen Überschwemmungsgebiete beschränken.
Aufgeweichte Deiche vorerst stabilisiert
In Leer in Niedersachsen versuchten in der Nacht Hunderte Feuerwehrleute, Deiche mit Sandsäcken zu stabilisieren und Deichbrüche zu verhindern. In den ostfriesischen Gemeinden Langholt und Uplengen konnten aufgeweichte und teilweise gebrochene Deiche vorerst gesichert werden. An beiden Orten sei jetzt der Höchstwasserstand erreicht, das Wasser steige nicht mehr, teilte die Feuerwehr mit.
Einsatzkräfte der Feuerwehr versuchen mit Sandsäcken die Ortschaft Langholt in Niedersachsen zu sichern.
Auch im Landkreis Oldenburg drohte laut Feuerwehr ein Deich, instabil zu werden. Die Bewohner zweier Straßen müssten evakuiert werden, teilte die Feuerwehr in der Nacht zu Dienstag mit. Der Deich wurde durch das Hochwasser stark beschädigt, und Einsatzkräfte setzen alles daran, ihn mit Sandsäcken zu sichern.
In Rinteln im Landkreis Schaumburg wurden am Morgen mehr als 100 Menschen evakuiert. Die Keller der Häuser in der Straße Ost-Contrescarpe, die direkt hinter der Stadtmauer liegen, sind vollgelaufen.
Leichte Entspannung in Windehausen
In Thüringen ist besonders der Ort Windehausen im Kreis Nordhausen betroffen. Dort spitzte sich die Hochwasserlage so zu, dass am ersten Weihnachtsfeiertag die komplette Räumung des knapp 500 Einwohner zählenden Ortsteils von Heringen notwendig wurde. Es seien noch schätzungsweise 100 Menschen in dem Ort, sagte Heringens Bürgermeister Matthias Marquardt.
Inzwischen ist die Lage nach Einschätzung der Einsatzkräfte stabil. Windehausen sei zwar nach wie vor vom Hochwasser eingeschlossen, jedoch sei an manchen Stellen bereits ein ganz leichter Wasserrückgang zu verzeichnen, teilte ein Sprecher der Feuerwehr mit. Entwarnung könne deswegen aber noch nicht gegeben werden. Wie MDR-Reporterin Marie Landes berichtet, ist auch der hohe Grundwasserspiegel ein Problem.
Für den Ort wurde zudem am Mittag ein Verbot zum Betreten verhängt. Damit solle die begrenzte Zufahrt für die Rettungskräfte frei- und Katastrophentouristen abgehalten werden, sagte Marquardt. Keines der Häuser sei einsturzgefährdet, allerdings gebe es weiterhin keinen Strom und auch die Toiletten funktionierten wegen der überfluteten Kanalisation nicht. Wann die Bewohner wieder nach Windehausen zurückkehren können, werde am Mittwoch beraten.
In ganz Thüringen entspannte sich die Hochwasserlage am Morgen. Auch in den besonders betroffenen Gebieten in Südthüringen konnte leichte Entwarnung gegeben werden, die Lage bleibt jedoch weiter angespannt. Derzeit liegen noch vier Pegel in Süd- und Nordthüringen über der Meldestufe zwei. Das betrifft die Helme bei Sundhausen, die Werra bei Gerstungen sowie die Nahe bei Hinternah und die Schleuse bei Rappelsdorf.
Zweithöchste Alarmstufe in Teilen Sachsen-Anhalts
Auch in Sachsen-Anhalt hatte der Landesbetrieb für Hochwasserschutz gestern für mehrere Flüsse die zweithöchste Alarmstufe ausgerufen, darunter etwa die Mulde mitsamt ihren Zuflüssen, die Weiße Elster in Halle und im Saalekreis und die Ohre im Landkreis Börde.
Die sächsische Landeshauptstadt Dresden wappnet sich für einen weiter ansteigenden Pegelstand der Elbe. Im Bereich des Terrassenufers wurden gestern Nachmittag die ersten mobilen Flutschutztore aufgebaut. In Nordrhein-Westfalen sind die Weserzuflüsse im östlichen Landesteil besonders stark betroffen. Die Pegelstände verharren meist noch auf sehr hohem Niveau. An der Ruhr und im Einzugsgebiet von Lenne und Weser sollen sie aber am Mittwoch deutlicher zurückgehen.
In Bayern hat sich die Hochwasserlage dagegen weitestgehend beruhigt. In weiten Landesteilen werden mittlerweile gleichbleibende oder rückläufige Pegelstände verzeichnet. Lediglich in Unterfranken und Oberpfalz meldeten die Behörden aufgrund des Regens nach wie vor hohe oder leicht steigende Wasserstände.
Unwetterwarnungen aufgehoben
Am Mittag hob der Deutsche Wetterdienst (DWD) alle seine zeitweise für mehrere Bundesländer geltenden Unwetterwarnungen auf. Der Regen habe nachgelassen beziehungsweise an Intensität verloren, teilte der DWD mit. "Bis auf Weiteres ist mit keinen ergiebigen Niederschlägen zu rechnen." Allerdings bleibe die Hochwasserlage an den Flüssen teilweise noch sehr angespannt.
Zuvor hatte der Wetterdienst vor ergiebigem Dauerregen in manchen Mittelgebirgen gewarnt. Betroffen waren zuletzt noch Teile von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wie es in einer Unwetterwarnung vom Montagabend geheißen hatte. Auch für Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Sachsen galten seit dem Wochenende zeitweise Unwetterwarnungen wegen des Dauerregens.
Für die kommenden Tage sagt der DWD wechselhaftes Wetter voraus. Die Dauerregensituation ende, die vor allem dem Norden, Nordwesten sowie den mittleren Landesteilen wiederholt kräftige Niederschläge gebracht hat, teilte der DWD mit. Ende der Woche nehme die Regenmenge voraussichtlich wieder zu, am Mittwoch breitet sich Regen von Westen in den Nordwesten aus. An der See und im angrenzenden Binnenland wird es stürmisch.
Auswirkungen auf Bahnverkehr
Auch die Bahn kämpft mit den widrigen Wetterbedingungen. Voraussichtlich noch bis Mittwoch ist der Bahnverkehr auf der Strecke zwischen Hannover und Magdeburg beeinträchtigt. IC-Züge würden in beiden Fahrtrichtungen umgeleitet und verspäteten sich dadurch um etwa 30 Minuten, teilte die Deutsche Bahn auf ihrer Internetseite mit. Hintergrund sind demnach Gleisunterspülungen auf der Strecke von Magdeburg nach Helmstedt.