Arbieter in Klettermontur bei der Montage eines 5G Mobilfunksender

5G-Mobilfunknetz Innenministerium will Huawei stark einschränken 

Stand: 19.09.2023 18:00 Uhr

Chinesische Komponenten sollen beim 5G-Ausbau nicht generell verboten werden. Das Innenministerium will deren Gebrauch aber stark einschränken - unter anderem in Regionen mit kritischer Infrastruktur.

Es hat mehrere Jahre gedauert, bis sich das Bundesinnenministerium bei Huawei festgelegt hat. In der Regierungszeit von Angela Merkel (CDU) scheute Deutschland noch, den chinesischen Anbieter beim Ausbau des wichtigen 5G-Netzes auszugrenzen. Schon das IT-Sicherheitsgesetz 2021 schuf dafür dann aber die theoretische Möglichkeit. Und nun will das Innenministerium die Hebel des Gesetzes offenbar nutzen - ohne dabei auf maximale Konfrontation mit den Chinesen zu gehen.

Das Bundesinnenministerium hat sich entschieden, den Einfluss von chinesischen Anbietern von Komponenten für das 5G-Netz stark einzuschränken. Ein komplettes Verbot soll dagegen vom Tisch sein. Auch andere Medien berichten.

Austausch von verbauten Komponenten?

Im sogenannten Kernnetz soll der Einsatz von Komponenten der chinesischen Anbieter Huawei und ZTE zwar tatsächlich untersagt werden. Im sogenannten Zugangs- und Transportnetz auf der "letzten Meile", zu der etwa die Funkmasten gehören, soll es jedoch erlaubt sein, bei insgesamt 25 Prozent der in Deutschland verbauten Stationen auf die chinesischen Anbieter zurückzugreifen. Die neue Regel könnte dazu führen, dass bereits verbaute Komponenten zum Teil ausgetauscht werden müssen. 

Der Plan des Bundesinnenministeriums sieht nach Informationen von WDR und NDR vor, dass schon ab Anfang 2026 im Kernnetz keine kritischen Komponenten von Huawei oder ZTE verbaut werden dürfen. Im Zugangs- und Transportnetz schlägt man offenbar eine Übergangsfrist vor - innerhalb von drei Jahren soll der Anteil der chinesischen Hersteller auf jene 25 Prozent zurückgefahren werden.

Im Innenministerium hält man diesen Eingriff für verhältnismäßig: Neben der Sicherheit werde eine Verfügbarkeit der Netze gewährleistet.

Abstimmung in den Ressorts steht noch aus

Das Bundesinnenministerium will seinen Vorschlag jetzt zügig mit den weiteren beteiligten Ressorts besprechen. Zuletzt setzte sich vor allem das Digitalministerium dafür ein, die Technik der chinesischen Anbieter weiterhin zu nutzen. Das Auswärtige Amt dagegen betonte in der Vergangenheit vor allem die Sicherheitsrisiken. In den Prozess sind auch der Bundesnachrichtendienst (BND) sowie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eingebunden. 

Mit Blick auf vermutete Sicherheitsrisiken sollen künftig in Deutschland Regionen festgelegt werden, in denen Huawei- und ZTE-Technik in keiner Weise verbaut werden darf. Dazu sollen die Hauptstadtregion oder die Gegend um Bonn gehören, in denen unter anderem Ministerien angesiedelt sind - ebenso Metropolen und Wirtschaftsregionen wie München oder Hamburg.

Auch im Umkreis von Einrichtungen, die als kritische Infrastruktur eingestuft sind, will man kein Risiko eingehen und die chinesischen Anbieter verbieten. Als weitere schützenswerte Einrichtungen gelten zum Beispiel militärische Standorte. 

Als 5G-Technologie wird der neue sehr schnelle Mobilfunkstandard beschrieben. Weil immer mehr Bereiche des Lebens, wie etwa Kommunikation, Energieversorgung oder Logistik, miteinander vernetzt sind, gilt 5G vielen als künftig wichtigste Infrastruktur - nicht nur in der Bundesrepublik. Deshalb will die Regierung die 5G-Infrastruktur besonders vor Spionage oder Sabotage sichern.

Während vor wenigen Jahren in deutschen Sicherheitskreisen noch explizit vor einer Spionagegefahr durch chinesische Komponenten gewarnt wurde, argumentiert das Innenministerium heute anders: Als Gefahr wird mittlerweile weniger ein möglicher Datenabfluss nach China gesehen.

Marktmacht chinesischer Anbieter im Fokus

Vielmehr rückt die aktuelle extreme Marktmacht chinesischer Anbieter in den Fokus. Laut einer vor wenigen Monaten veröffentlichten Analyse der Telekommunikationsberatung Strand Consult ist Huawei aktuell für 59 Prozent des 5G-Netzes in Deutschland verantwortlich. 

In technischer Hinsicht sei es offenkundig, dass in den öffentlichen 5G-Mobilfunknetzen erhebliche strukturelle Abhängigkeiten von Huawei und ZTE bestehen, heißt es aus dem Innenministerium. Man sehe daher einen dringenden Handlungsbedarf.

Huawei selbst hat Sicherheitsbedenken in der Vergangenheit immer wieder zurückgewiesen. Man wies darauf hin, stets verlässlich gewesen zu sein und eine sehr gute Sicherheitsbilanz vorweisen zu können. 

 

Die aktuelle Marktmacht bedeutet für das Bundesinnenministerium offensichtlich ein derart großes Risiko, um jetzt einzuschreiten. Die rechtlichen Hürden dafür sind hoch: So müssen die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik durch den Einsatz bedroht sein.

Angesichts der zunehmenden Konfrontation mit dem Regime in Peking wird eine zu enge Verbindung zwischen chinesischen Unternehmen und dem Staat als potenzielles Risiko für das wichtige deutsche 5G-Netz betrachtet.

5G-Netz als "Zentralnervensystem"

Das Innenministerium sieht also keine konkrete Gefahr, wohl aber die Möglichkeit, dass bei einem Konflikt relevante Bereiche in Deutschland betroffen sein könnten. Im Innenministerium wird das 5G-Netz als "Zentralnervensystem" des Wirtschaftsstandortes Deutschland betrachtet. 

In der Bundesregierung haben der russische Angriffskrieg und seine Folgen Spuren hinterlassen. So hatte die gedrosselte Gasversorgung gezeigt, wie abhängig man von Russland war. Ein plötzlicher "Kill-Switch", bei dem 5G-Komponenten plötzlich ausfallen, könnte große Auswirkungen haben, heißt es in Sicherheitskreisen. Möglicherweise wären vorübergehend etliche komplexe Systeme betroffen, die vom 5G-Netz abhängen - zum Beispiel Energieversorger.

Bis Donnerstag sollen die Netzbetreiber auf einen umfangreichen Fragenkatalog des Innenministeriums antworten. Das Ministerium von Nancy Faeser (SPD) möchte erfahren, welche Sicherheitsrelevanz verbaute Teile haben. Anschließend will das Innenministerium anfangen, seine Pläne umzusetzen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 06. März 2023 um 22:15 Uhr.