Tausende Israelis fordern in Tel Aviv die Freilassung der Hamas-Geiseln
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Nahost-Krieg ++ Proteste in Israel gegen Netanyahu ++

Stand: 03.03.2024 00:32 Uhr

In mehreren israelischen Städten haben Tausende Menschen gegen Ministerpräsident Netanyahu und die Regierung demonstriert. Nach US-Angaben hat Israel einer Vereinbarung über eine Feuerpause im Kern zugestimmt. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen.

03.03.2024 • 00:32 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir beenden unseren Nahost-Liveblog und danken für Ihr Interesse.

Tausende Menschen sind am Abend in mehreren Städten Israels auf die Straße gegangen, um gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zu demonstrieren. Im Zentrum von Tel Aviv skandierten die Teilnehmer der Kundgebung Parolen wie "Wahlen jetzt!" und - auf Netanyahu gemünzt. "Du bist der Kopf, du bist schuld!", wie die "Times of Israel" berichtete.  "Ich beschuldige dich, Bibi, alle Werte zerstört zu haben, in deren Geiste wir unsere Kinder großgezogen haben", sagte eine Rednerin der Kundgebung und benutzte dabei eine Kurzform des Vornamens von Netanyahu. "Ich beschuldige dich, Bibi, ein ganzes Land zu Hinterbliebenen gemacht zu haben!, fuhr die Frau fort. Sie hatte den brutalen Terror-Überfall der islamistischen Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels überlebt und dabei ihren Bruder verloren. 

Netanyahus Beliebtheit ist seitdem massiv gesunken. Kritiker werfen dem rechten Politiker vor, den Schutz der Gaza-Grenze vernachlässigt zu haben und die Interessen des Landes seinem politischen Überleben unterzuordnen. 

Bei einem israelischen Angriff nahe einem Krankenhaus in Rafah im Süden des Gazastreifens sind nach Angaben des von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums elf Menschen getötet worden. 50 Menschen seien verletzt worden. Das israelische Militär erklärte, der Vorfall werde geprüft. 

Israelische Soldaten haben seit Beginn ihrer Offensive im Gazastreifen wiederholt Einsätze in und im Umkreis von Krankenhäusern durchgeführt. Israel wirft der Hamas vor, Krankenhäuser für militärische Zwecke zu missbrauchen.

02.03.2024 • 19:37 Uhr

Abbas besucht Ankara

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas will am Dienstag für Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach Ankara reisen. Dabei soll es um die Verhandlungen zum andauernden Gaza-Krieg gehen, wie der palästinensische Außenminister Riad Malki nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu sagte. Erdogan hatte den Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober zwar verurteilt, die dafür verantwortliche im Gazastreifen herrschende Hamas aber später als Befreiungsorganisation bezeichnet.

Abbas steht an der Spitze der Palästinensischen Autonomiebehörde, die Teile des von Israel besetzten Westjordanlands verwaltet. Nach Vorstellungen der US-Regierung soll sich diese einer Reform unterziehen und eine führende Rolle bei der Verwaltung des vormals von der Hamas beherrschten Gazastreifens spielen, sobald der Krieg beendet ist. Die israelische Regierung hat sich bislang ablehnend zu diesem Plan geäußert.     

US-Vizepräsidentin Kamala Harris trifft sich einem Insider zufolge am Montag mit dem israelischen Minister Benny Gantz. Dieser gehört dem Kriegskabinett an. Das Treffen werde im Weißen Haus stattfinden, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters weiter von einem Vertreter der US-Regierung, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Die mögliche Einigung auf eine Freilassung von Geiseln und auf eine befristete Feuerpause im Gaza-Krieg hängt nach Angaben der US-Regierung allein an der islamistischen Hamas. Der Rahmen für einen solchen Deal stehe und die Israelis hätten diese "mehr oder weniger akzeptiert", sagten hochrangige US-Regierungsvertreter in Washington. "Die Israelis haben den Elementen der Vereinbarung grundsätzlich zugestimmt. Jetzt liegt der Ball im Feld der Hamas." Die Gespräche liefen noch, betonten die US-Vertreter.

In den vergangenen Wochen seien erhebliche Fortschritte erzielt worden. Doch noch gebe es keine Einigung. Ziel sei weiterhin, diese möglichst bis zum Beginn des Ramadan zu erreichen. Die den Muslimen besonders heilige Festperiode beginnt um den 10. März. 

Das israelische Militär hat im Interesse der Erleichterung von Hilfslieferungen die zeitweise Einstellung militärischer Aktivitäten in einzelnen Gebieten des Gazastreifens angekündigt. Dies würde von Samstag bis einschließlich Donnerstag jeweils von 10 bis 14 Uhr (Ortszeit) in pro Tag unterschiedlichen Vierteln der Städte Rafah und Deir al-Balah gelten, teilte ein Militärsprecher am auf X, vormals Twitter, mit.

Die begrenzte Einstellung der Militäraktivitäten soll demnach auch dazu dienen, dass Zivilisten die Verteilungsstationen für die Hilfsgüter sicher erreichen können. 

Nach Angaben eines hochrangigen US-Vertreters steht der Rahmen für eine sechswöchige Waffenruhe im Gazastreifen. Zwar habe Israel zugestimmt, erklärt der Insider. Es hänge jedoch davon ab, ob die radikal-islamische Hamas einer Freilassung der Geiseln zustimme. "Der Deal ist im Grunde schon da. Aber ich möchte keine Erwartungen in die eine oder andere Richtung wecken." Eine Stellungnahme der Hamas liegt nicht vor.

Die USA haben offenbar damit begonnen, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aus der Luft mit Hilfsgütern zu versorgen. Die Sender CNN und NBC berichteten am Samstag unter Berufung auf Regierungskreise, drei Transportflugzeuge des US-Militärs hätten insgesamt 66 Pakete mit Zehntausenden Mahlzeiten über dem Krisengebiet abgeworfen. 

USA beginnen mit Hilfslieferungen aus der Luft für Zivilbevölkerung im Gazastreifen

Astrid Halder, ARD Tel Aviv, tagesschau, 02.03.2024 20:00 Uhr
02.03.2024 • 15:22 Uhr

Kirchenführer beschuldigen Israel

Nach der Katastrophe rund um einen Hilfskonvoi im Gazastreifen haben die Oberhäupter der christlichen Kirchen Jerusalems schwere Vorwürfe gegen das israelische Militär erhoben. Auch die Deutsche Bischofskonferenz äußerte sich bestürzt. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen die Jerusalemer Kirchenführer von einem "mutwilligen Angriff auf unschuldige Zivilisten".

Dabei beriefen sich die Kirchenführer auf nicht näher genannte Augenzeugen des Vorfalls. Demnach hätten israelische Soldaten am Donnerstagmorgen das Feuer auf eine palästinensische Menschenmenge eröffnet, die im nördlichen Gazastreifen Lebensmittel entgegennehmen wollte.

Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der Deutschen Bischofskonferenz, Udo Bentz, schrieb auf der Plattform X, die Katastrophe sei ein schockierender neuerlicher Beleg für die humanitär inakzeptable Situation, der die Zivilbevölkerung im gesamten Gaza-Streifen ausgesetzt sei.

02.03.2024 • 14:02 Uhr

Hisbollah meldet sieben Tote

Israel hat bei Angriffen auf Ziele im Libanon sieben Hisbollah-Terroristen getötet. Die schiitische Miliz bestätigte, dass sieben ihrer Mitglieder ums Leben gekommen seien, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Nach Angaben der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA wurde unter anderem ein Auto mit Hisbollah-Leuten in der Gegend um Nakura an der Südküste von einer israelischen Drohne getroffen.

Dabei seien drei Insassen getötet worden. Vier weitere Hisbollah-Leute seien ums Leben gekommen, als in der Nacht ein Haus in der Stadt Ramia beschossen worden sei, erfuhr die Nachrichtenagentur AP aus libanesischen Sicherheitskreisen.

Nach dem Tod Dutzender Menschen bei einer Hilfslieferung in der Stadt Gaza hat die Afrikanischen Union (AU) Israel die "Massentötung von Palästinensern" vorgeworfen."Der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, verurteilt den Angriff der israelischen Streitkräfte, bei dem mehr als Hundert Palästinenser auf der Suche nach lebensrettender humanitärer Hilfe getötet und verwundet wurden", hieß es in einer Erklärung der AU im Onlinedienst X.

Der AU-Chef fordere "eine internationale Untersuchung des Vorfalls, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen", hieß es weiter. Zudem wird eine "sofortige und bedingungslose Waffenruhe" verlangt.

Das israelische Militär hat im Süden Libanons nach eigenen Angaben ein Auto mit Mitgliedern der vom Iran unterstützten Hisbollah-Milizen getroffen. "Heute Morgen haben Flugzeuge der Armee ein Fahrzeug im Südlibanon angegriffen, in dem mehrere Terroristen unterwegs waren, die Raketen auf israelisches Territorium abgefeuert haben", teilte die Armee mit.

Zudem hätten Kampfjets "terroristische Infrastruktur" der Hisbollah in der Gegend von Labuneh und in der Nacht zwei Militärstützpunkte der Hisbollah in der Nähe des Ortes Blida angegriffen. 

Der vor fast zwei Wochen bei einem Huthi-Angriff beschädigte Frachter "Rubymar" ist nach Angaben der international anerkannten jemenitischen Regierung im Golf von Aden gesunken. Der Schaden hatte bereits vergangene Woche einen Ölteppich von 29 Kilometer Länge verursacht. Befürchtet wird nun eine weitaus größere Umweltkatastrophe, da das unter der Flagge von Belize fahrende Schiff etwa 41.000 Tonnen Düngemittel geladen hatte. Die Crew wurde nach dem Angriff nach Dschibuti am Horn von Afrika gebracht.

"Rubymar" ist das erste Schiff, das von den Huthi im Roten Meer komplett zerstört wurde, seit die vom Iran unterstützte Miliz ihre Angriffe auf Schiffe gestartet hat.

Verhandlungen über eine Feuerpause im Gazastreifen sollen morgen in Kairo wiederaufgenommen werden. Das teilten der Nachrichtenagentur Reuters zufolge ägyptische Sicherheitskreise mit. Beide Seiten hätten sich bereits auf die Dauer des Waffenstillstands geeinigt. Auch der Austausch von Geiseln und Gefangenen sei abgesprochen. Offen sei jedoch noch eine Einigung über den Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Norden des Gazastreifens. Auch die Rückkehr seiner Bewohner müsse noch geregelt werden.

Der Außenminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Riyad al-Maliki, hat erneut mitgeteilt, auf eine Feuerpause rechtzeitig zum Ramadan zu hoffen. Der muslimische Fastenmonat beginnt am 10. März. Israel und die Hamas verhandelten derzeit über einen möglichen Waffenstillstand, berichtete al-Maliki im türkischen Antalya. Weiter teilte er mit, nur die Autonomiebehörde sei legitimiert, nach Ende des Krieges im Gazastreifen zu regieren.

Riyad al-Maliki (Archiv)

Die UN-Frauenrechtsorganisation schätzt die Zahl der bei israelischen Angriffen im Gazakrieg getöteten Palästinenserinnen auf etwa 9.000. Viele weitere seien vermutlich unter den Trümmern eingestürzter Gebäude begraben, teilte UN Women mit. An jedem weiteren Kriegstag würden durchschnittlich 63 Frauen getötet, wenn es so weitergehe. 37 dieser Frauen seien im Durchschnitt Mütter, die ihre Kinder dann mit viel weniger Schutz zurücklassen würden.

UN Women teilte mit, dass bei einer Befragung von 120 Frauen von 8. bis 11. Februar 84 Prozent berichtet hätten, ihre Familien würden täglich weniger als die Hälfte dessen essen, was sie vor dem Krieg hatten. Ungefähr ebenso viele sagten, mindestens ein Familienmitglied habe Mahlzeiten auslassen müsse. Ohne eine sofortige humanitäre Waffenruhe würden in den kommenden Tagen und Wochen noch viel mehr Menschen sterben, warnte UN Women.

Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben in der Nacht Abschussrampen für Raketen im Gazastreifen zerstört. Von dort seien am Donnerstag die israelische Stadt Sderot und am Freitag Zikim beschossen worden. Beide Orte liegen in unmittelbarer Nähe zu dem umkämpften Küstenstreifen.

Zudem hätten Bodentruppen bei Kämpfen gegen die islamistische Hamas seit Freitag im Zentrum des Gazastreifens und in westlichen Bereichen der im Süden gelegenen Stadt Chan Yunis mindestens 28 Gegner getötet sowie Waffen und militärische Ausrüstung gefunden. Dabei sei auch eine neuartige Waffe eingesetzt worden, zu der die Armee jedoch auch auf Nachfrage keine weiteren Details nennen wollte. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Im Gazastreifen sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde unter Kontrolle der militant-islamistischen Hamas bislang 30.320 Palästinenser der israelischen Offensive zum Opfer gefallen. In den vergangenen 24 Stunden seien mindestens 92 Menschen getötet und 156 verletzt worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Im Libanon sind bei einem israelischen Drohnenangriff nach Angaben aus Sicherheitskreisen, auf die sich die Nachrichtenagentur Reuters bezieht, drei Angehörige der Hisbollah-Miliz getötet worden. Ihr Wagen sei in der der Stadt Nakura getroffen worden. Das israelische Militär teilte mit, die Angaben würden geprüft.

US-Streitkräfte haben nach eigenen Angaben einen Schlag gegen eine Boden-Luft-Rakete der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen ausgeführt. Die Rakete hätte kurz vor dem Start aus dem Jemen gestanden. Das US-Zentralkommando teilte auf X mit, die Huthis hätten zuvor eine ballistische Anti-Schiffs-Rakete vom Jemen aus in Richtung Rotes Meer geschossen. Schiffe seien nicht beschädigt worden.

US-Präsident Joe Biden hat vor Journalisten mitgeteilt, er hoffe weiterhin auf ein Abkommen zur Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan am 10. März. Es sei aber noch nicht so weit.

Das israelische Militär hat im Süden Libanons nach eigenen Angaben erneut Militäranlagen der Schiiten-Miliz Hisbollah angegriffen. Die Armee gab am Abend bekannt, dass Kampfflugzeuge und die Artillerie zwei Einrichtungen der vom Iran unterstützten Miliz in der Gegend von Ramyah attackiert hätten.

"Eine Anzahl von Terroristen" habe eine der Militäranlagen verlassen, woraufhin sie angegriffen und getötet worden seien, hieß es. Die Angaben konnten unabhängig nicht überprüft werden. Die israelische Nachrichtenseite Ynet zitierte unterdessen am Abend eine der Hisbollah nahestehende Quelle, wonach das israelische Militär ein Dorf im Süden des Libanon angegriffen habe. Auch diese Angabe konnte nicht unabhängig überprüft werden.

Zudem habe die Hisbollah die Verantwortung dafür übernommen, erneut Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert zu haben, berichtete die israelische Nachrichtenseite weiter.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

US-Präsident Biden hat einen Abwurf humanitärer Hilfsgüter aus der Luft in den Gazastreifen angekündigt. Die EU-Kommission will weitere 68 Millionen Euro als Soforthilfe für die Palästinenser zahlen. Die Entwicklungen im Liveblog.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. März 2024 um 05:00 Uhr.