Mögliche Umsturzpläne Gegner von Corona-Maßnahmen in Portugal festgesetzt
In Portugal ist ein Deutscher festgenommen worden, der sich offenbar mit anderen als Reaktion auf die Corona-Maßnahmen bewaffnet hatte. Laut Panorama und STRG_F handelt es sich um einen Mann aus Rheinland-Pfalz.
Ein mit Haftbefehl gesuchter Deutscher, der sich offenbar mit anderen wegen der Corona-Maßnahmen bewaffnet hatte, ist in Portugal festgenommen worden. Nach Informationen des ARD-Politikmagazins Panorama und des Rechercheformats STRG_F handelt es sich dabei um den 39-jährigen Joachim T. aus Rheinland-Pfalz.
Europäischer Haftbefehl
Portugiesische Behörden hatten den flüchtigen Joachim T. Ende November festgesetzt. Der Deutsche war mit einem Europäischem Haftbefehl gesucht worden, weil er als Rädelsführer einer mutmaßlich kriminellen Vereinigung gilt. Der Gruppe wird vorgeworfen, sich im Kampf gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen bewaffnet zu haben.
Joachim T. hatte sich nach NDR-Recherchen im Rahmen der Corona-Pandemie radikalisiert. Vorgeworfen wird ihm, Anfang 2021 eine bewaffnete Gruppierung unter der Bezeichnung "Paladin" gegründet zu haben. Gegen T. und zwei mutmaßliche Mittäter hat die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz inzwischen Anklage erhoben.
Anfang 2022 hatte T. in einem Interview mit Panorama und STRG_F bestritten, eine bewaffnete Gruppe gegründet zu haben. Schon zuvor, Mitte 2021, war T. einmal festgenommen worden, nachdem er mithilfe von 3D-Druckern eine Waffe und zahlreiche Teile für Schusswaffen hergestellt hatte. Er hatte versucht, die halbautomatische Pistole einem verdeckt ermittelnden Polizisten zu verkaufen.
Wegen der illegalen Waffenproduktion war T. Anfang 2022 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Gericht stellte damals unter anderem fest, dass der Physiotherapeut T. wegen seiner Weigerung, bei der Arbeit eine Maske zu tragen, seine Anstellung verloren hatte.
Waffenbau wegen Corona-Maßnahmen
"Die Gesundheit wird politisiert", sagte T. kurz nach der Verurteilung im Interview mit Panorama und STRG_F zu den Corona-Maßnahmen in Deutschland. "Es endet immer in einer Katastrophe, wenn man sich historisch anschaut, was passiert, wenn Politiker einem vorschreiben, was gesund ist und was nicht. Daraus ist für mich die Angst entstanden, also wirklich eine große Angst. Und daraus der Gedanke, sich verteidigen zu müssen. Dadurch bin ich auf Waffenbau gekommen." Er habe befürchtet, dass "die Grundordnung komplett zusammenbrechen wird".
Im Rahmen der Ermittlungen zur illegalen Herstellung von Waffen stieß die Polizei bei Auswertungen von Chats auf Hinweise, dass sich Joachim T. nicht allein bewaffnete. Es folgten umfangreiche Nachforschungen, die von der Zentralstelle zur Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz geleitet wurden.
Nach Recherchen von Panorama und STRG_F hatte T. unter anderem auf Telegram und Facebook versucht, Mitstreiter zu finden und sich zu vernetzen. Auch an Versammlungen, die sich gegen die Corona-Maßnahmen richteten, nahm T. teil. Im Internet warb T. für bewaffnete Kleingruppen, die "in den konsequenten Widerstand gegen die verbrecherische Willkür gehen". Gemeint waren damit die staatlichen Corona-Maßnahmen. In einer Audio-Botschaft fragte T.: "Also wann beginnst Du, Dich bewaffnet wehrhaft zu organisieren?"
Die Ermittler konnten zwei mutmaßliche Komplizen von T. identifizieren: Ein 56-Jähriger und ein 63-Jähriger. Alle drei Verdächtigen stammen aus dem Landkreis Bernkastel-Wittlich in Rheinland-Pfalz.
Anklage gegen das Trio "Paladin"
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz erhob nun im Sommer Anklage gegen T. und die beiden weiteren Männer. Ihnen werden die Bildung einer kriminellen Vereinigung, die Bildung einer bewaffneten Gruppe und Waffendelikte vorgeworfen. T. gilt laut Anklage als Rädelsführer der Vereinigung, die zwischen Februar und Mai 2021 bestanden haben soll.
Den drei Beschuldigten wird zur Last gelegt, "die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie abgelehnt und darin lediglich einen Vorwand des Staates zur Abschaffung der Grundrechte gesehen zu haben", sagt ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft auf Anfrage von Panorama und STRG_F.
Daraus hätte das Trio "für sich die Berechtigung abgeleitet", "sich zu bewaffnen und gewaltsamen Widerstand gegen staatliche Maßnahmen zu leisten", so die Anklagebehörde. Allerdings haben die Ermittler keine Hinweise dafür gefunden, dass schon konkrete gewaltsame Aktionen ins Auge gefasst wurden.
An Treffen in Tarnuniform im Wald teilgenommen
Im Interview hatte T. Anfang 2022 bestätigt, dass er an Treffen in Tarnuniform im Wald teilgenommen habe. Er bestritt jedoch den Vorwurf, er habe eine bewaffnete Gruppe gegründet. Wehrsportübungen und Schießtrainings habe es nicht gegeben, sagte er. Es sei "sehr viel harmloser gewesen".
Nach Angaben der Ermittler setzte sich T. spätestens im Juni 2023 ins Ausland ab, konnte jedoch Ende November festgenommen werden. Inzwischen sitzt T. laut Generalstaatsanwaltschaft in Portugal in Auslieferungshaft. Das Landgericht Koblenz muss nun über die Zulassung der Anklage gegen das Trio entscheiden. Zu den Vorwürfen will sich T.s Verteidigerin auf Anfrage nicht äußern.