Krieg gegen die Ukraine ++ Pistorius: "Lage ist ernst" ++
Mit Blick auf die russische Kriegswirtschaft hat Verteidigungsminister Pistorius vor einer langanhaltenden Bedrohung für Europa gewarnt. Laut Pentagon könnten sich nordkoreanische Soldaten "bald" an Kämpfen beteiligen. Die Entwicklungen im Liveblog.
Europa steht Verteidigungsminister Pistorius zufolge vor einer langanhaltenden Bedrohung. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei "längst kein regionaler Krieg mehr", sagte der SPD-Politiker bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Arnsberg im Sauerland. Der russische Präsident Putin "hat längst vollständig auf Kriegswirtschaft umgestellt". Russland produziere in drei Monaten so viele Waffen und Munition wie die gesamte Europäische Union in einem Jahr.
In einer Rede Ende Oktober habe Putin von einem "ernsthaften, unversöhnlichen Kampf um eine neue Weltordnung" gesprochen. Er sehe sich bereits als Sieger im Krieg gegen die Ukrane, schilderte Pistorius. Zugleich sei hybride Kriegsführung mit Desinformation und Fake News voll im Gange. "Unsere Sicherheit ist ein fragiles Gut." Deutschland müsse mehr Tempo machen und mehr investieren für seine "Kriegstüchtigkeit", mahnte der Verteidigungsminister.
Die Ukraine hat über 40 Prozent der ursprünglich eroberten russischen Gebiete in der Region Kursk wieder geräumt. Das sagte ein Mitglied des ukrainischen Generalstabes der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir kontrollierten anfangs 1.376 Quadratkilometer, jetzt ist dieses Gebiet natürlich kleiner. Der Feind verstärkt seine Gegenangriffe", sagte der Militär. "Jetzt kontrollieren wir etwa 800 Quadratkilometer. Wir werden dieses Gebiet so lange halten, wie es militärisch sinnvoll ist."
Die Kursker Offensive war die erste Bodeninvasion einer ausländischen Macht in Russland seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie traf die russische Armee unvorbereitet. Mit dem Vorstoß wollte die Regierung in Kiew die russischen Angriffe in der Ost- und Nordostukraine aufhalten. Russland sollte gezwungen werden, seine im Osten der Ukraine vorrückenden Truppen zurückzuziehen. Die langsam dort vorstoßende russische Offensive konnte jedoch bislang nicht gestoppt werden.
Die Ukraine hat den Hafen der russisch besetzten Stadt Berdjansk am Asowschen Meer mit einer Lenkrakete beschossen. Das teilte der Leiter der regionalen Besatzungsverwaltung, Jewgeni Balizki, mit.
"Keine Verletzten. Die Brandherde, die der Einschlag verursacht hatte, wurden gelöscht", schrieb er auf Telegram. Die Arbeit des Hafens sei nicht beeinträchtigt worden. Die Angaben waren nicht überprüfbar.
Viele Gefechte in der Ostukraine
Im Osten der Ukraine liefern sich vorrückende russische Truppen und ukrainische Verteidiger weiter heftige Kämpfe. Der ukrainische Generalstab in Kiew nannte in seinem Morgenbericht die vergleichsweise hohe Zahl von 194 Angriffen seit Freitagmorgen. "Der Feind nutzt seine Überlegenheit an Menschen und Material und attackiert pausenlos unsere Stellungen", hieß es.
Allein am Frontabschnitt Pokrowsk im Gebiet Donezk wurden 44 Angriffe gezählt, wobei die Militärangaben nicht im Detail nachprüfbar sind. 36 russische Sturmangriffe gab es demnach bei der extrem gefährdeten Stadt Kurachowe. Südlich davon droht sich Lagekarten zufolge ein Kessel zu bilden, aus dem ein Abzug der ukrainischen Soldaten schwierig werden dürfte.
Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola drängt auf die rasche Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Dies sei auch die Position des EU-Parlaments, sagte Metsola den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es gebe breite Unterstützung für die Forderung, dass nach der Freigabe von US-Raketen für den Einsatz gegen Ziele in Russland die EU-Staaten dem Beispiel folgen müssten - auch Deutschland mit Taurus-Marschflugkörpern.
"Wir werden sehen, ob es nach der Bundestagswahl zu einer entsprechenden Kursänderung kommt", fuhr Metsola fort. "Oder vielleicht schon vorher, es gibt ja auch in der Berliner Koalition unterschiedliche Positionen zur Taurus-Lieferung."
Die USA gehen laut ihrem Verteidigungsminister davon aus, dass tausende nach Russland verlegte nordkoreanische Soldaten "bald" in Kampfhandlungen gegen die Ukraine eintreten werden. Auf der Grundlage ihres Trainings und der Art und Weise, wie nordkoreanische Soldaten "in die russischen Formationen integriert" würden, "rechne ich fest damit, dass sie bald an Kämpfen beteiligt sein werden", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Bislang habe er noch keine "nennenswerten Berichte" darüber gesehen, dass nordkoreanische Soldaten "aktiv an Kampfhandlungen beteiligt" seien, fuhr der Pentagon-Chef fort.
Die USA gehen demnach davon aus, dass etwa 10.000 nordkoreanische Soldaten in der russischen Grenzregion Kursk stationiert sind und dort "in die russischen Formationen integriert werden". Südkoreanische Regierungsvertreter und eine Forschungsgruppe hatten am Donnerstag erklärt, dass Russland Nordkorea im Gegenzug für die Truppen unter anderem mit Öl und Wirtschaftshilfe versorgt habe. Aus Kiew kam die Warnung, dass Moskau neben den nordkoreanischen Soldaten eine 50.000 Soldaten starke Truppe zusammengezogen habe, um die Kontrolle über Teile der von ukrainischen Kräften eingenommenen Region Kursk zurückzuerlangen.
Der designierte Präsident Donald Trump will Insidern zufolge offenbar seinen ehemaligen Geheimdienstchef Richard Grenell als Sondergesandten für den Krieg in der Ukraine einsetzen. Dies berichteten am Freitag (Ortszeit) laut der Nachrichtenagentur Reuters vier mit den Plänen vertraute Personen.
Grenell, der als Trumps Botschafter in Deutschland diente und während dessen erster Amtszeit von 2017 bis 2021 stellvertretender Direktor des Inlandsgeheimdienstes war, würde dann eine Schlüsselrolle in Trumps Bemühungen um die Beendigung des Krieges spielen. Karoline Leavitt, eine Sprecherin aus Trumps Team, lehnte einen Kommentar zu dem Thema ab. Grenell reagierte nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme.
Die Ukraine entwickelt Präsident Selenskyj zufolge Flugabwehrsysteme, um sich gegen neue russische Raketen zu schützen. Von der Weltbank erhält die Ukraine weitere Hilfen.