Blick auf den Kreml in Moskau
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Krieg gegen die Ukraine ++ Kreml will Ölpreisdeckel nicht akzeptieren ++

Stand: 03.12.2022 22:37 Uhr

Russland wird beschlossenen Preisdeckel für russisches Öl nicht akzeptieren. Der französische Präsident Macron fordert, bei Friedensgesprächen auf Sicherheitsbedürfnisse Russlands einzugehen.

03.12.2022 • 22:37 Uhr

Moldau: Abkommen mit Transnistrien

Nach erfolglos gebliebenen Verhandlungen unter Vermittlung der OSZE hat Moldau doch noch ein Abkommen für Stromlieferungen aus einem Kraftwerk im abtrünnigen Transnistrien erreicht. Der stellvertretende moldauische Ministerpräsident Andrei Spinu teilte mit, der staatliche Stromversorger Energocom habe mit dem Gaskraftwerk Kuciurgan in Transnistrien eine Vereinbarung über Stromlieferungen in diesem Monat geschlossen.

"Mit Unterzeichnung dieses Vertrags verringert sich die Gefahr massiver Unterbrechungen der Stromversorgung", schrieb Spinu auf Telegram. "Der Vertrag ist ein vernünftiger Kompromiss, um Bürger auf beiden Seiten des Dnisters mit Strom und Gas zu versorgen."

Das moldauische Gasunternehmen Moldovagaz werde Transnistrien 5,7 Millionen Kubikmeter Erdgas liefern. Das Kraftwerk Kuciurgan im von Russland unterstützten Transnistrien hatte im November die Stromlieferungen nach Moldau eingestellt. Russland hatte zuvor die Erdgaslieferungen an das ärmste Land Europas um 40 Prozent verringert.

Aufgrund der russischen schweren Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur kam es auch in Moldau zu schweren Stromausfällen. Moldaus Energie-Infrastruktur stammt noch aus sowjetischen Zeiten und ist verbunden mit der ukrainischen.

Der russische Präsident Wladimir Putin ist nach US-Einschätzung derzeit nicht ernsthaft an Friedensgesprächen interessiert. "Die Diplomatie ist natürlich unser aller Ziel, aber man braucht einen willigen Partner", sagt die Staatssekretärin im US-Außenministerium, Victoria Nuland, nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Dazu sei Putin aber nicht bereit. Das zeigten die russischen Angriffe auf ukrainische Energie-Infrastruktur und die Rhetorik aus dem Kreml.

US-Präsident Joe Biden hatte jüngst gesagt, er sei bereit für ein Gespräch mit Putin, wenn dieser an einer Beendigung des Krieges interessiert sei. Russland hatte daraufhin erklärt, der Westen müsse die von Moskau erklärte Annexion von vier ukrainischen Regionen anerkennen. Diese Reaktion Russlands zeige, so Nuland, wie wenig ernst es Russland in dieser Frage sei.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Preisdeckel der G7-Staaten, der EU und Australiens für russisches Öl kritisiert. "Es ist keine ernsthafte Entscheidung, eine solche Obergrenze für die russischen Preise festzulegen", da diese für Moskau "komfortabel" sei, erklärte Selenskyj.

Derzeit liegt der Marktpreis für russisches Öl der Sorte Urals pro Barrel bei rund 65 Dollar (knapp 62 Euro), der Preisdeckel sieht eine Obergrenze von 60 Dollar vor. "Russland hat bereits allen Ländern der Welt bereits enorme Verluste zugefügt, indem es den Energiemarkt absichtlich destabilisiert hat", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Die Entscheidung für eine Preisobergrenze sei daher "eine schwache Position".

Es sei "nur eine Frage der Zeit, bis ohnehin härtere Instrumente zum Einsatz kommen müssen", fügte Selenskyj hinzu. "Schade, dass diese Zeit verloren geht."

03.12.2022 • 20:28 Uhr

Schoigu besucht Belarus

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu das verbündete Nachbarland Belarus besucht. Bei einem Treffen mit dem autoritären Langzeit-Machthaber Alexander Lukaschenko bedankte sich Schoigu für die Unterstützung der in Belarus stationierten russischen Soldaten.

"Sie fühlen sich hier wirklich wie zuhause", zitierte ihn die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta. Gemeinsam mit seinem Amtskollegen Viktor Chrenin unterzeichnete Schoigu demnach auch ein Dokument über Änderungen an einem Sicherheitsabkommen zwischen beiden Ländern.

Lukaschenko bekräftigte darüber hinaus, dass die Vorbereitungen für die Bildung einer gemeinsamen regionalen Militäreinheit der russischen und belarussischen Streitkräfte liefen.

Der Westen muss nach Ansicht von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei Friedensverhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs auch auf Sicherheitsbedürfnisse Russlands eingehen. Europa müsse eine neue Sicherheitsarchitektur vorbereiten, sagte Macron in einem Interview des französischen Fernsehens. Er bezog sich dabei auch auf wiederholte Klagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin über die NATO-Erweiterungen.

Das Interview wurde von dem Sender TF1 nach dessen Angaben während Macrons US-Besuch in den vergangenen Tagen aufgezeichnet. "Einer der wesentlichen Punkte, auf die wir eingehen müssen, wie Präsident Putin immer gesagt hat, ist die Furcht, dass die NATO an die Türen Russlands heranrückt, und die Stationierung von Waffen, die Russland bedrohen könnten", sagte Macron. "Dieses Thema wird Teil der Themen für einen Frieden sein. Deswegen müssen wir ausarbeiten, wozu wir bereit sind, wie wir unsere Partner und Mitgliedsstaaten schützen, und wie wir Russland Garantien geben, sobald es an den Verhandlungstisch zurückkehrt."

Nach Reaktionen russischer Diplomaten auf den von der Staaten der EU der G7 vereinbarten Ölpreisdeckel hält sich die russische Regierung in ihrer ersten Reaktion konkrete Schritte offen. "Wir werden diese Deckelung nicht akzeptieren", erklärt der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, der Agentur Tass zufolge. Russland sei auf den Preisdeckel vorbereitet, werde die Situation nun rasch analysieren und sich dann zu konkreten Schritten äußern.

Ukrainische Behörden haben die Bevölkerung zum "Durchhalten" angesichts weiterer zu erwartender Stromabschaltungen aufgerufen. Ab Montag werde er den Betreiber Oblenergo dazu anhalten, seine Pläne für die Region zu überarbeiten, erklärte Vitali Kim, Gouverneur der Region Mykolajiw im Süden der Ukraine, im Onlinedienst Telegram. "Es wird sehr wahrscheinlich Abschaltungen von vier Stunden geben."  Der Gouverneur begründete dies mit einem steigenden Stromverbrauch, der längere Unterbrechungen der Versorgung notwendig mache, um das regionale Stromnetz zu entlasten.

Russland macht nach Angaben eines diplomatischen Vertreters Ernst mit dem angedrohten Stopp von Öllieferungen nach Europa. "Von diesem Jahr an wird Europa ohne russisches Öl leben", erklärt der russische Botschafter bei internationalen Organisationen in Wien, Michail Uljanow, auf Telegram.

Die EU-Staaten haben sich auf einen Preisdeckel für russisches Öl von 60 Dollar pro Barrel geeinigt und damit einen Plan der sieben führenden Industriestaaten (G7) aufgenommen. Durchgesetzt werden soll die Preisgrenze dadurch, dass Versicherungen und Reedereien sich an russischen Ölgeschäften nur beteiligen dürfen, wenn der Rohstoff für unter 60 Dollar verkauft wird. Russland hat einen Lieferboykott für Staaten angedeutet, die sich an einem Preisdeckel beteiligen.

Estland hat einen Vertrag über seinen bislang größten Waffenkauf unterschrieben. Das NATO-Land, ein Nachbarland Russlands, kauft ein fortschrittliches US-Raketensystem vom Typ HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System) im Wert von mehr als 200 Millionen Dollar. Die am Freitag unterzeichnete Vereinbarung umfasst auch Raketen und Ausbildung.

"Die HIMARS-Mehrfachraketenwerfer sind ein neuer wichtiger Schritt bei der Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten Estlands", sagte Kaarel Mäesalu vom estnischen Militär. Die Raketen haben Behördenangaben zufolge eine Reichweite von 70 bis 300 Kilometern. Das Unternehmen Lockheed Martin soll die ersten Raketen 2024 liefern.

Die beiden anderen baltischen Länder Lettland und Litauen haben entweder bereits HIMARS-Systeme oder sind dabei, eins zu erwerben. Die USA haben der Ukraine solche Systeme zur Verfügung gestellt, nachdem Russland dort einmarschiert war. Das estnische Verteidigungsministerium gab an, die HIMARS-Systeme hätten dazu beigetragen, mit präziser Genauigkeit russische Militärziele zu zerstören.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Deutschen Bundestag, Konstantin von Notz, hat rund zwei Monate nach Beginn der Teilmobilisierung in Russland konkrete Schritte zur Aufnahme bedrohter Russen in Deutschland gefordert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hätten zugesagt, dass Russen, die sich ihrem Präsidenten Wladimir Putin entgegenstellten, in Deutschland willkommen seien und hierzulande Schutz finden könnten, sagte von Notz dem Onlineportal Merkur.de: "Diesen Worten müssen konkrete Schritte folgen."

Auch Deutschland müsse seinen Anteil leisten, dass russische Oppositionelle, Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in europäischen Ländern Aufnahme fänden, um sie davor zu bewahren, in einem völkerrechtswidrigen Krieg zwangsrekrutiert zu werden, sagte von Notz weiter. Die Lage im Land sei für Betroffene durchaus bedrohlich, die Grenzen zu EU-Nachbarn häufig bereits geschlossen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am 21. September, knapp sieben Monate nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine, eine Teilmobilmachung angeordnet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Ende September mit Blick auf russische Kriegsdienstverweigerer erklärt, dass er dafür sei, diesen Menschen Schutz anzubieten. Auch Faeser stellte Deserteuren Asyl in Aussicht. Die baltischen Staaten und Polen lehnen die Aufnahme dieser Menschen hingegen strikt ab. Menschenrechtsorganisationen berichten von erheblichen Repressalien in Russland gegenüber Aktivisten, Oppositionellen und Medien.

03.12.2022 • 10:29 Uhr

Biden will nicht mit Putin sprechen

US-Präsident Joe Biden hat nicht vor, mit seinem russischen Gegenpart Wladimir Putin über ein Ende des Krieges in der Ukraine zu sprechen. Die Bedingungen für ein solches Gespräch bestünden zurzeit nicht, gab das Weiße Haus nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters bekannt.

Russland bezeichnet den geplanten Preisdeckel für russisches Öl als gefährlich. Dadurch würden nur Unsicherheiten geschürt und Kosten für Rohstoffe in die Höhe getrieben, heißt es in einer Mitteilung der russischen Botschaft in den USA auf Telegram. Russisches Öl werde aber nach wie vor gefragt sein.

Der Ukraine ist der von EU, den G7-Staaten und Australien vereinbarte gedeckelte Preis von russischem Öl nicht niedrig genug. Er sollte auf 30 Dollar pro Barrel (159 Liter) halbiert werden, schreibt der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Andrij Jermak, auf Telegram. "Damit kann die Wirtschaft des Feindes schneller zerstört werden." Die Länder haben sich auf eine Preisobergrenze von 60 Dollar geeinigt, der für über den Seeweg transportiertes russisches Öl gelten soll. Er soll am 5. Dezember in Kraft treten.

Russische Truppen planen offenbar, die ostukrainische Stadt Bachmut in der Oblast Donezk einzukreisen. Die Einnahme der Stadt habe operativ zwar wenig Wert, könne Russland aber erlauben, die nordöstlich gelegenen Städte Kramatorsk and Slowjansk zu bedrohen, heißt es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. "Es gibt die realistische Wahrscheinlichkeit, dass die Einnahme Bachmuts in erster Linie ein symbolisches, politisches Ziel für Russland ist", erklärte das Ministerium auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Die Ukraine hat nach Daten des Landwirtschaftsministeriums in der Saison 22/23 bislanh 29,6 Prozent weniger Getreide ausgeführt als in der vorherigen Saison. Insgesamt exportierte die Ukraine 18,1 Millionen Tonnen Weizen, Mais und Gerste. In der vorherigen Saison waren es noch 25,8 Millionen Tonnen. Wegen der russischen Invasion waren drei ukrainische Schwarzmeerhäfen fast sechs Monate blockiert. Nach Angaben der Regierung könnte die Ukraine in diesem Jahr etwa 51 Millionen Tonnen Getreide ernten. Im Jahr 2021 hatte die Ernte noch einen Rekord von 86 Millionen Tonnen erreicht.

Der Partei- und Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) Manfred Weber rechnet mit einem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen im Winter. "Ich fürchte, wir werden einen dramatischen Fluchtwinter erleben", sagte Weber der "Welt am Sonntag". Deutschland müsse sich angesichts der anhaltenden Zerstörung von Energie-Infrastruktur in der Ukraine durch Putins "Terrorregime" darauf einstellen, dass eine große Zahl Ukrainer in diesem Winter in die EU und nach Deutschland komme.

Weber geht davon aus, dass in wenigen Monaten in Deutschland weitere Turnhallen öffnen und den Schul- und Sportbetrieb einschränken müssen, weil die Aufnahmekapazitäten ausgelastet sein könnten. Deutschland sei auf diese Situation nicht vorbereitet und "schlafwandelt gerade in eine neue Migrationskrise".

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Rückkehr weiterer Soldaten aus russischer Gefangenschaft gefeiert. "Es war ein besonderer Tag in einer besonderen Woche", sagte Selenskyj am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Zugleich kündigte er an, weitere Soldaten aus russischen Gefangenenlagern zurückzuholen. "Wir werden keinen einzigen Ukrainer in russischen Gefängnissen, Lagern und 'Isolationen' (Haftanstalten) zurücklassen. Wir denken an alle."

Selenskyj hatte am Nachmittag in Kiew eine Reihe von ehemaligen Kriegsgefangenen getroffen und ihnen Medaillen verliehen. In den vergangenen Tagen hatten Russland und die Ukraine mehrmals Kriegsgefangene ausgetauscht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 03. Dezember 2022 um 08:00 Uhr.