Palästinenser trauern im Europäischen Krankenhaus in Chan Yunis im südlichen Gazastreifen um Angehörige, die bei einem israelischen Angriff getötet wurden.
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Krieg in Nahost ++ Berichte über zahlreiche Tote im Gazastreifen ++

Stand: 11.09.2024 23:49 Uhr

Bei Luftangriffen im Gazastreifen sind nach örtlichen Angaben mindestens 20 Menschen gestorben. US-Verteidigungsminister Austin äußerte sich besorgt über die Verantwortung Israels beim Tod einer US-Bürgerin. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

11.09.2024 • 23:49 Uhr

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Israel will nach einem tödlichen Anschlag vom Sonntag die Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zu Jordanien verstärken. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte, Israel werde mit Jordanien zusammenarbeiten, um die Ruhe in dem Gebiet zu wahren. Ein jordanischer Lastwagenfahrer hatte am Sonntag die Grenze in das Westjordanland überquert und drei israelische Zivilisten getötet.

Bei einem Besuch bezeichnete Netanjahu das Gebiet als " Grenze des Friedens2. Allerdings versuchten Extremisten verstärkt, Waffen aus Jordanien in das Westjordanland zu schmuggeln, das Israel im Krieg von 1967 eroberte. Israel werde daher die Grenzsicherung verstärken, um Schmuggelversuche zu verhindern, sagte der Regierungschef. Israel und Jordanien unterzeichneten vor 30 Jahren ein Friedensabkommen. Beide Länder unterhalten gute Sicherheitsbeziehungen, allerdings sind die diplomatischen Beziehungen durch den Gaza-Krieg gegen die militant-islamistische Hamas belastet.

Im Zentrum des Gazastreifens sind nach Angaben der örtlichen Behörden bei einem israelischen Angriff auf einen Schulkomplex mehrere Menschen getötet worden. Bei der Attacke auf die Al-Jawni-Schule in der Flüchtlingssiedlung Nuseirat seien außerdem mehrere Menschen verletzt worden, teilte der von der Hamas kontrollierte Zivilschutzbehörde in dem Palästinensergebiet mit. Unter den Toten seien auch Frauen und Kinder.

Die israelische Armee sprach von einem "präzisen" Angriff auf "Terroristen", die sich in einem Kommandozentrum der Hamas auf dem Schulgelände aufgehalten hätten. In dem Schuldgebäude, in dem das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA eine Notunterkunft betreibt, halten sich nach Angeben der Hamas-Pressestelle rund 5000 Vertriebene auf. Die Schule geriet nach Angaben des Zivilschutzes seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 mindestens fünf Mal unter Beschuss. Im Juli waren mindestens 16 Menschen bei einem Angriff getötet worden, der sich laut der israelischen Armee ebenfalls gegen "Terroristen" richtete.

Der bei einer Attacke mit einem Lastwagen im Westjordanland verletzte Soldat ist nach Angaben der israelischen Armee gestorben. Der Fahrer eines "palästinensischen Lastwagens" sei in eine Gruppe von Einsatzkräften gefahren, teilte die Armee mit. Der Tatverdächtige sei nach dem Vorfall nahe einer israelischen Siedlung nördlich von Stadt Ramallah von Soldaten und einem bewaffneten Zivilisten "neutralisiert" worden.

In dem seit 1967 von Israel besetzten Palästinensergebiet hat sich die Lage seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen deutlich verschärft. Nach palästinensischen Angaben wurden seit Beginn des Krieges mindestens 662 Palästinenser im Westjordanland von israelischen Soldaten oder Siedlern getötet. Israelischen Angaben zufolge fielen in dem Gebiet im selben Zeitraum mindestens 24 Israelis, darunter auch Sicherheitskräfte, palästinensischen Angriffen zum Opfer.

Palästinenser aus Gaza hatten - unterstützt von Menschenrechtsorganisationen - einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht in Frankfurt gestellt. Sie wandten sich gegen die Genehmigung von Waffenlieferungen nach Israel durch das Bundeswirtschaftsministerium. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, hat das Gericht den Antrag nun abgelehnt.

Die Waffenlieferungen seien politische Entscheidungen, die ein Verwaltungsgericht nur in äußerst engen Grenzen überprüfen könne, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Die Frankfurter Richter wiesen den Antrag ab, weil die Antragsteller nicht befugt waren, ihn zu stellen. Grund dafür ist, dass das Außenwirtschaftsrecht keinen Schutz für Ausländer im Ausland entfaltet. Auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt sich kein Antragsrecht.

Weil die Verhandlungen zur Waffenruhe stocken, hatte Israel der Hamas ein Angebot zur sicheren Ausreise ihres Anführers Jihia al-Sinwar gemacht. Ein Hamas-Repräsentant sagte der Nachrichtenagentur dpa, seine Organisation habe das Angebot erhalten, Sinwar und seiner Familie die Ausreise zu ermöglichen, um ein Gaza-Abkommen zu erzielen.

Die Hamas sei jedoch erst dann bereit, auf das Angebot zu reagieren, wenn es Teil einer umfassenden Einigung wäre. Diese müsse sich auf alle offenen Fragen mit Blick auf eine Waffenruhe und die Zukunft des Gazastreifens beziehen. Nach Ansicht der Hamas muss eine solche Einigung Palästinensern ermöglichen, im Rahmen einer "neuen Realität" einen unabhängigen Staat zu errichten. 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Ägypten für seine Vermittlerrolle im Gaza-Krieg gedankt. Bei einer gemeinsamen Erklärung mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi in Kairo rief er zugleich zu weiteren Anstrengungen auf, um einen Waffenstillstand zwischen Israel und der islamistischen Hamas zu erreichen und eine Ausweitung des Krieges zu einem regionalen Flächenbrand zu verhindern. "Jeder Akteur, der Einfluss auf beide Seiten hat, muss diesen Einfluss nutzen", sagte Steinmeier. 

Deutschland tue dies nach seinen Möglichkeiten, betonte der Bundespräsident. "Und ich weiß, auch Ägypten nimmt hier eine besonders wichtige Rolle wahr, eine Rolle, die wir in Deutschland sehr schätzen." Al-Sisi rief wiederum Europa dazu auf, seine Rolle in dem Konflikt zu spielen und Druck auf seine Partner auszuüben, um einen Waffenstillstand zu erzielen.

Frank-Walter Steinmeier und Abdel Fattah Al-Sisi geben sich die Hände.

Die Impfkampagne gegen Kinderlähmung im Gazastreifen soll mehr als eine halbe Million Kinder erreicht haben. 527.776 Kinder unter zehn Jahren hätten eine erste Schluckimpfung erhalten, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium im Westjordanland mit. Das sei eine Quote von 82,5 Prozent.

Die Impfaktion hatte Anfang September begonnen, nachdem Ärzte zum ersten Mal seit 25 Jahren einen Polio-Fall im Gazastreifen festgestellt hatten. Insgesamt sollen 640.000 Kinder in dem Kriegsgebiet geimpft werden. Israel hat nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation zeitlich begrenzten Kampfpausen zugestimmt, um die Impfungen zu erleichtern.

Bei einem mutmaßlichen palästinensischen Anschlag im besetzten Westjordanland hat ein Israeli lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Ein Tankwagenfahrer rammte nach Angaben des Rettungsdienstes Magen David Adom absichtlich eine Bushaltestelle nahe der Siedlung Givat Assaf. Der Fahrer sei "ausgeschaltet" worden. Nach Angaben des öffentlich-rechtlichen Kan-Senders handelte es sich bei dem Angreifer um einen Palästinenser aus einem Ort nahe Ramallah. 

Nach Angaben von Sanitätern schwebte ein etwa 20 Jahre alter Mann, der an der Haltestelle gestanden hatte, in Lebensgefahr. Ein israelischer Siedlervertreter forderte angesichts einer Welle von Anschlägen im Westjordanland die massive Verlegung weiterer Bodentruppen in das Gebiet. 

Beim Absturz eines israelischen Rettungshubschraubers im Gazastreifen sind nach Militärangaben zwei Soldaten getötet worden. Sieben weitere Soldaten seien dabei verletzt und zur Behandlung in eine Klinik transportiert worden, teilte die israelische Armee mit. 

Der Helikopter des Typs "Janschuf" ("Eule") war demnach im Einsatz, um einen verletzten Soldaten zu bergen und in ein Krankenhaus nach Israel zu bringen. Bei der Landung im Bereich der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens sei er abgestürzt. Eine erste Untersuchung habe ergeben, dass der Absturz nicht durch feindlichen Beschuss verursacht worden sei, hieß es weiter. "Der Grund des Absturzes wird noch untersucht."

Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen sind am Abend und in der Nacht nach örtlichen Krankenhaus- und Behördenangaben mindestens 20 Menschen getötet worden. Bei einem Angriff nahe der Stadt Chan Yunis im Süden seien elf Menschen ums Leben gekommen, darunter sechs Geschwister im Alter zwischen 21 Monaten und 21 Jahren, teilte das Europäische Krankenhaus mit.

Am Abend sei ein Haus im Flüchtlingslager Dschabalija im Norden des Gazastreifens getroffen worden, teilten das Gesundheitsministerium und der Zivilschutz mit, die von der militant-islamistischen Hamas kontrolliert werden. Dabei seien neun Menschen getötet worden, darunter sechs Frauen und Kinder. Der Zivilschutz berichtete, das Haus habe einem Professor von der Al-Kuds Offenen Universität gehört, der überlebt habe. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben im nördlichen Nachbarland Libanon rund 30 Ziele angegriffen. Ziele seien Raketenabschussrampen der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah gewesen sowie "Terror-Infrastruktur im Süden des Libanons, die israelische Zivilisten bedroht", teilte das Militär mit.

Am Dienstag hatte die Armee erneut zahlreiche Hisbollah-Angriffe mit Geschossen und Drohnen auf den Norden Israels gemeldet.

Karte mit Israel, Libanon, Westjordanland und Gazastreifen

Angesichts stockender Verhandlungen für eine Waffenruhe und einen Geisel-Deal macht Israel der Terrororganisation Hamas ein Angebot zur sicheren Ausreise ihres Anführers Jihia al-Sinwar aus dem Gazastreifen. "Ich bin bereit, Sinwar, seiner Familie und jedem, der sich ihm anschließen möchte, einen sicheren Korridor zu ermöglichen", sagte Israels für die Geiseln und Vermissten zuständige Brigadegeneral Gal Hirsch in einem Interview des Finanzdienstes Bloomberg. 

"Wir wollen die Geiseln zurück. Wir wollen Entmilitarisierung, Entradikalisierung und natürlich - ein neues System zur Verwaltung von Gaza", sagte Hirsch. Dem Bericht zufolge hat der Sonderkoordinator von Premierminister Benjamin Netanyahu für die Rückführung der Geiseln das Angebot vor rund zwei Tagen auf den Tisch gelegt. Zu einer möglichen Reaktion äußerte Hirsch sich demnach nicht.

Der Aufenthaltsort von Sinwar ist nicht bekannt. Es wird vermutet, dass er sich in ein einem weit verzweigten Tunnelnetz unter dem Gazastreifen aufhält. 

Bei einem israelischen Luftangriff in Tubas im Westjordanland sind nach palästinensischen Angaben fünf Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren getötet worden. Die israelische Armee sprach von einem "Anti-Terror-Einsatz" im Bereich von Tubas und dem benachbarten Tamun. Beide Orte liegen im nördlichen Abschnitt des besetzen Westjordanlands.

Nach Armeeangaben griff eine israelische Drohne in Tubas eine bewaffnete Terrorzelle an. Nach palästinensischen Angaben waren auch israelische Truppen nach Tubas vorgedrungen und hatten sich in der Nähe des örtlichen Krankenhauses positioniert. Die Armee habe eine Ausgangssperre verhängt. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die kanadische Regierung hat Dutzende Waffenlieferungen nach Israel gestoppt. Außenministerin Mélanie Joly sagte, sie habe eine Überprüfung sämtlicher Verträge kanadischer Waffenlieferanten mit Israel und anderen Ländern angeordnet. "In der Folge habe ich in diesem Sommer rund 30 vorliegende Exportgenehmigungen für kanadische Unternehmen ausgesetzt", sagte die Ministerin.

Die Genehmigungen waren den Angaben zufolge erteilt worden, bevor Kanada im Januar ein Exportverbot erlassen hatte.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin äußert in einem Gespräch mit dem israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant "ernste Besorgnis" über die Verantwortung der israelischen Streitkräfte für den Tod einer US-Bürgerin im Westjordanland. Auch US-Außenminister Antony Blinken kritisierte Israel für den Vorfall.

US-Präsident Joe Biden stufte den Erschießungstod einer türkisch-amerikanischen Aktivistin im Westjordanland in der vergangenen Woche hingegen als Unfall ein. Das sagte er zu Reportern im Weißen Haus.

Ein UN-Konvoi mit Mitarbeiter der Polio-Impfkampagne im Gazastreifen ist nach Angaben der Vereinten Nationen an einem israelischen Kontrollpunkt mit Waffengewalt festgehalten worden.

Der Konvoi sei beschossen und von einem Bulldozer gerammt worden, sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric. Der Vorfall vom Montag sei das "jüngste Beispiel für die inakzeptablen Gefahren und Behinderungen, denen humanitäre Helfer im Gazastreifen" durch israelische Streitkräfte ausgesetzt seien.

Die Vereinigung der Auslandspresse in Israel hat das israelische Oberste Gericht aufgefordert, Journalisten die Einreise in den Gazastreifen zu erlauben. Die FPA reichte eine neue Petition bei Gericht ein, in der Israel aufgefordert wurde, die Pressefreiheit zu wahren.

Die israelischen Behörden verwehren Journalisten seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober vergangenen Jahres den Zugang zu dem Küstengebiet. Das Oberste Gericht bestätigte dies im Januar und führte als Begründung Sicherheitsbedenken an.

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Erstmals haben die Palästinenser in der UN-Vollversammlung zwischen den 193 Mitgliedsländern der Vereinten Nationen Platz genommen. Beim ersten Treffen der 79. Sitzungsperiode des größten UN-Gremiums saßen palästinensische Diplomaten für den "Staat Palästina" zwischen Sri Lanka und dem Sudan. 

Ein Vertreter Ägyptens nannte dies in der Sitzung einen historischen Moment. Es gab Applaus aus dem Plenum. Bislang hatten die Palästinenser in der Vollversammlung lediglich als Beobachter auf einem Platz hinter den Diplomaten der Mitgliedstaaten gesessen.

Israel hat ein Video veröffentlicht, in dem der Tunnel zu sehen sein soll, in dem sechs israelische Hamas-Geiseln getötet worden waren. Die Hamas ist laut Israels Verteidigungsminister weitgehend zerschlagen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 11. September 2024 um 13:35 Uhr.