Anklage gegen Ex-Präsident Trump Klare Worte für taube Ohren
Ein Blick in die Anklageschrift gegen Trump lohnt durchaus: 41 Seiten voller Klarheit und Sachlichkeit. Ein deutlicher Kontrast zu den lautstarken, populistischen Tönen des Ex-Präsidenten und seiner Anhänger.
In den USA wird gerade viel davon gesprochen, was junge Menschen nicht lesen sollten - aber weniger darüber, welche Texte Pflichtlektüre sein müssten. Ein Vorschlag: die 41 Seiten starke Anklageschrift gegen Donald Trump. Ein klarer, gut verständlicher Text in sachlicher Sprache, übersichtlich gegliedert, ein Lehrstück in Sachen Staatsbürgerkunde.
Das darf durchaus ohne Ironie verstanden werden. Diese unaufgeregte Anklageschrift bringt eine wohltuende Ruhe und Klarheit. Während die US-Sender seit Tagen atemlos an- und abfahrende Limousinen und Flugzeuge abfilmen - Nachrichtenwert Null - und während die Zeitungen alle paar Minuten ihre Berichte updaten, während Experten sich die Köpfe zerbrechen, ob ein US-Präsident aus dem Gefängnis regieren kann, breitet dieser Text zunächst einmal nur aus, was passiert ist.
Geheime Dokumente im Badezimmer
Donald Trump, der frühere Präsident, hat kistenweise Dokumente aus dem Weißen Haus mit nach Hause genommen, weil er meinte, sie seien seine. Er hat sie in Toiletten und Ballsälen gelagert. Er hat auf mehrfache Aufforderungen, das Material ans Nationalarchiv abzugeben, nicht reagiert. Er hat offenbar Mitarbeiter angestiftet, darüber zu lügen, womöglich auch selbst gelogen. Und er hat Unbefugten geheime Dokumente gezeigt. Welche Konsequenzen das nun für Trump hat, darüber entscheidet der amerikanische Rechtsstaat.
Falsche Behauptungen trotz klarer Fakten
So klar dieses Verfahren ist, so bestürzend sind die Reaktionen der konservativen Welt darauf. Nur sehr wenige Republikaner finden, Trump müsse nun gehen. Einige sind immerhin schockiert davon, wie leichtfertig er Staatsgeheimnisse und damit das Leben von Militärangehörigen aufs Spiel setzt.
Die Allermeisten allerdings ignorieren die Anklageschrift und behaupten rundheraus, es gebe keinen Rechtsstaat mehr in den USA. Die Justiz werde von der Regierung instrumentalisiert, um einen Gegner mundtot zu machen. Und überhaupt: Joe Biden und Hillary Clinton hätten das Gleiche getan und seien nicht belangt worden.
Republikaner stellen Trump über Recht und Gesetz
Bedrückend ist, dass diese Zweifel am Rechtsstaat nicht nur von den bekannten Extremisten verbreitet werden, sondern auch von einigen, die selbst Präsident werden wollen - von denen, die behaupten, anders und besser als Trump zu sein.
Ja, die Demokraten haben oft selbst den Bogen überspannt und sich angreifbar gemacht. Und auch Biden steht nicht über dem Gesetz. Aber nicht er ist es, der die Demokratie in den USA kaputt macht - wie es Donald Trump nach seinem Tag im Gericht wieder behauptet hat. Sondern es sind Trump und die Republikaner, die Trump über Recht und Gesetz stellen.
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