Lastwagen mit Hilfsgütern stehen am Grenzübergang Rafah in Richtung Gazastreifen.
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Nahost-Krieg ++ Israel will mehr Hilfe für Gaza zulassen ++

Stand: 07.12.2023 23:05 Uhr

Israel will den Grenzübergang Kerem Schalom für Inspektionen von Gütern öffnen - so soll mehr Hilfe nach Gaza gelangen. Die Hamas hat laut Israels Armee Raketen aus einer "humanitären Zone" heraus abgefeuert. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen.

07.12.2023 • 23:05 Uhr

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Hiermit schließen wir unseren Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Nach Angaben von Helfern sind neue Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung am Donnerstag im Gazastreifen eingetroffen. 69 Lastwagen mit Hilfsgütern seien über den Grenzübergang Rafah in das abgeriegelte Küstengebiet gefahren, teilte der Palästinensische Rote Halbmond auf X mit. Die Laster seien mit lebenswichtigen Vorräten beladen gewesen.

Aufgebrachte Zivilisten im Gazastreifen hatten am Mittwoch UN-Hilfslieferungen geplündert. Sie warfen dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA vor, notleidenden Einwohnern nicht ausreichend zu helfen. Das Hilfswerk sprach von einem "besorgniserregenden Zeichen, dass die zivile Ordnung zusammenbricht". Viele Menschen seien verzweifelt. Vorwürfe, dass UNRWA Hilfsgüter horte, seien "falsch, unredlich und nicht hilfreich". Augenzeugen hatten zuvor bereits berichtet, Mitglieder der islamistischen Hamas hätten Hilfslieferungen von Lastwagen gestohlen und in ihren Autos mitgenommen, teilweise mit Waffengewalt.

Die UN beklagen, dass wegen der intensiven Kämpfe weniger Hilfe in den Süden des Gazastreifens gelange. Die Organisation warnt, sie komme angesichts der dramatischen Lage nicht mehr mit der Versorgung der Einwohner hinterher.

Die US-Regierung hat nach eigenen Angaben Israel keine harte Frist für ein Ende der Einsätze gegen die Hamas im Gazastreifen gesetzt. Wenn der Krieg jetzt zu Ende ginge, wäre die Hamas immer noch eine Bedrohung für Israel, sagte John Finer, Berater für nationale Sicherheit im Präsidialamt, auf dem Aspen Security Forum. Im Süden des Gazastreifens gebe es noch zahlreiche Ziele für israelische Angriffe.

US-Außenminister Antony Blinken hat die israelische Regierung aufgefordert, alles zu tun, um die Zahl der zivilen Opfer im Gazastreifen zu reduzieren. Diese sei nach wie vor zu hoch, sagte Blinken in einem Telefonat mit Ron Dermer, dem israelischen Minister für Strategische Fragen, wie aus dem US-Außenministerium verlautete.

Blinken forderte demnach außerdem, dass Israel mehr humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen lassen müsse. Washington sei zwar erfreut, dass es neue Treibstofflieferungen gebe, aber diese und andere Hilfstransporte müssten zahlreicher werden.

07.12.2023 • 20:58 Uhr

Netanyahu droht Hisbollah

Der israelische Premier Benjamin Netanyahu hat die Hisbollah-Miliz im benachbarten Libanon vor einer Ausweitung ihrer Angriffe auf Israel gewarnt. "Wenn sich die Hisbollah entscheidet, einen kompletten Krieg zu beginnen, dann wird sie eigenhändig Beirut und den südlichen Libanon, nicht weit von hier, zu Gaza und Chan Yunis machen", sagte Netanyahu beim Besuch eines Militärstützpunkts in Nordisrael.

Kurz zuvor war ein israelischer Bauer von einer Panzerabwehrrakete aus dem Libanon getötet worden. Das israelische Militär feuerte daraufhin nach eigenen Angaben auf Stellungen der Hisbollah im Nachbarland. Seit Beginn des Gaza-Krieges hat die Hisbollah immer wieder Raketen auf Israel abgefeuert, Israel reagierte mit Gegenangriffen. Tausende Menschen haben das Grenzgebiet verlassen.

Israelische Medien haben am Donnerstag Bilder von im Gazastreifen festgenommenen Palästinensern in Unterhosen veröffentlicht. Die Identität der Männer ist noch unklar. Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari sagte, die Viertel Dschabalia und Schedschaija im Norden des Küstenstreifens seien "Hochburgen von Terroristen und wir kämpfen gegen sie". Wer in diesen Gebieten verblieben sei, aus Tunnelschächten oder aus Gebäuden komme, werde untersucht, um zu klären, "wer Verbindungen zur Hamas hat und wer nicht". Man nehme alle fest und verhöre sie.

Berichte, denen zufolge Hamas-Terroristen sich angesichts heftiger Kämpfe im Gazastreifen massenweise ergeben haben sollen, wurden von palästinensischer Seite zurückgewiesen. Es wurden auch Vorwürfe laut, die israelische Armee habe Zivilisten in UN-Unterkünften festgenommen und gedemütigt.

Zu Beginn eines Marsches ultrarechter Israelis in Jerusalem ist es am Abend laut Augenzeugenberichten zu Konfrontationen mit der Polizei gekommen. Das israelische Fernsehen berichtete, einige Teilnehmer hätten entgegen einer Vereinbarung Schilder bei sich getragen. "Eine Kugel in den Kopf für jeden Terroristen" und "Es gibt keine Koexistenz mit den Feinden", hieß es nach Angaben des Senders Kan auf einem der Schilder.

Die Polizisten hinderten die Demonstranten den Angaben zufolge daran, durch die Altstadt zu marschieren. Mit dem Protestzug wollten die Teilnehmer unter anderem eine "Wiederherstellung der vollständigen jüdischen Kontrolle in Jerusalem und auf dem Tempelberg" fordern. Aus palästinensischer Sicht ist dies eine schwere Provokation.

Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) in Jerusalem mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Laut einem Flugblatt sollte der Marsch auch durch das muslimische Viertel gehen. Zudem forderten die Teilnehmer demnach auch die Vertreibung der muslimischen Wakf-Behörde vom Tempelberg.

Jordanien hatte die Genehmigung des Marsches durch die israelischen Behörden verurteilt. Das Nachbarland warnte vor "der Fortsetzung einseitiger und illegaler israelischer Maßnahmen, die darauf abzielen, den historischen und rechtlichen Status" von Jerusalem und seinen heiligen Stätten zu verändern.

Die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat dazu aufgerufen, Kinder in Kriegsgebieten besser zu schützen. "Immer seltener wird in Kriegen und Konflikten Rücksicht genommen auf die Schwächsten", sagte die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck. Dies treffe auf Syrien und die Ukraine ebenso zu wie auf den Nahen Osten.

Fehrs regte an, mit Jugendlichen intensiver über den Nahostkonflikt zu sprechen. "Es muss uns zu denken geben, dass nicht wenige Schülerinnen und Schüler vor allem das Leid der Palästinenser sehen und die Gefühle von Israelis und von jüdischen Menschen nur wenig durchdringen." Grund seien wohl vor allem einseitige Bilder, die in den Sozialen Medien verbreitet würden.

Nach dem Drängen von UN-Generalsekretär António Guterres will sich der Weltsicherheitsrat morgen erneut mit der Situation im Gazastreifen befassen. Die Sitzung sei für 16 Uhr MEZ angesetzt, teilten die Vereinten Nationen in New York mit. Die Vereinigten Arabischen Emirate legten einen neuen Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einem Waffenstillstand vor. Ähnliche Vorstöße waren jedoch bislang am Widerstand der USA gescheitert.

Zwei Monate ist der Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel her. ARD-Korrespondentin Laura Goudkamp fasst zusammen, wo derzeit gekämpft wird und wie es um die Verhandlungen hinter den Kulissen steht. Die USA gehen nach Goudkamps Informationen davon aus, dass die Kämpfe noch bis mindestens Januar andauern werden.

Laura Goudkamp, ARD Tel Aviv, zur aktuellen Lage im Gazastreifen

tagesschau24, 07.12.2023 18:00 Uhr

Frankreich will wie bereits die USA Schritte gegen extremistische israelische Siedler unternehmen. Die Gewalt, die von Siedlergruppen gegen Palästinenser im Westjordanland ausgeübt werde, verurteile Frankreich scharf, teilte das Außenministerium in Paris mit. Diese Gewalt müsse aufhören und es liege in der Verantwortung Israels, dafür zu sorgen und die Täter zu verfolgen. Frankreich erwäge Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten auf nationaler, aber auch auf europäischer Ebene. Zunächst müsse jede einzelne Person identifiziert werden, gegen die sich Sanktionen richten sollten, diese Arbeit sei im Gange.

Als Reaktion auf die Angriffe gegen Handelsschiffe im Roten Meer durch die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen hat die US-Regierung Sanktionen verhängt. Diese richteten sich gegen 13 Personen und Einrichtungen, denen die USA vorwerfen, die Huthi-Rebellen mit Geldern aus dem Verkauf und Versand iranischer Waren zu versorgen, teilte das US-Außenministerium mit. Es handele sich um ein "komplexes Netz von Wechselstuben und Unternehmen" in verschiedenen Ländern. Das US-Finanzministerium sprach von Dutzenden Millionen US-Dollar, die die Rebellen bekommen hätten. US-Bürgern oder Menschen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den sanktionierten Firmen und Personen untersagt.

Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sieht Chancen auf eine baldige Öffnung des Grenzübergangs Kerem Schalom von Israel in den Gazastreifen. Auch israelische Zeitungen hatten darüber berichtet. Noch warte das UN-Nothilfebüro (OCHA) auf grünes Licht, sagte Griffiths, aber es plane nun Konvois aus Jordanien mit Hilfsgütern, die über den Grenzübergang Kerem Schalom fahren sollen. Er befindet sich wie der für Hilfslieferungen genutzte Übergang Rafah von Ägypten auch im Süden des Gazastreifens. Kerem Schalom war der Grenzübergang, über den vor dem Terrorangriff extremistischer Palästinensergruppen auf Israel am 7. Oktober die meisten Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangten. Die Nutzung von Kerem Schalom mache die Versorgung der Menschen in Not etwas einfacher, so Griffiths.

Ob Lkw mit Hilfsgütern direkt über den Grenzübergang dann nach Gaza gelangen können, ist noch unklar. Bislang betont Israel, der Grenzübergang solle lediglich für die Inspektion der Güter genutzt werden, die Einreise nach Gaza erfolge über den Grenzübergang Rafah.

Bei den israelischen Bodeneinsätzen im Gazastreifen ist der Sohn von Ex-Generalstabschef Gadi Eisenkot getötet worden, der Israels Kriegskabinett angehört. Die israelische Armee teilte mit, der 25-jährige Soldat einer Kommandoeinheit sei bei Kämpfen im Norden des Küstengebiets ums Leben gekommen. Damit sind seit Beginn der Bodeneinsätze im Gazastreifen Ende Oktober nach israelischen Angaben 89 israelische Soldaten getötet worden. Dies sind mehr als bei allen bisherigen Kriegen Israels mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen, die dort 2007 gewaltsam die alleinige Kontrolle übernommen hatte.

Eisenkot war nach der Bildung einer Notstandsregierung in Israel vor zwei Monaten als Beobachter im Kriegskabinett aufgenommen worden. Dieses trifft nur Entscheidungen in Kriegsfragen.

Bei gegenseitigem Beschuss zwischen der Hisbollah im Libanon und der israelischen Armee sind ein israelischer Zivilist und drei Mitglieder der Schiitenmiliz getötet worden. Die Hisbollah teilte mit, sie habe Israel seit dem Morgen insgesamt zehn Mal beschossen.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu warnte die Schiitenmiliz, die wie die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen vom Iran unterstützt wird, und den Libanon erneut. "Wenn die Hisbollah sich dazu entscheidet, einen umfassenden Krieg zu beginnen, dann wird sie (die libanesische Hauptstadt) Beirut und den Süden des Libanons mit ihren eigenen Händen in Gaza und Chan Yunis verwandeln", sagte er bei einer Lagebesprechung im Nord-Kommando der Armee nahe der Grenze zum Libanon. Die israelische Armee erwiderte nach eigenen Angaben das Feuer und traf dabei nach Angaben aus dem Libanon ein Munitionslager der Hisbollah bei der Stadt Kunin.

In einem Video aus libanesischen Sicherheitskreisen waren riesige Explosionen zu sehen. Nach Angaben der Hisbollah starben dabei drei ihrer Mitglieder. In Israel wurde ein etwa 60-jähriger Mann von einem Geschoss getroffen und mit Verletzungen im Brustbereich in der Gemeinde Fasuta unweit der Grenze zum Libanon gefunden, wie der Rettungsdienst Magen David Adom auf der Plattform X, ehemals Twitter, berichtete.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt angesichts des Gaza-Kriegs vor den möglichen wirtschaftlichen Folgen für die unmittelbare Region. So könne zum Beispiel der Tourismus in den Nachbarländern zurückgehen, es gebe auch das Potenzial für höhere Öl- und Gaspreise, sagte IWF-Kommunikationsdirektorin Julie Kozack in Washington. Gleichzeitig könne es Störungen auf den Finanzmärkten und Unterbrechungen der regionalen Handelswege geben. Diese könnten höhere Handelskosten zur Folge haben, so Kozack. Sie betonte, dass sich die wirtschaftlichen Auswirkungen aus globaler Sicht bisher relativ in Grenzen hielten. Allerdings sei die Lage "höchst ungewiss". Die Wirtschaften von Israel, dem Westjordanland und Gaza würden "natürlich am stärksten betroffen sein", sagte Kozack weiter. "Aber die endgültigen Auswirkungen werden von der Dauer und Intensität des Konflikts abhängen."

Irans Präsident Ebrahim Raisi wirft dem Westen vor, einen Völkermord an den Palästinensern durch Israel im Gazastreifen zu unterstützen. "Was in Palästina und Gaza geschieht, ist natürlich ein Völkermord und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagt Raisi in Moskau vor einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin. Die israelische Regierung hat derartige Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Der Iran gilt als Unterstützer der militant-islamistischen Hamas.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die erste Kerze des großen Chanukka-Leuchters am Brandenburger Tor angezündet. "Chanukka steht für Hoffnung und Zuversicht - beides brauchen wir in diesen Tagen ganz besonders", sagte Scholz bei seiner Rede. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel "hat uns alle tief erschüttert". Daran gebe es nichts zu rechtfertigen oder zu relativieren. Der Chanukka-Leuchter gehört genau hierher, "vor das Brandenburger Tor, ins Herz der Hauptstadt", so Scholz weiter. Er sei auch "ein Symbol der untrennbaren Zugehörigkeit der jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen zu diesem unseren Land".

Der rund zehn Meter hohe Leuchter wird seit 2008 vor dem Brandenburger Tor aufgestellt. Während der Dauer der Feiertage wird dort täglich eine neue Kerze angezündet. Das Fest beginnt an diesem Donnerstagabend und endet am 15. Dezember.

Belgien will gewalttätigen israelischen Siedler im Westjordanland die Einreise verweigern. Das kündigt die Vize-Ministerpräsidentin Petra De Sutter auf dem Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, an. Sie werde zudem vorschlagen, dass sich Belgien für ein EU-weites Einreiseverbot einsetze.

Israel arbeitet nach eigenen Angaben daran, die Zahl der Lastwagen zu steigern, die Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen dürfen. Die für zivile Angelegenheiten in den Palästinensergebieten zuständige israelische Militärbehörde Cogat teilte mit, sie plane die Öffnung des Grenzübergangs Kerem Schalom zwischen Israel und dem Gazastreifen für Inspektionen in den kommenden Tagen. Geliefert werden sollen die Hilfen jedoch weiterhin über den Grenzübergang Rafah, der das abgeriegelte Küstengebiet mit Ägypten verbindet.

Oberst Elad Goren von der Behörde Cogat erklärte, Israel könne derzeit bis zu 250 Lastwagen täglich am Grenzübergang Nitsana zwischen Israel und Ägypten inspizieren. Mit der Öffnung von Kerem Schalom zu Inspektionszwecken könne diese Zahl auf 400 ausgeweitet werden. Goren zweifelte jedoch daran, dass internationale Hilfsorganisationen größere Hilfslieferungen in den Gazastreifen bringen könnten. Die UN-Nothilfeorganisation OCHA hatte erklärt, ihre Fähigkeiten, der Bevölkerung im Gazastreifen Hilfen zukommen zu lassen, seien durch die Kämpfe und Straßensperrungen im Zuge der Ausweitung der israelischen Offensive gegen die Hamas schwer beeinträchtigt. Einige Lastwagen seien im Zentrum des Gazastreifens gestrandet. Hilfsorganisationen seien seit vier Tagen nicht mehr in der Lage, Hilfsgüter nördlich von Rafah ganz im Süden auszuliefern.

Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist seit Beginn des Gaza-Kriegs nach Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums auf 17.177 gestiegen. 46.000 Menschen seien verletzt worden, teilte das Ministerium mit. Die Opferzahlen lassen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Als Folge der Eskalation in Nahost sind in Deutschland innerhalb von zwei Monaten mehr als 4.300 Straftaten verübt worden. Neben Sachbeschädigungen und Volksverhetzungsdelikten zählten dazu auch 470 Gewalttaten, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Herbstkonferenz der Innenminister von Bund und Ländern in Berlin. Seit dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober seien bundesweit 130 Polizeikräfte bei Einsätzen mit Nahost-Zusammenhang verletzt worden. Ein Schwerpunkt dabei war Berlin.

Die US-Regierung lehnt eine dauerhafte israelische Besetzung des Gazastreifens entschieden ab. Das erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, israelischen Medien zufolge. "Wir unterstützen keine Verkleinerung der territorialen Grenzen Gazas, wir unterstützen keine dauerhafte Vertreibung der Bevölkerung Gazas außerhalb des Gazastreifens", hob er hervor.

Unterdessen konferierte der Sicherheitsberater von US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Phil Gordon, bei einem Besuch in Ramallah mit palästinensischen Repräsentanten über die politische Zukunft des Gazastreifens und des Westjordanlands. Die US-Regierung unterstütze das Recht des palästinensischen Volkes auf Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung sowie die Wiederbelebung der Palästinensischen Autonomiebehörde, zitieren israelische Medien das Weiße Haus.

Menschenrechtler werfen Israel vor, im Libanon offensichtlich gezielt Journalisten angegriffen zu haben. Untersuchungen der Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW) und Amnesty International haben einem Bericht zufolge ergeben, dass es sich bei israelischen Angriffen auf eine Gruppe Journalisten am 13. Oktober wahrscheinlich um "absichtliche" und "direkte Angriffe auf Zivilisten" gehandelt habe. Beide Organisationen forderten, dass die Angriffe als Kriegsverbrechen untersucht werden. Die israelische Armee äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen.

Nach der Ausweitung der Angriffe auf den südlichen Gazastreifen hat die israelische Armee das Haus von Hamas-Anführer Jahia Sinwar umstellt. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu sagte in einer Videobotschaft, die Armee habe das Gebäude in Chan Yunis umzingelt. Dieser versteckt sich laut Armee-Sprecher Daniel Hagari in einem der Tunnel unter der Erde.

Der 61-jährige Sinwar gilt als einer der Drahtzieher des Terror-Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Seit nunmehr zwölf Jahren ist er der zweitmächtigste Anführer nach Hamas-Oberhaupt Ismail Hanija. 23 Jahre seines Lebens verbrachte er bereits in israelischen Gefängnissen unter anderem wegen der Ermordung von zwölf Palästinensern. Er kam jedoch vorzeitig frei, weil ihn Israel mit mehr als 1.000 Gefangenen gegen den israelischen Soldaten Gilad Shalit austauschte.

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant hatte nach dem Terrorangriff erklärt: "Wir werden Jahia Sinwar kriegen und wir werden ihn töten."

Die Regierung Ägyptens fordert die Beschleunigung der Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Das berichtet der staatliche Informationsdienst. Seit dem Ende der Feuerpause am 1. Dezember sind die Hilfslieferungen stark zurückgegangen. Die Regierung in Kairo werde es nicht zulassen, dass die Bevölkerung aus dem Gazastreifen verdrängt werde, heißt es in dem Informationsdienst weiter.

Die militant-islamistische Hamas hat nach Angaben der israelischen Armee aus einer als "humanitäre Zone" ausgewiesenen Gegend im Süden des Gazastreifens mehrere Raketen Richtung Israel abgefeuert. In der Nähe der Orte, von denen aus die Angriffe der Terrororganisation ausgingen, befänden sich Zelte geflüchteter Zivilisten, teilte das Militär mit. In dem Gebiet namens Al-Mawasi am Mittelmeer unweit der Grenze zu Ägypten gebe es zudem Einrichtungen der Vereinten Nationen.

Die Hamas habe von Al-Mawasi aus am Mittwochnachmittag unter anderem zwölf Raketen auf die südisraelische Stadt Beerscheba abgeschossen. Israelische Medien meldeten einen Raketeneinschlag dort auf einem Parkplatz. Berichte über Verletzte gab es nicht.

Nach Angaben der Armee landete ein fehlgeleitetes Geschoss aus Al-Mawasi am Mittwoch auch im Gazastreifen selbst. Es habe dort Zivilisten gefährdet.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat anlässlich der in Berlin tagenden Innenministerkonferenz weitere Maßnahmen gegen Antisemitismus gefordert. Was seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober auf den Straßen in Deutschland zu erleben sei, habe er sich "nicht mehr vorstellen können", sagte Schuster der "tageszeitung".

Der Präsident des Zentralrats sprach sich zudem für ein strikteres Vorgehen gegen Demonstrationen mit antisemitischen Parolen aus. "Da, wo es begründete Sorgen vor antisemitischen Handlungen gibt, muss es möglich sein, diese Aufzüge zu verbieten", mahnte er. In diesen Fällen sei aus seiner Sicht das Demonstrationsrecht verwirkt.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat dazu aufgerufen, Journalisten über den Grenzübergang Rafah die Einreise in den Gazastreifen zu ermöglichen. Die NGO forderte die israelischen und ägyptischen Behörden auf, die Grenze für Medienschaffende zu öffnen, damit diese den Übergang in beide Richtungen passieren können. Reporter internationaler Medien würden an der Einreise in den Gazastreifen gehindert. Die Berichterstattung über den Konflikt werde dadurch erschwert. 

Die jordanische Luftwaffe hat in der Nacht zum Donnerstag medizinische Hilfsgüter über der umkämpften Stadt Chan Yunis im Gazastreifen abgeworfen. Wie die Streitkräfte in dem arabischen Land mitteilten, handelte es sich bereits um den vierten Abwurf. Es war jedoch der erste, der an das vor rund zwei Wochen eingerichtete jordanische Feldkrankenhaus in der Stadt im südlichen Gazastreifen ging. Die ersten drei Lieferungen waren an eine Einrichtung im Norden gegangen.

Die jordanische Luftwaffe bereitet den Abwurf von medizinischen Hilfsgütern über dem Gazastreifen vor.

Die jordanische Luftwaffe bereitet den Abwurf von medizinischen Hilfsgütern über dem Gazastreifen vor.

07.12.2023 • 10:05 Uhr

Erbitterte Kämpfe in Chan Yunis

In Chan Yunis im Süden des Gazastreifens vermutet die israelische Arme hochrangige Mitglieder der militant-islamistischen Terrororganisation Hamas. Wie ARD-Korrespondentin Nadja Armbrust berichtet, konzentrieren sich die Kämpfe nun besonders auf die zweitgrößte Stadt des abgeriegelten Küstengebiets. "Das ist der neue Kriegsschauplatz. Gleichzeitig laufen auch weiterhin Kämpfe im Norden", so die Korrespondentin.

Zudem sei die Situation für die Zivilbevölkerung katastrophal. "Die humanitäre Lage im Gazastreifen verschlechtert sich immer mehr. Es fehlt grundsätzlich an allem", erklärt Armbrust. Die Menschen, die zuvor wie von der israelischen Armee angeordnet aus dem Norden in südliche Regionen des Gazastreifens geflohen waren, müssten nun erneut fliehen und Schutz suchen.

"In Chan Yunis laufen erbitterte Kämpfe", Nadja Armburst, ARD Tel Aviv, zur Bodenoffensive im Gazastreifen und der Lage in Israel

tagesschau24, 07.12.2023 09:00 Uhr

Israels Militär setzt seine Kämpfe gegen die militant-islamistische Hamas in Chan Yunis, der größten Stadt des südlichen Gazastreifens, fort. Dutzende Stellungen der Terroristen seien angegriffen worden, teilte die Armee mit. Auch im Norden des Küstengebiets gebe es weiter Kämpfe. In Dschabalia hätten Soldaten ein Militärgelände der Hamas angegriffen und dabei ebenfalls mehrere Terroristen getötet. Auf dem Areal fand das Militär eigenen Angaben nach Tunnel und Waffen. Auch Israels Marine habe wieder Stellungen der Hamas im Gazastreifen beschossen.

Karte Gazastreifen mit den von der israelischen Armee kontrollierten Gebieten

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben im UN-Sicherheitsrat einen neuen Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einem Waffenstillstand vorgelegt. "Die Vereinigten Arabischen Emirate rufen zur dringenden Annahme einer Resolution für einen humanitären Waffenstillstand und haben eben einen Entwurf beim UN-Sicherheitsrat eingereicht", teilte die Ständige Vertretung des Golfstaats per Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, mit.

Die Situation im Gazastreifen sei katastrophal und beinahe unumkehrbar. "Wir können nicht warten. Der Rat muss entschlossen handeln mit der Forderung nach einem humanitären Waffenstillstand", so die Mitteilung weiter. Ähnliche Vorstöße waren bislang am Widerstand der USA gescheitert.

Israels Armee hat die größte Stadt im Süden des Gazastreifens, Chan Yunis, nach eigenen Angaben in der Nacht eingekesselt und das Haus des Gaza-Chefs der militant-islamistischen Hamas umstellt. Jihia al-Sinwar konnte offenbar fliehen, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Mittwochabend, "aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn finden".

Israels Armee hat eigenen Angaben nach Chan Yunis komplett eingekesselt

Eva Frisch, BR, tagesschau, 07.12.2023 12:00 Uhr

Der israelische Außenminister Eli Cohen hat UN-Generalsekretär António Guterres für dessen außergewöhnlichen Aufruf an den UN-Sicherheitsrat zu einem entschiedenen Handeln im Krieg in Nahost scharf kritisiert. Guterres Amtszeit sei "eine Gefahr für den Weltfrieden", schrieb Cohen auf der ehemals als Twitter bekannten Online-Plattform X.

Zuvor hatte der Generalsekretär das mächtigste UN-Gremium in einem Schreiben gedrängt, sich sofort für die Abwendung einer "humanitären Katastrophe" im Gazastreifen einzusetzen. Guterres wandte dabei erstmals seit seinem Amtsantritt 2017 den Artikel 99 der UN-Charta an. Dieser ermöglicht es dem Generalsekretär, den Sicherheitsrat auf jegliche Angelegenheiten aufmerksam zu machen, die aus seiner Sicht den internationalen Frieden und die Sicherheit bedrohen.

Tim Aßmann, ARD Berlin, zzt. Tel Aviv, tagesschau, 07.12.2023 05:24 Uhr

Israel erlaubt die Einfuhr von mehr Treibstoff in den Süden des Gazastreifens. Das Sicherheitskabinett habe am Abend einer entsprechenden Empfehlung des Kriegskabinetts zugestimmt, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit. Eine Erhöhung der erlaubten Mindestmenge sei erforderlich, "um einen humanitären Zusammenbruch und den Ausbruch von Epidemien zu verhindern", hieß es weiter. Unklar ist bislang, um wie viel die Treibstoffmenge, die täglich in den Gazastreifen gebracht werden darf, konkret erhöht werden soll. Die USA hatten zuvor von Israel gefordert, mehr Hilfsgüter für den Gazastreifen zuzulassen. Nach israelischen Medienberichten will Washington, dass die tägliche Lieferung von 60.000 Litern Treibstoff verdoppelt oder gar verdreifacht werde.

Die Europäische Union berät einem Entwurf zufolge über eine Verschärfung der Sanktionen gegen die militant-islamistische Hamas und gewalttätige israelische Siedler im Westjordanland. Das Papier des diplomatischen Dienstes für die EU-Außenminister, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, enthält Optionen für ein Treffen am Montag in Brüssel über weitere Reaktionen auf den Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Maßnahmen sollten stärker auf Finanzen und Desinformation abzielen, heißt es in dem Papier.

Die EU solle ein spezielles Sanktionsprogramm gegen die Hamas auflegen. Die radikal-islamistische Palästinensergruppe ist von der EU bereits als Terrororganisation eingestuft, was das Einfrieren aller Gelder oder Vermögenswerte in der EU ermöglicht. EU-Sanktionsbeschlüsse bedürfen in der Regel der Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten. Im aktuellen Konflikt fällt es den Staaten jedoch schwer, sich auf eine gemeinsame Position zu einigen, da sie den israelisch-palästinensischen Konflikt unterschiedlich bewerten.

UN-Generalsekretär Guterres hat den Sicherheitsrat dringlich dazu aufgerufen, die zivile Bevölkerung im Gazastreifen zu schützen. Mehrere deutsche Hilfsorganisationen verteilen Lebensmittelpakete in Gaza. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.