Demonstranten vor den Knesset in Jerusalem  fordern den Abtritt der Regierung
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Nahost-Liveblog ++ Erneut Proteste gegen Netanyahu-Regierung ++

Stand: 17.06.2024 23:17 Uhr

Tausende Israelis haben bei Protesten in Jerusalem erneut den Rücktritt der Netanyahu-Regierung gefordert. Israels Armee hat ein hochrangiges Mitglied der schiitischen Hisbollah-Miliz getötet. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.

17.06.2024 • 23:17 Uhr

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Die US-Regierung geht mit weiteren Sanktionen gegen Helfer der proiranischen Huthi-Miliz vor. Die Maßnahmen richten sich gegen mehrere Personen und Organisationen in China, dem Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten, wie das US-Finanzministerium mitteilte. Sie sollen die Schiiten-Gruppe aus dem Jemen bei der Beschaffung von Waffen unterstützt haben.

Die USA haben bereits zuvor ähnliche Sanktionen verhängt, um die Huthi zu schwächen. Als Folge der neuen Sanktionen werden mögliche Vermögenswerte der Betroffenen in den USA gesperrt. US-Bürgern oder Menschen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den sanktionierten Firmen und Personen untersagt. Auch internationale Geschäfte werden durch die Sanktionen für Betroffene meist deutlich schwieriger.

Tausende Israelis haben in Jerusalem gegen die Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu demonstriert. Vor dem Gebäude der Knesset, des israelischen Parlaments, forderten sie vorgezogene Neuwahlen und ein Abkommen, das zur Freilassung der israelischen Geiseln aus der Gewalt der islamistischen Hamas führt, berichtete die Times of Israel. 

"Angesichts des Extremismus, für den diese Regierung steht, und angesichts ihrer fehlenden Einsicht in ihr Scheitern muss sie ihr Mandat an das Volk zurückgeben", sagte die Aktivistin Schikma Bressler, eine der Anführerinnen der Protestbewegung. Die Regierung Netanyahu stützt sich auf die rechts-religiöse Likud-Partei des Regierungschefs und auf Koalitionspartner aus dem ultra-religiösen und rechtsextremen Parteienspektrum. 

Der US-Gesandte Amos Hochstein ist in Israel eingetroffen. Er bemüht sich um eine Eindämmung des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah. Es wurde erwartet, dass er die instabile Lage an der libanesisch-israelischen Grenze morgen in Beirut mit libanesischen Vertretern bespricht. Hochstein befand sich in den vergangenen Monaten bereits mehrfach auf diplomatischer Mission in der Region.

Bei einem israelischen Drohnenangriff auf ein Auto im Süden des Libanon ist nach Berichten der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur ein Mitglied der Schiitenmiliz Hisbollah getötet worden. Offenbar wegen des islamischen Opferfests Eid al-Adha, das gestern begann, hatte die Miliz seit Samstagabend keine Angriffe auf den Norden Israels mehr für sich reklamiert. In einer Mitteilung identifizierte die Hisbollah den Getöteten im Dorf Chehabije als Mohammed Ajub.

Die Nasser-Einheit ist einer von drei Truppenverbänden der Hisbollah im Südlibanon. Erst am vergangenen Mittwoch hatte Israel mit einem gezielten Luftangriff den Kommandeur dieser Einheit, Talib Abdallah, getötet. Die Schiiten-Miliz hatte daraufhin 200 Raketen und andere Geschosse auf Israel abgefeuert.

Das israelische Militär teilte mit, Ajub habe eine wichtige Rolle in der Raketenabteilung der für den südlichen Libanon zuständigen Nasr-Einheit der Hisbollah gespielt. Er sei in den vergangenen Monaten an der Planung von Angriffen auf Israel beteiligt gewesen. Seine Tötung sei Teil der Bemühungen, "die militärische Aufrüstung der Hisbollah und die Anhäufung von Waffen", die gegen Israel eingesetzt werden könnten, zu verhindern.

Das israelische Militär will seine Kriegsziele bei der Offensive in Rafah bald erreicht haben. Die Hälfte der Kampfverbände der islamistischen Hamas sei zerschlagen, 60 bis 70 Prozent des Territoriums der Stadt im südlichen Gazastreifen befänden sich unter "operativer Kontrolle" der israelischen Truppen, teilte die Armee mit. Es werde nur noch einige Wochen dauern, bis die Militäroperation abgeschlossen sei.

Israels Armee hatte Anfang Mai den Einsatz in Rafah an der Grenze zu Ägypten gestartet. Erklärtes Ziel war die Zerschlagung der letzten Kampfverbände der Hamas. Nach den Armeeangaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, töteten die israelischen Truppen in 40 Kampftagen in Rafah etwa 550 Hamas-Milizionäre. Dabei verloren sie 22 eigene Soldaten, die in den Kämpfen fielen. Im Laufe des Einsatzes fanden sie ein weit verzweigtes System von Tunnel sowie große Mengen von Waffen und Sprengstoff. Mindestens 25 unterirdische Gänge sollen unter der Grenze zu Ägypten verlaufen. Sie dienten der Hamas vermutlich als Schmuggelwege.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hält die Zahl der im Gazastreifen getöteten Journalisten im vergangenen Jahr für "inakzeptabel". Das sagte die Ministerin beim Global Media Forum der Deutschen Welle in Bonn. Der Organisation Reporter ohne Grenzen zufolge verschlechterte sich der Zustand der Pressefreiheit 2023 weltweit, so Baerbock. Insbesondere im Zuge von Kriegen und Konflikten geraten Medienschaffende demnach immer häufiger in die Schusslinie.

Es sei wichtig, dass man Journalisten sichere Orte für ihre Arbeit zur Verfügung stellen könne, betonte die Ministerin. Nur so könnten sie weiter ihre Stimme erheben und die Anliegen der Bevölkerung vertreten, gerade in autokratisch regierten Staaten, die unabhängigen Journalismus immer stärker angriffen.

Israels Rüstungsexporte haben im vergangenen Jahr einen neuen Rekordwert erreicht. Wie das israelische Verteidigungsministerium mitteilte, beliefen sie sich 2023 auf umgerechnet mehr als zwölf Milliarden Euro. Damit entsprechen sie dem Wert der deutschen Rüstungsexporte im vergangenen Jahr.  Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Tel Aviv war es das dritte Rekordjahr in Folge. Die israelischen Rüstungsexporte hätten sich binnen fünf Jahren verdoppelt.  Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant sagte: "Israel hat weiter Erfolg in seiner internationalen Zusammenarbeit und seinen industriellen Verteidigungsexporten, selbst während eines Jahres, das vom Krieg gezeichnet war."

Die Vereinten Nationen nutzen nach israelischen Angaben vom Montag eine neue Route zur Erleichterung von Hilfslieferungen in den Gazastreifen noch nicht in vollem Umfang. Die UN sind der wichtigste Anbieter von Hilfsleistungen in dem kriegsgeplagten Küstengebiet. "Wir haben nicht gesehen, dass die UN diesen Schritt in vollem Umfang genutzt hätten", sagte Schimon Freedman, ein Sprecher der für palästinensische Zivilisten zuständigen israelischen Verteidigungsbehörde Cogat, bei einem Pressebriefing am Grenzübergang Kerem Schalom.

Die Palästinensische Autonomiebehörde sieht nach Angaben von Norwegens Außenminister Espen Barth Eide ihre Existenz gefährdet. "Die Palästinensische Autonomiebehörde, mit der wir eng zusammenarbeiten, warnt uns, dass sie in diesem Sommer zusammenbrechen könnte", sagt Barth Eide der Nachrichtenagentur Reuters. Als Gründe führt er unter anderem fehlende Finanzierung an.

Norwegen hat den Vorsitz einer internationalen Gebergruppe für die Palästinenser inne und unterstützt die Palästinensische Autonomiebehörde. Diese übt eine begrenzte Regierungsgewalt über Teile des besetzten Westjordanlands aus, das die Palästinenser als Kern eines zukünftigen unabhängigen Staates ansehen. Sie könnte jedoch auch eine Schlüsselrolle bei der Verwaltung des Gazastreifens nach Ende der Kämpfe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas spielen.

Nach Angaben der israelischen Armee gehen die Kämpfe in Rafah und dem südlichen Gazastreifen weiter. Wie die Zeitung Haaretz einen Sprecher zitierte, hätten Soldaten zuletzt mehrere bewaffnete Terroristen getötet sowie einige Gebäude zerstört, die "zu terroristischen Zwecken genutzt worden waren".

Auch der Chef des UN-Palästineneserhilfswerks, Philippe Lazzarini, sagte gegenüber Journalisten, dass die Kämpfe weitergehen würden, "obwohl das Militär am Sonntag tägliche taktische Pausen angekündigt hatte".

Um die Ankündigung der Armee hatte es Verwirrung gegeben, Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hatte diese kritisiert.

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Die Entscheidung von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, sich im Zuge einer Fördergeld-Affäre von ihrer Staatssekretärin Sabine Döring zu trennen, ist auf ein geteiltes Echo gestoßen. Vom Koalitionspartner SPD wird der Schritt begrüßt. Unionspolitiker kritisieren ihn scharf, sprechen von einem Bauernopfer und fordern Stark-Watzinger dazu auf, selbst zurückzutreten.

Die FDP-Politikerin hatte am Sonntagabend mitgeteilt, dass sie Bundeskanzler Olaf Scholz darum gebeten habe, ihre Staatssekretärin in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Hintergrund sind öffentlich gewordene E-Mails aus ihrem Ministerium, bei denen es um den Umgang mit einem offenen Brief von Berliner Hochschullehrern ging, die die Räumung eines Protestcamps propalästinensischer Demonstranten an der FU Berlin kritisiert hatten. Erwogen wurde in den E-Mails demnach die Streichung von Fördermitteln für die Briefschreiber.

17.06.2024 • 10:43 Uhr

Netanyahu löst Kriegskabinett auf

Nach dem Ausscheiden von Oppositionspolitiker Benny Gantz und Ex-Generalstabschef Gadi Eisenkot aus dem israelischen Kriegskabinett hat Premierminister Benjamin Netanyahu das Gremium aufgelöst. Das bestätigte laut Nachrichtenagentur Reuters ein Regierungsvertreter.

Wie die Zeitung Jerusalem Post schreibt, sagte Netanyahu in einer Sitzung seines Sicherheitskabinetts, das Kriegskabinett sei "gestrichen". Die Notstandsregierung sei auf Bitten Gantz' als Koalitionslösung ins Leben gerufen worden, nach seinem Ausscheiden gebe es nun aber keine Notwendigkeit mehr dafür, zitiert die Zeitung den Regierungschef. Es werde somit auch keine neuen Mitglieder geben.

Die israelische Armee geht nach Medienberichten davon aus, dass ein Transportpanzer in Rafah am Samstag von einer Panzerabwehrrakete getroffen worden ist. Bei dem Vorfall - einem der folgenschwersten seit Kriegsbeginn für die israelischen Streitkräfte - waren acht Soldaten getötet worden.

Die Zeitung Israel Hajom schrieb, nach ersten Erkenntnissen sei eine Tür des Transportpanzers des Typs Namer entgegen den Anordnungen offen gewesen. Alle Insassen seien sofort tot gewesen, als die Rakete das Fahrzeug traf. Der Vorfall werde weiter untersucht. 

Andere Medien berichteten von möglichen sekundären Explosionen durch außen am Panzer angebrachte Sprengsätze. Es habe nach der schweren Explosion zwei Stunden gedauert, bevor sich die Truppen dem zerstörten Fahrzeug nähern konnten. 

Vor dem Hintergrund einer von Islamisten organisierten Demonstration in Hannover setzt sich Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens dafür ein, Forderungen nach einem Kalifat in Deutschland künftig unter Strafe zu stellen. "Die Forderung nach einem Kalifat als Aufruf zur Beseitigung unserer verfassungsmäßigen Ordnung muss ebenso strafbar werden, wie die Aufstachelung zum Hass gegen andere Bevölkerungsgruppen", sagte die SPD-Politikerin der Welt und der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. 

Eine entsprechende Initiative hatte zuvor schon Hamburg in die Innenministerkonferenz eingebracht.

Ein hochrangiger Berater von US-Präsident Joe Biden wird nach Medienberichten zu Gesprächen über die eskalierenden Spannungen zwischen Israel und dem Libanon nach Israel reisen. Amos Hochstein werde sich dafür einsetzen, eine weitere Eskalation entlang der "Blauen Linie" zwischen Israel und dem Libanon zu verhindern, hieß es weiter.

Angriffe zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah im Libanon haben Befürchtungen ausgelöst, dass der Krieg im Nahen Osten eskalieren könnte. Zuletzt hatte die Hisbollah ihre Raketenangriffe verstärkt, nachdem Israel einen ihrer Kommandeure getötet hatte. Die "Blaue Linie" ist eine von den Vereinten Nationen gezogene Waffenstillstandslinie. Obwohl sie keine offizielle internationale Grenze ist, dient sie als wichtiger Bezugspunkt für die Sicherheit und Stabilität in der Region.

Israels Militär warnt vor einer gefährlichen Ausweitung des Konflikts mit der Schiiten-Miliz Hisbollah im Grenzgebiet zum Libanon. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari warf der Miliz in einer Videoerklärung vor, ihre Angriffe zu verstärken und damit die Zukunft des Nachbarlandes zu gefährden. "Die zunehmende Aggression der Hisbollah könnte uns an den Rand einer größeren Eskalation bringen, die verheerende Folgen für den Libanon und die gesamte Region haben könnte."

Hagaris Worte stellten keine Drohung dar, betonten die Streitkräfte später laut einem Bericht der israelischen Zeitung "Maariv". Sie seien vielmehr als Botschaft an die internationale Staatengemeinschaft gedacht.

Die von Israels Erzfeind Iran unterstützte Hisbollah ist mit der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen verbündet, gilt aber als deutlich schlagkräftiger. Die Miliz verstärkte zuletzt ihre Angriffe, nachdem das israelische Militär einen ihrer Kommandeure gezielt getötet hatte. 

Israels Verteidigungsminister Gallant reist demnächst zu Gesprächen in die USA. Im Roten Meer gab es erneut einen Zwischenfall.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Juni 2024 um 08:00 Uhr.