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Krieg in Nahost ++ Scholz telefoniert mit Netanyahu ++

Stand: 03.06.2024 01:17 Uhr

Kanzler Scholz hat mit dem israelischen Premier Netanyahu in einem Telefonat über die jüngsten Verhandlungsvorschläge gesprochen. Alle 36 Unterkünfte des UN-Palästinenserhilfswerks in Rafah sind leer. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen.

03.06.2024 • 01:17 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir schließen an dieser Stelle für heute den Liveblog und bedanken uns für Ihr Interesse.

Die Vereinigten Staaten halten nach einem Verhandlungsvorschlag den Druck auf Israel aufrecht, den Gaza-Krieg zu einem Ende zu führen. "Aus rein militärischer Sicht ist es so, wie Präsident Biden gesagt hat: Die Israelis haben die meisten ihrer Ziele in Gaza erreicht", erklärte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, in der Fernsehsendung "The Week" beim Sender ABC News. Die Hamas besitze zwar noch militärische Fähigkeiten und stelle auch weiterhin eine klare Gefahr für das israelische Volk dar, erklärte Kirby weiter. "Aber sie haben nicht mehr die militärischen Mittel, um das zu tun, was sie am 7. Oktober getan haben."

Biden hatte am Freitag überraschend Details eines Entwurfs für einen Gaza-Deal präsentiert und gesagt, es sei an der Zeit, dass der Krieg beendet werde. Die israelische Führung betont immer wieder, dass der Krieg im Gazastreifen erst beendet wird, wenn alle Ziele erreicht seien. Dazu gehöre die Zerstörung der Hamas.

Vor einer Entscheidung zur Wehrpflicht für ultraorthodoxe Männer haben Demonstranten am Sonntag Straßen in Jerusalem blockiert. Die Polizei vertrieb die Teilnehmer der Protestaktion von den Straßen und räumte auch Schienen der Stadtbahn frei. Die Demonstranten skandierten, sie würden eher ins Gefängnis statt zur Armee gehen. In Israel gilt eine allgemeine und mehrjährige Wehrpflicht für Männer und Frauen. Die politisch einflussreichen ultraorthodoxen Parteien haben sich aber Ausnahmen für ihre Gemeinden erstritten. Den Männern dort wird erlaubt, Vollzeit in religiösen Seminaren zu studieren statt beim Militär zu dienen. Diese Ungleichbehandlung hat im Rest der Bevölkerung Ressentiments geschürt. Das Höchste Gericht in Israel prüft derzeit die Rechtmäßigkeit der Ausnahmeregelung. Mit einer Entscheidung wird in den kommenden Wochen gerechnet

Die Malediven verbieten israelischen Staatsbürgern die Einreise. Die Regierung des Inselstaates im Indischen Ozean teilte mit, das Kabinett habe eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen. Zudem werde ein Ausschuss zur Überwachung des Verfahrens eingesetzt. In den überwiegend muslimischen Malediven wächst die öffentliche Wut über das Vorgehen des israelischen Militärs im Gazastreifen. Die Regierung teilte mit, Präsident Mohamed Muizu werde einen Sonderbeauftragten ernennen, der die Bedürfnisse der Palästinenser ermitteln und eine Spendenkampagne starten solle. Im vergangenen Jahr besuchten fast 11.000 israelische Staatsbürger die Malediven, was 0,6 Prozent der Gesamtbesucherzahl entsprach.

Katar und Saudi-Arabien haben ein Gesetzesvorhaben des israelischen Parlaments zur Einstufung des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge als Terrororganisation verurteilt. Das katarische Außenministerium teilte mit, der Entwurf sei ein Versuch, das Hilfswerk UNRWA zu demontieren. Aus Saudi-Arabien hieß es, die UNRWA-Mitarbeiter leisteten ihre Pflicht, um die humanitäre Katastrophe der Palästinenser zu lindern.

Der Gesetzentwurf, über den das Parlament in der vergangenen Woche zum ersten Mal abstimmte, ist das Ergebnis der zunehmend angespannten Beziehungen zwischen Israel und dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge. Israel wirft der Organisation Verbindungen zu militanten Organisationen vor und erklärt, dass Hunderte ihrer Mitarbeiter Mitglieder solcher Gruppen seien. Einige seien an den Angriffen auf den Süden Israels am 7. Oktober beteiligt gewesen.

Der Entwurf wurde in der ersten Lesung mit 42 zu sechs Stimmen angenommen und muss nun durch Ausschüsse und drei weitere Lesungen gehen, bevor er in Kraft treten kann.

Das UNRWA beschäftigt Tausende Mitarbeiter und erbringt Leistungen für Millionen Menschen im gesamten Nahen Osten. Im Gazastreifen stellt es der palästinensischen Zivilbevölkerung Nahrungsmittel, Wasser und Unterkünfte zur Verfügung.

Israel prüft alternative Regierungsformen für den Gazastreifen. Israel könne nicht zulassen, dass die Hamas weiter die Kontrolle halte, teilt Verteidigungsminister Joaw Gallant mit. "Wir werden Gebiete isolieren, Hamas-Aktivisten dort entfernen und Kräfte einsetzen, die die Bildung einer alternativen Regierung ermöglichen werden - einer Alternative, die die Hamas bedroht." Auf mögliche Alternativen ging er nicht näher ein. Die Hamas regiert den Gazastreifen seit 2007.

Bundeskanzler Scholz hat heute mit dem Premier von Israel, Benjamin Netanyahu, telefoniert. Das teilte das Bundespresseamt mit. Scholz habe die jüngsten israelischen Verhandlungsvorschläge begrüßt, die US-Präsident Biden präsentiert hatte. Die Bundesregierung schließe sich dem Appell Washingtons an, dass die Hamas ihrem mörderischen Treiben ein Ende setzen und die Geiseln freilassen müsse. Mit dem israelischen Angebot bestehe "die greifbare Aussicht auf ein Ende der Kämpfe und auf ein Ende des Krieges", hieß es.

Laut der Mitteilung bat Scholz Netanyahu, "weiter an einer nachhaltigen Verbesserung der humanitären und gesundheitlichen Versorgung für die Menschen im Gaza-Streifen zu arbeiten". Der Kanzler unterstrich demnach auch seine Sorge vor einem regionalen Flächenbrand, den zu verhindern gemeinsame Priorität sein müsse.

An Israels Grenze zum Libanon ist es erneut zu heftigem gegenseitigen Beschuss gekommen. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete, bei einem israelischen Luftangriff in Hula im Süden des Libanons seien zwei Zivilisten getötet worden. Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah reklamierte einen Angriff mit mehreren Drohnen auf eine israelische Militärbasis auf den besetzten Golanhöhen für sich und berichtete von Opfern. Israel bestätigte das bisher nicht.

Die israelische Armee teilte lediglich mit, die Luftwaffe habe einen militärischen Stützpunkt der proiranischen Hisbollah in der Bekaa-Ebene im Landesinneren angegriffen. Die Hisbollah habe zuvor eine Rakete auf eine israelische Drohne gefeuert, die in libanesischem Luftraum unterwegs gewesen sei. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Alle 36 Unterkünfte des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens sind nach Angaben der Organisation inzwischen leer. "Wegen der Einsätze der israelischen Streitkräfte waren Tausende von Familien zur Flucht gezwungen", schrieb UNRWA bei X.  Man schätze die Zahl der Binnenflüchtlinge in der benachbarten Stadt Chan Junis und im zentralen Abschnitt des Gazastreifens auf 1,7 Millionen. Insgesamt leben in dem schmalen Küstenstreifen rund 2,2 Millionen Menschen. "Die humanitären Gebiete schrumpfen weiter", schrieb die UN-Organisation und forderte eine sofortige Waffenruhe.

Rund 690.000 Frauen und Mädchen haben keinen Zugang zu Hygieneartikeln und sauberem Wasser. "Frauen und Mädchen sind gezwungen, von einem Unterschlupf zum nächsten zu fliehen", teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk in einem Post auf X mit. Humanitäre Versorgung und Zugang seien jedoch entscheidend.

Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog hat dem US-Präsidenten Joe Biden für seine laufenden Bemühungen um die Freilassung aller Geiseln in Gaza gedankt. Auf X betonte Herzog, dass er die Regierung bei der Aushandlung eines Abkommens zur Freilassung der Geiseln voll und ganz unterstützen werde. Es sei ihre Pflicht, diese Menschen nach Hause zu bringen.

Israels Oberstes Gericht ist zu einer Beratung über die umstrittene Frage der Wehrpflicht auch für ultraorthodoxe Männer zusammengekommen. Das Thema wird immer mehr zu einer Zerreißprobe für die rechtsreligiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Neun Richter befassen sich mit zwei Petitionen, die eine sofortige Einberufung wehrpflichtiger ultraorthodoxer Männer fordern. Mit einer Entscheidung wird aber erst zu einem späteren Zeitpunkt gerechnet. 

Seit Jahrzehnten geltende Ausnahmen für ultraorthodoxe Männer bei der Wehrpflicht in Israel waren vor zwei Monaten ausgelaufen. Es war Netanyahus Regierung bisher nicht gelungen, ein Gesetz zu verabschieden, das die Erleichterungen festschreiben sollte. Daraufhin ordnete das Oberste Gericht die Streichung der Subventionen für ultraorthodoxe Männer im wehrpflichtigen Alter an, die in Religionsschulen studieren. Die Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara entschied Ende März zudem, das Militär sei verpflichtet, auch die bisher weitgehend befreiten Religionsstudenten einzuziehen. Dabei handelt es sich nach Schätzungen um mehrere Zehntausend Männer. 

Die USA, Katar und Ägypten haben an die radikalislamische Hamas sowie an Israel appelliert, sich über einen von US-Präsident Joe Biden vorgestellten israelischen Waffenruhe-Plan im Gazastreifen zu einigen. Als Vermittler in den laufenden Gesprächen forderten sie beide Seiten nachdrücklich auf, das Abkommen abzuschließen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Staaten. Der Plan bringe die Forderungen aller Parteien in einer Vereinbarung zusammen, die mehreren Interessen diene.

Chile will sich Südafrikas Klage im Zusammenhang mit Israels Vorgehen im Gazastreifen vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) anschließen. In einer Rede vor dem Parlament beklagte der chilenische Präsident Gabriel Boric die "katastrophale humanitäre Lage" im Gazastreifen und forderte "eine entschlossene Reaktion der internationalen Gemeinschaft". Er kündigte an, dass sich sein Land Südafrikas Klage vor dem IGH "anschließen und diese unterstützen" werde.

Der IGH in Den Haag prüft derzeit eine im Dezember eingereichte Klage, in der Südafrika Israel "Völkermord" im Gazastreifen vorwirft. Der IGH wies Israel daraufhin im Januar an, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um bei seinem Vorgehen gegen die Hamas im Gazastreifen Handlungen im Zusammenhang mit einem "Völkermord" zu verhindern. Im Mai ordnete das Gericht zudem einen Stopp der israelischen Militäroffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens an. 

Kämpfer der Hamas und anderer militanter Gruppen hatten am 7. Oktober einen beispiellosen Angriff auf Israel verübt und dabei israelischen Angaben zufolge mehr als 1.189 Menschen getötet. Zudem wurden 252 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion auf den Großangriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 36.300 Menschen getötet.

Die US-Streitkräfte teilen den Abschuss einer Drohne im südlichen Roten Meer mit. Zwei weitere Drohnen seien ins Meer gestürzt, so US-Zentralkommando. Das US-Militär habe außerdem zwei ballistische Anti-Schiffs-Raketen der Huthi, die in Richtung des Schiffes "USS Gravely" abgefeuert wurden, zerstört. Es wurden keine Verletzungen oder Schäden von den betroffenen Schiffen gemeldet, hieß es weiter.

Die jemenitische Huthi-Miliz meldet den Angriff auf sechs Ziele im Roten Meer und im Indischen Ozean. Wie der Militärsprecher der vom Iran unterstützten Gruppe, Yahya Saree, mitteilt, sind darunter ein US-Flugzeugträger, ein US-Zerstörer und drei weitere Schiffe. Es sei bereits der zweite Angriff auf den amerikanischen Flugzeugträger "Eisenhower" in den vergangenen 24 Stunden. Man habe mit Raketen und Drohnen angegriffen, so der Sprecher.

02.06.2024 • 05:52 Uhr

Liveblog vom Samstag zum Nachlesen

Tausende Israelis demonstrieren erneut für eine Vereinbarung mit der Hamas, damit die verbliebenen Geiseln freikommen. Medien zufolge beraten Israel, die USA und Ägypten morgen über eine Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah. Der Liveblog zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. Juni 2024 um 10:00 Uhr.