Eine U-Bahn-Station in Kiew wird als Bunker genutzt.
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Krieg gegen die Ukraine ++ Kiew seit Februar 694 Stunden im Alarmzustand ++

Stand: 31.12.2022 02:27 Uhr

Seit Beginn des Angriffskriegs verbrachten die Menschen in der ukrainischen Hauptstadt knapp 694 Stunden in Schutzräumen und Bunkern. Russland spricht erstmals von zivilen Opfern in Mariupol. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

31.12.2022 • 02:27 Uhr

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Die Ukraine hat nach eigener Darstellung in der Region Luhansk den kleinen Ort Nowoseliwske erobert. Dieser liegt etwa 20 Kilometer nordwestlich von Swatowe, ein wichtiges Ziel der Ukraine in der Region. Russland habe bei den Kämpfen Soldaten und Kriegsgerät verloren, erklärte die örtliche Verwaltung von Luhansk auf Telegram. "Einige der Besatzer wurden gefangengenommen." Ein Video soll gefangene russische Soldaten zeigen. Die Angaben und die Echtheit der Aufnahmen können von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden. Eine russische Stellungnahme liegt nicht vor.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs und seit Ausrufung des Kriegszustands in der Ukraine haben mehrere Tausend junge Ukrainer versucht, sich dem Wehrdienst zu entziehen. Wie die ukrainischen Grenztruppen mitteilten, wurden knapp 12.000 Männer bei dem Versuch gefasst, die Grenze illegal in Richtung westliches Ausland zu überqueren.

Bei der illegalen Grenzüberquerung seien auch 15 Männer ums Leben gekommen. Unter anderem erfroren den Angaben zufolge zwei Männer in den Karpaten auf dem Weg nach Rumänien.

Auch in Russland versuchten Tausende junge Männer, sich dem Wehrdienst zu entziehen. Unmittelbar nach der Mobilmachung im September flohen Tausende ins Ausland, in einigen ehemaligen Sowjetrepubliken entstanden kleinere russische Kolonien.

Die russische Armee hat angesichts ihrer Verluste in der Ukraine nach Meinung des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow ihre Schlagkraft auf Jahre hinaus verloren. Nach Resnikows Einschätzung werden die russischen Streitkräfte mindestens fünf Jahre für den Wiederaufbau brauchen. "Nach Erkenntnissen der NATO-Aufklärung haben die Russen gewaltige Verluste an Panzern, Artillerie, Schützenpanzern und Soldaten", sagte Resnikow der "Ukrajinska Prawda" zufolge.

"Die regulären Streitkräfte der Russischen Föderation könnten frühestens in fünf Jahren wiederhergestellt werden, vielleicht auch erst in zehn Jahren", sagte der Minister. Das gleiche gelte auch für Russlands Raketen-Potenzial. Über die eigenen Streitkräfte machte Resnikow keine Angaben.

Die Ukraine meldet kleinere Geländegewinne in Teilen des östlichen Donbass. "Insgesamt halten wir unsere Stellungen", sagt Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Es gibt auch einige Frontabschnitte, an denen wir etwas vorrücken." Die Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden, eine russische Stellungnahme liegt nicht vor. Für das kommende Jahr kündigt Selenskyj zudem eine weitere Stärkung der Luftabwehr an.

Als Folge immer neuer russischer Raketenangriffe auf ukrainische Städte hat Selenskyj einen weiteren Ausbau der Luftabwehr angekündigt. "Im neuen Jahr wird die ukrainische Luftverteidigung noch stärker, noch effektiver", sagte er. Dadurch könne die Luftabwehr der Ukraine die stärkste in ganz Europa werden. "Dies wird eine Sicherheitsgarantie nicht nur für unser Land, sondern für den gesamten Kontinent sein."

Der britische Historiker Ian Kershaw geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der russische Angriffskrieg in der Ukraine im kommenden Sommer vorbei sein wird. "Im Frühjahr werden wir sehen, ob die Ukrainer mit westlicher Unterstützung zu einer neuen Offensive bereit sind, mit der sie die Angreifer zurückdrängen können. Wenn das der Fall ist, dann könnten wir im Frühjahr oder Sommer auf dem Weg zu der einen oder anderen Lösung sein", sagte der 79-Jährige in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung".

Der "derzeitige Grad der Zermürbung" sei für beide Seiten schwer zu ertragen, so der Historiker. "Deshalb vermute ich, dass der Krieg in einem halben Jahr vorbei ist." Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich in eine Lage gebracht, die er nie vorhergesehen habe. "Er befindet sich jetzt in einem Krieg, den er nicht gewinnen kann und der sehr kostspielig und schädlich ist."

Nun gelte es abzuwarten, in welchem Zustand die Streitkräfte auf beiden Seiten am Ende dieses Winters sein werden. "Für die Ukraine wird das ein sehr harter Winter, aber natürlich auch für viele Russen."

Der Krieg gegen das Nachbarland habe für Moskau auch langfristige Konsequenzen, sagte Kershaw. "Russland ist jetzt isoliert, jedenfalls in Europa. In dem Sinne war die Entscheidung, in die Ukraine einzumarschieren, eine teure Entscheidung. Sie verändert Europa, wie genau, ist noch nicht absehbar", so der 79-Jährige. Klar sei allerdings schon jetzt: "Der Krieg hat uns bereits eine neue Energiepolitik aufgezwungen und eine Rezession beschert."

Ausländische Investoren aus sogenannten "unfreundlichen" Staaten müssen möglicherweise beim Verkauf russischer Vermögenswerte massive Abschläge in Kauf nehmen. Das Finanzministerium in Moskau veröffentlichte das Protokoll einer Sitzung der zuständigen Regierungskommission vom 22. Dezember, in dem über einen Abschlag von "mindestens 50 Prozent des Marktwertes" die Rede ist.

Diskutiert wurde demnach auch eine Pflicht zu gewissen Zahlungen über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren oder von zehn Prozent des Wertes der Transaktion an den Staat. Betroffen wären "ausländische Personen, die mit ausländischen Staaten verbunden sind, die unfreundliche Handlungen gegen russische juristische und natürliche Personen begehen". Mit "unfreundlich" werden in Russland Staaten bezeichnet, die nach dem Beginn des Angriffskriegs in der Ukraine Sanktionen verhängt haben. Dazu zählen etwa die EU-Staaten oder die USA.

Es blieb zunächst unklar, wie die Regierung in Moskau die besprochenen Maßnahmen umsetzen würde und ob sie für jeden Verkauf gelten sollen. Im Sommer war eine Gesetzesvorlage im Parlament gescheitert, die es erlaubt hätte, westliche Vermögenswerte zu beschlagnahmen. Präsident Wladimir Putin unterzeichnete im August ein Dekret, die es Investoren aus "unfreundlichen" Ländern verbietet, Anteile an gewisse Schlüssel-Branchen wie dem Energiesektor und Banken ohne seine ausdrückliche Genehmigung zu veräußern.

Litauen rüstet vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter auf: Zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der eigenen Streitkräfte wird das NATO-Land 18 französische Radhaubitzen vom Typ Caesar Mark II beziehen. Dies vereinbarte Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas bei einem Besuch in Paris mit seinem französischen Kollegen Sébastien Lecornu.

Der Baltenstaat schließe sich dazu dem Entwicklungsprogramm für die Artilleriegeschütze an, wie das Verteidigungsministerium in Vilnius mitteilte. Die auf Lastwagen montierten Geschützes mit einem Kaliber von 155 Millimeter sollen ältere Haubitzen mit geringerer Reichweite ersetzen und bis 2027 an Litauen ausgeliefert werden. Den Angaben zufolge wird Litauen zwischen 110 und 150 Millionen Euro für die Beschaffung des sich noch in Entwicklung befindlichen Waffensystems aufwenden.

Litauen grenzt an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad und an Russlands Verbündeten Belarus. Das EU-Land sieht den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit und hat deshalb seine Militärausgaben massiv erhöht.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben in der Hauptstadt Kiew die Alarmsirenen 638 Mal geheult. Insgesamt habe seit Ende Februar damit knapp 694 Stunden lang Alarmzustand geherrscht, teilte Kiews Militär-Verwaltungschef Serhij Popko mit. "Das sind praktisch 29 Tage, fast ein ganzer Kalendermonat, den die Bürger der Stadt in Schutzräumen und Bunkern verbracht haben."

Insgesamt habe die Hauptstadt 52 Luftangriffe erlebt, bei denen 120 Menschen ums Leben kamen, unter ihnen fünf Kinder. 495 Menschen seien bei den Angriffen mit Raketen und Marschflugkörpern verletzt worden. Durch die Angriffe seien über 600 Gebäude beschädigt worden, sagte Popko. Die kritische Infrastruktur der Hauptstadt sei erheblich beschädigt worden.

"2022 war das schlimmste Jahr in der neueren Geschichte Kiews", betonte Popko. Nachdem der Vormarsch der russischen Bodentruppen auf Kiew abgeschlagen worden sei, sei der Feind zu dem "Genozid aus der Luft" übergegangen. Erst in der Nacht zu Freitag war nach Darstellung ukrainischer Militärs ein neuer Angriff auf Kiew mit sogenannten Kamikaze-Drohnen abgewehrt worden.

Monate nach der blutigen Eroberung der ukrainischen Hafenstadt Mariupol hat Russland von 3000 getöteten Zivilisten gesprochen und damit erstmals eigene Schätzungen veröffentlicht. Die Schäden, die der Stadt bei der monatelangen Belagerung entstanden sind, bezifferte das russische Ermittlungskomitee in einer Pressemitteilung zugleich auf umgerechnet etwa 2,3 Milliarden Euro. Moskau machte für die Schäden und Verluste Kiew verantwortlich. Internationale Organisationen werfen hingegen Russland zahlreiche Kriegsverbrechen bei der Annexion Mariupols vor.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Kämpfe um die im Gebiet Donezk gelegene Großstadt Mariupol begannen unmittelbar nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar. Die letzten ukrainischen Verteidiger der monatelang belagerten Stadt gingen am 20. Mai in russische Kriegsgefangenschaft. Nach Angaben Kiews sind durch den ständigen Artilleriebeschuss und die humanitäre Notlage, die durch die russische Belagerung entstand, Zehntausende Zivilisten ums Leben gekommen. Auch die EU und die Vereinten Nationen haben Moskau Kriegsverbrechen während der Kämpfe um Mariupol vorgeworfen.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: von Russland annektierte Gebiete.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.

Altbundespräsident Joachim Gauck hat sich für eine klare und starke Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine ausgesprochen. Es gebe bei diesem Krieg eindeutig einen Aggressor und ein Opfer, und sei nicht wie oft im Leben, dass beide an einem Konflikt irgendwie schuld seien. "Hier gibt es eindeutig einen Schuldigen und ein Opfer", sagte Gauck am Rande des Europäischen Jugendtreffens der christlich-ökumenischen Taizé-Gemeinschaft in Rostock, wo er am Mittagsgebet teilnahm. Eine richtige Politik unterstütze den Überfallenen. Er selbst habe Schwierigkeiten mit einem politischen Pazifismus. Pazifismus als individuelle Entscheidung sei "achtens- und ehrenwert". "Eine Politik des Pazifismus, die nicht wagt, Partei zu ergreifen, auch wenn ganz klar Opfer und Täter zu erkennen sind, ist für mich ethisch nicht nachzuvollziehen, übrigens auch religiös nicht", so Gauck weiter.

China will zum Krieg in der Ukraine keine Stellung beziehen. Präsident Xi Jinping habe dem russischen Staatschef Wladimir Putin bei einer Videokonferenz am Freitag gesagt, dass China seine "objektive und faire" Haltung beibehalten wolle, berichtete der chinesische Staatssender CCTV. China habe zur Kenntnis genommen, dass Russland sich nie geweigert habe, mittels Verhandlungen zu einer Lösung des Konflikts zu kommen, wird Xi zitiert. Der Weg zu Friedensgesprächen werde aber nicht reibungslos verlaufen.

Der Chef des Eurovision Song Contest (ESC) hat den andauernden Ausschluss Russlands aus dem Wettbewerb verteidigt. Der Schritt sei hart gewesen und sei es immer noch, sagte Martin Österdahl im Gespräch mit Abba-Sänger Björn Ulvaeus im Sender BBC Radio 4. Allerdings sei die Maßnahme gerechtfertigt. "Auch wenn wir uns nicht als politisch verstehen, sollten wir immer für die grundlegenden und ultimativen Werte der Demokratie eintreten", sagte Österdahl. "Dies wird ein Eurovision Song Contest, der die Werte, über die wir reden, aufrechterhält: Solidarität, Zuwendung, Vereinigung durch Musik."

Russland war wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine bereits vom ESC 2022 ausgeschlossen worden. Den Wettbewerb gewann die ukrainische Gruppe Kalush Orchestra mit dem Lied "Stefania". Damit haben die Ukrainer eigentlich das Recht auf die Austragung im Folgejahr. Da die Veranstaltung aber aus Sicherheitsgründen nicht in der Ukraine über die Bühne gehen kann, springt Großbritannien als Zweitplatzierter von 2022 mit dem Austragungsort Liverpool als Gastgeber ein.

IOC-Präsident Thomas Bach ist Diskussionen über eine Lockerung oder gar Aufhebung der Sanktionen gegen Russland und Belarus wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine entgegengetreten. "Diese Sanktionen gegen die russischen und belarussischen Staaten und Regierungen müssen und werden auch weiterhin bestehen bleiben", sagte er in seiner Neujahrsansprache. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte den von Belarus unterstützten Einmarsch russischer Streitkräfte in die Ukraine kurz nach den Olympischen Winterspielen in Peking verurteilt und beschlossen, dass zukünftig weder in Russland noch in Belarus internationale Sportveranstaltungen durchgeführt werden. Überdies dürfen keine nationalen Symbole der beiden Länder bei Veranstaltungen oder Treffen gezeigt werden. Athleten beider Länder sind in den meisten Sportarten von internationalen Großereignissen ausgeschlossen.

Zuletzt hatte ein Olympia-Gipfel am 9. Dezember den Athleten aus Russland und Belarus die Tür zur Rückkehr in internationale Sportwettkämpfe trotz des Krieges in der Ukraine geöffnet. Die Gipfel-Teilnehmer hatten einstimmig dafür votiert, einen Antrag des asiatischen Dachverbandes OCA zu prüfen, der Sportlerinnen und Sportlern der beiden Länder eine Teilnahme an seinen Wettbewerben unter neutraler Flagge und ohne Abspielen der Hymnen ermöglichen will. Bedingung sei laut IOC, dass diese Athleten die olympische Charta und die bestehenden Sanktionen wegen des Krieges in der Ukraine respektierten.

Das Verteidigungsministerium in Minsk hat nach dem Fund einer Flugabwehrrakete auf belarussischem Staatsgebiet von einer möglichen Provokation Kiews gesprochen. "Entweder wurde die ungelenkte Flugabwehrrakete wegen der schlechten Ausbildung der Mannschaft unabsichtlich abgefeuert, oder die Rakete war defekt, oder aber es handelt sich um absichtliche Provokation der ukrainischen Streitkräfte", sagte der Chef der belarussischen Flugabwehr, Kirill Kasanzew, in einer im Nachrichtenkanal Telegram verbreiteten Stellungnahme des Ministeriums.

Staatsmedien in der belarussischen Hauptstadt Minsk hatten berichtet, dass eine vom Flugabwehrsystem S-300 abgeschossene Rakete am Donnerstagvormittag auf belarussisches Staatsgebiet gefallen sei. Kasanzews Angaben nach wurde sie über dem Landkreis Iwanawa im westbelarussischen Gebiet Brest abgefangen. Wegen des Vorfalls wurde in Minsk bereits der ukrainische Botschafter einberufen. Kiew seinerseits hat die Bereitschaft erklärt, an der Aufklärung des Vorfalls mitzuarbeiten.

30.12.2022 • 11:43 Uhr

Putin lädt Xi zu Staatsbesuch ein

Russlands Präsident Wladimir Putin hat den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping im Frühling zu einem Staatsbesuch nach Moskau eingeladen. "Im nächsten Jahr wird sich der intensive bilaterale Austausch fortsetzen, daran zweifle ich nicht. Und wir werden eine Möglichkeit finden, uns persönlich zu treffen", sagte Putin in einer auf der Kreml-Homepage veröffentlichten Videoschalte mit Xi Jinping. Putin war Anfang des Jahres zu den Olympischen Winterspielen in Peking, zuletzt haben sich die beiden bei einem Gipfel in Usbekistan im Herbst getroffen. Das Verhältnis beider Staaten gilt als gut.

Dem Kreml zufolge hat Xi Jinping Pekings Bereitschaft erklärt, in der aktuellen politischen Lage weiter Partner Moskaus zu sein. Putin wiederum nannte die Beziehungen beider Staaten beispielhaft für die Zusammenarbeit von Großmächten im 21. Jahrhundert. Der 70-Jährige erklärte die Stärkung der gemeinsamen Militär- und Rüstungspolitik zu einem der wichtigsten Aufgabenfelder.

Der Westen hat nach Ansicht von Vitali Klitschko das Expansionsstreben des russischen Präsidenten Wladimir Putin unterschätzt. "Der größte Fehler westlicher Politiker war es zu denken, Putin würde sich mit der Annexion der Krim sowie Donezk und Luhansk zufriedengeben", sagte der Bürgermeister von Kiew dem "Spiegel" in einem am Freitag veröffentlichten Interview.  Putin gehe "so weit, wie wir es ihm erlauben", sagte Klitschko. "Er verkauft sich als Sammler ehemaliger russischer Territorien und wird die Ukraine nie akzeptieren, weil sie einmal Teil Russlands war."

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir haben Unternehmen für Sachspenden an die Ukraine gedankt. Diese Hilfe werde auch im kommenden Jahr benötigt, betonten die beiden Grünen-Politiker. "Wir haben angesichts der brutalen Angriffe auf die zivile Infrastruktur Unternehmen gebeten, technische Güter, wie beispielsweise Transformatoren für die Ukraine zu spenden", sagte Habeck der Nachrichtenagentur dpa Berlin. "Und das haben die im großen Umfang getan." Über das Hilfsprojekt "German Food Bridge" wurden zudem von März bis Jahresende 497 Hilfslieferungen mit Lebensmitteln in die Ukraine organisiert und vermittelt. Das Gesamtvolumen der zugesagten Spenden beläuft sich bisher auf insgesamt 13.15 Paletten.

Özdemir, dessen Ministerium die Lebensmittelhilfe koordiniert, dankte den Firmen und Organisationen, die gespendet haben sowie den Freiwilligen, "die teilweise unter Einsatz ihres Lebens Hilfslieferungen in die Kriegsgebiete bringen". Etwa 2300 technische Güter wurden laut Habeck mit Hilfe der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in die Ukraine geliefert, darunter knapp 30 Transformatoren. "In den letzten Wochen haben deutsche Unternehmen noch mal mehr als 60 Transformatoren zur Spende angeboten, darunter auch mehrere große." Weitere würden produziert, die die Bundesregierung den Firmen dann abkaufe, um sie an die Ukraine zu liefern.

Kurz vor dem Jahreswechsel liegt die Zahl der Einreisen in die Ukraine nach Angaben des polnischen Grenzschutzes höher als die der Ausreisen. Am Donnerstag seien rund 31.000 Menschen von Polen aus in die Ukraine eingereist, teilte die Behörde auf Twitter mit. Im gleichen Zeitraum wurden demnach 27.200 Ausreisen gezählt. "Vor der Jahreswende und den orthodoxen Feiertagen kehren viele in die Ukraine zurück", sagte eine Sprecherin des Grenzschutzes der Nachrichtenagentur dpa. Das orthodoxe Weihnachtsfest wird am 7. Januar gefeiert.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar gegen die Ukraine hat der polnische Grenzschutz knapp 8,8 Millionen Ausreisen aus dem östlichen Nachbarland gezählt, die Zahl der Einreisen lag bei knapp sieben Millionen. Diese Angaben beziehen sich auf den Grenzverkehr, sie lassen keine direkten Schlüsse auf die Zahl der Kriegsflüchtlinge zu. Nach Angaben der Regierung in Warschau von November leben rund 1,3 Millionen Ukraine-Flüchtlinge im Land. Polen und die Ukraine verbindet eine mehr als 500 Kilometer lange Grenze.

Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine

Der polnische Grenzschutz registriert kurz vor Jahreswechsel etwas mehr Einreisen in die Ukraine als Ausreisen.

Großbritannien unterstützt die Ukraine bei der Räumung von Minen und nicht explodierten Geschossen. Es seien mehr als 1000 Metalldetektoren und 100 Ausrüstungspakete zur Bombenentschärfung geliefert worden, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. "Russlands Einsatz von Landminen sowie Angriffe auf zivile Infrastruktur unterstreichen die schockierende Grausamkeit der Invasion (des russischen Präsidenten Wladimir) Putins", sagte Ressortchef Ben Wallace. "Dieses neue britische Unterstützungspaket wird der Ukraine helfen, Land und Gebäude sicher zu räumen, während sie ihr rechtmäßiges Territorium zurückerobert."

Ein ukrainischer Soldat steht neben sicher gestellten Minen.

London unterstützt die Ukraine bei der Minenräumung mit Metalldetektoren und Ausrüstungspaketen zur Entschärfung.

Ein russischer Truppenverband in einem umkämpften Gebiet in der Ostukraine bekommt nach britischen Angaben vermutlich erneut eine neue Führung. Generalleutnant Jewgenij Nikiforow sei wahrscheinlich dabei, das Kommando über Russlands Westliche Streitkräftegruppe (WGF) zu übernehmen, schrieb das britische Verteidigungsministerium in seinem regelmäßigen Geheimdienst-Update. Er wäre demnach der mindestens vierte Kommandeur an der Spitze des Verbands seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar. Die WGF hat nach britischer Einschätzung mit ziemlicher Sicherheit die Aufgabe inne, Russlands rechte Flanke in dem Gebiet rund um die Städte Kreminna und Swatowe zu halten. Das ukrainische Militär hatte am Donnerstag ein Vorankommen bei Kreminna gemeldet. Zuvor hatte eine amerikanische Denkfabrik mitgeteilt, die russische Armee sammle im Gebiet Luhansk Truppen und rüste sich für eine Entscheidungsschlacht.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

Die russische Armee soll in der Nacht 16 Kamikaze-Drohnen auf Ziele in der Ukraine gestartet haben. Alle Flugkörper seien zerstört worden, meldet die ukrainische Luftwaffe. Die russischen Drohnen seien aus dem Südosten und dem Norden in den Luftraum eingedrungen.

Die Stadtverwaltung in Kiew berichtet von fünf Drohnen, die über der Hauptstadt abgeschossen wurden. Dabei seien ein Verwaltungsgebäude teilweise zerstört und die Fenster eines Wohnhauses beschädigt worden. Über Tote und Verletzte gab es keine Berichte.

Nach ukrainischen Angaben wurden in der Nacht alle russischen Angriffsdrohnen zerstört, die auf Ziele in der Region Kiew ausgerichtet waren. Das teilte Gouverneur Oleksiy Kuleba mit. Er sagte nicht, um wie viele Drohnen es sich handelte.

Russland setzt Kamikaze-Drohnen inzwischen meist nachts ein, um der ukrainischen Flugabwehr die Bekämpfung zu erschweren.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nach Angaben der ukrainischen Präsidentenberaterin Alona Verbytska werden seit Kriegsbeginn in der Ukraine Tausende Soldaten und Zivilisten vermisst. "Russland hat aktuell 3392 ukrainische Kriegsgefangene bestätigt, aber in der Ukraine gelten derzeit 15.000 Menschen als vermisst, darunter viele Zivilisten", sagte Verbytska dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Das Schicksal dieser Menschen sei völlig ungewiss, sagt Verbytska, die sich als Ombudsfrau für die Rechte ukrainischer Soldaten und Soldatinnen engagiert. "Wir wissen nicht, was mit ihnen geschehen ist. Befinden sie sich auch in russischer Kriegsgefangenschaft, sind sie aus russisch besetzten Gebieten verschleppt oder womöglich längst umgebracht worden? Diese Ungewissheit ist besonders für die Angehörigen, um die ich mich mit meiner Arbeit kümmere, ganz schrecklich", erklärt Verbytska, die in ihrer Funktion auch Beraterin von Präsident Wolodymyr Selenskyj ist und bei der Suche nach Vermissten hilft.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Deutschland und die anderen Bündnisstaaten zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine aufgerufen. "Es mag paradox klingen, aber militärische Unterstützung für die Ukraine ist der schnellste Weg zum Frieden", sagte der Norweger der Nachrichtenagentur dpa zum Jahreswechsel. Hintergrund sei, dass Russlands Präsident Wladimir Putin davon überzeugt werden müsse, dass er sein Ziel, die Kontrolle über die Ukraine zu übernehmen, nicht erreichen werde. Dann könne es eine friedliche Verhandlungslösung geben, die ein Überleben der Ukraine als unabhängiger demokratischer Staat gewährleiste.

Stoltenberg machte dabei auch deutlich, dass er die jüngsten ukrainischen Angriffe auf militärische Ziele in Russland für vollkommen legitim hält. "Jedes Land hat das Recht, sich zu verteidigen. Auch die Ukraine", sagte er. Bei den ukrainischen Angriffen müsse auch der Kontext gesehen werde. Dieser sei massive russische Angriffe auf zivile Infrastruktur, die darauf abzielen, ukrainischen Zivilisten im Winter Wasser, Heizung und Strom zu nehmen.

Jens Stoltenberg

NATO-Generalsekretär Stoltenberg ruft zu weiteren Waffenlieferungen in die Ukraine auf.

Die massiven russischen Raketenangriffen auf die Energieinfrastruktur der Ukraine haben nach Angaben Kiews zu Stromausfällen in weiten Teilen des Landes geführt. "Heute Abend kommt es in den meisten Regionen der Ukraine zu Stromausfällen", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Abend in einer Videoansprache. "Besonders schwierig" sei die Lage unter anderem in der Region Kiew und in der Hauptstadt selbst, in der westlichen Region Lwiw sowie in den Regionen Odessa und Cherson im Süden des Landes.

Mit jedem dieser Raketenangriffe treibe sich Russland "nur noch tiefer in eine Sackgasse", sagte Selenskyj. "Sie haben immer weniger Raketen." Nach Angaben von Innenminister Denys Monastyrsky wurden bei den Raketenangriffen am Donnerstag drei Menschen getötet. Sechs weitere Menschen, unter ihnen ein Kind, seien verletzt worden. 

Ukraine meldet massive Stromausfälle nach jüngsten russischen Angriffen

tagesschau 02:30 Uhr

Die Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Claudia Major, hat vor den Folgen eines durch den Krieg geschwächten Russlands gewarnt. "Jegliche Schwächung von Russland und das möglicherweise Auseinanderbrechen dieses Vielvölkerstaates hat eine enorm destabilisierende Wirkung auf Europa und darüber hinaus", sagte Major dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auf den ersten Blick sei ein schwaches Russland erfreulich, auf den zweiten Blick gäbe es viele destabilisierende Nebeneffekte.

"Wir müssen uns auch fragen, wie wir mit dem möglichen Chaos umgehen, wenn Russland keine Führungsmacht mehr ist, etwa im zentralasiatischen Raum", sagte Major. Schon jetzt seien die Folgen bereits in Zentralasien, wo Russland eine hegemoniale Führungsmacht war, sichtbar. "Der Kreml wird dort nach den militärischen Niederlagen in der Ukraine als schwach wahrgenommen und erste Staaten wollen dies nutzen, um sich aus der Einflusssphäre Moskaus zu lösen." Als Beispiele nannte Major die aufflammenden Konflikte zwischen Aserbaidschan und Armenien, Kirgisien und Tadschikistan sowie in Kasachstan.