Parlamentswahl in Frankreich Ein Denkzettel für den Präsidenten
Macron wollte jupitergleich das Land führen, doch mit diesem Stil ist er gescheitert. Die Französinnen und Franzosen haben ihn abgestraft. Mit dem Durchregieren ist es vorbei.
Die französischen Wählerinnen und Wähler haben einen Denkzettel in die Wahlurne geworfen - einen Denkzettel für Präsident Macron. Darauf steht "Schluss mit der Politik von oben, Schluss mit der Geringschätzung des Parlaments."
Macrons Bündnis verliert die absolute Mehrheit und zwar haushoch. Der Präsident, der einmal sagte, er wolle "jupitergleich" das Land führen, kann von nun an nicht mehr durchregieren, sondern muss sich Partner suchen, um seine Reformen durchzusetzen. Eine Zumutung für den Mann, der lieber solo spielt und wenig übrig hat für die langwierigen, zähen und manchmal unperfekten Prozesse der Demokratie.
Selbstherrlichkeit stärkt die Ränder
Noch vor ein paar Tagen kanzelte Macron seine politische Konkurrenz indirekt als unrepublikanisch ab. Als seien alle, die ihn und sein Bündnis kritisieren gleich Feinde der Republik! Vor dem ersten Wahlgang verkündete er, einen sogenannten Nationalen Rat für die Neugründung schaffen zu wollen - ein durch nichts legitimiertes Gremium aus Vertretern der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und der Verbände, das über seine Reformpläne beraten soll. Wozu dann noch ein Parlament, fragten sich viele Französinnen und Franzosen völlig zurecht.
Diese selbstherrliche Art, das Land zu führen hat zu zweierlei geführt: Einer krassen Stärkung der linken und rechten Ränder, und zu einer erneut desaströsen Wahlbeteiligung von nur 46 Prozent. Weit über die Hälfte der Menschen in Frankreich wünschten sich laut Umfragen ein Gegengewicht zum schier allmächtigen Präsidenten Macron und seinem Abnick-Verein im Parlament. Das hat geklappt.
Krise als Chance
Macron kann nicht mehr machen, was er will. Die durch und durch präsidiale Republik ist erschüttert. Stärkste Oppositionskraft ist das Linksbündnis NUPES, zweitstärkste Kraft der extrem rechte Rassemblement National. Das Zünglein an der Waage könnten die schon tot gesagten konservativen Republikaner werden.
Schon heißt es, Frankreich werde mit diesem Wahlergebnis unregierbar. Das schwierige Kräfteverhältnis werde zu Chaos führen. Aber das sogenannte Chaos könnte für diese verkrustete Republik heilsam sein. Sie muss jetzt den Mut haben, sich neu zu erfinden. Sie muss den Präsident schwächen und das Parlament stärken.
Das geht, indem sich alle Parteien endlich darauf einigen, das Mehrheitswahlrechts abzuschaffen und das Verhältniswahlrecht einzuführen. So fühlten sich wieder mehr Menschen in der Nationalversammlung angemessen vertreten. Und den Denkzettel könnten sie am Wahltag zuhause lassen.
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