Ein Panzer der pro-russischen Truppen fährt auf einer Straße nahe Mariupol
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Krieg gegen die Ukraine ++ Russland ruft Mariupol zur Aufgabe auf ++

Stand: 20.03.2022 23:38 Uhr

Russland hat die ukrainischen Streitkräfte in der Hafenstadt Mariupol aufgerufen, die Waffen niederzulegen. Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine stehen laut Türkei vor einer Einigung. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

20.03.2022 • 23:38 Uhr

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Wir schließen den Liveblog für heute und danken für Ihr Interesse. Hier informieren wir Sie über die Ereignisse am Montag.

Die russische Luftwaffe hat nach Erkenntnissen ukrainischer Militärs nach anfänglichen Verlusten ihre Strategie bei Angriffen geändert. "In 25 Tagen haben die russischen Besatzer schwere Verluste zu Lande und auch in der Luft erlitten - 96 Flugzeuge, 118 Hubschrauber und Dutzende Marschflugkörper und Drohnen", sagte der ukrainische Luftwaffensprecher Juri Ignat nach Angaben der "Ukrajinska Prawda". Angesichts dieser Verluste sei seit zwei Tagen eine neue Strategie der Russen erkennbar, die verstärkt mit Aufklärungsdrohnen die Ergebnisse von Raketenangriffen kontrollierten. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

In Kiew schlagen nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko Granaten in einem Wohn- und Geschäftsviertel ein. "Mehrere Explosionen im Bezirk Podil", schrieb er im Kurznachrichtendienst Telegramm. Rettungsmannschaften, Ärzte und Polizei seien vor Ort.

Die südukrainische Hafenstadt Odessa hat den zunehmenden Einsatz russischer Drohnen über dem Stadtgebiet und in der Umgebung registriert. "Es ist aber alles ruhig, es gab keine Angriffe", wurde der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Maxim Martschenko, von der "Ukrajinska Prawda" zitiert. Die Luftabwehr habe die Drohnen des Gegners unter Feuer genommen. "Der Abschuss einiger dieser Drohnen wurde bereits bestätigt", sagte Martschenko. Odessa ist vom Kriegsgeschehen bisher weitgehend verschont geblieben.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die russische TV-Journalistin, die während der Nachrichten im Staatsfernsehen mit einem Plakat gegen Russlands Krieg in der Ukraine protestierte, hat ihre Landsleute zu kritischem Denken aufgerufen. Marina Owssjannikowa zeigte sich bei einem Interview per Videoschalte mit dem US-Sender ABC zugleich überzeugt davon, dass eine Mehrheit der Russen gegen den von Kremlchef Wladimir Putin angeordneten Angriffskrieg sei. "Die Menschen in Russland sind wirklich gegen den Krieg. Es ist Putins Krieg, nicht der Krieg des russischen Volkes."

Owssjannikowa sagte einer ABC-Übersetzung zufolge, nach dem Angriff auf die Ukraine habe sie weder schlafen noch essen können. Was in ihrem Sender gezeigt worden sei, "war sehr anders als das, was in Wirklichkeit passierte". Mit ihrer Aktion habe sie der Welt zeigen wollen, "dass Russen gegen den Krieg sind". Zugleich habe sie ihren Landsleuten deutlich machen wollen, dass sie angesichts der Propaganda "kritisch denken und die Informationen, die ihnen präsentiert werden, kritisch analysieren müssen".

Frankreich hat Vermögen russischer Oligarchen im Wert von rund 850 Millionen eingefroren und festgesetzt. Man habe Immobilien im Wert von 539 Millionen Euro blockiert, sagte der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire dem Radiosender RTL. Zudem seien 150 Millionen Euro auf Privatkonten französischer Banken eingefroren sowie zwei Jachten im Wert von 150 Millionen Euro festgesetzt worden, präzisierte Le Maire weiter.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat die Verschwiegenheit der Bundesregierung zu Waffenlieferungen an die Ukraine gerechtfertigt. "Wir reden nicht öffentlich darüber", sagte die SPD-Politikerin in der ARD-Sendung Anne Will. Bei den ersten Lieferungen seien Abfahrtsdaten und Wege bekanntgegeben worden. Die am Transport beteiligten Personen seien dadurch einer Lebensgefahr ausgesetzt worden. "Und aus dem Grund werden wir weder über die Zahl der Waffen, noch wann sie geliefert werden, noch auf welchem Wege, öffentlich sprechen. Weil wir wollen, dass die Waffen dort ankommen, wo sie dringend gebraucht werden."

Aus von Russland belagerten Gebieten sind nach ukrainischen Angaben am heutigen Sonntag 7295 Menschen herausgebracht worden. Vier von sieben humanitären Korridoren hätten funktioniert, sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk in einer Videobotschaft. Rund 4000 Menschen wurden demnach aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol nach Saporischschja gebracht. Weitere Evakuierungen habe es in der Region Kiew gegeben.

Das Personal im ehemaligen Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine ist ausgetauscht worden. 50 Angestellte, die ununterbrochen im Dienst waren, seit russische Truppen am 24. Februar das Gelände erobert hatten, seien durch Kollegen ersetzt worden, teilte die zuständige ukrainische Behörde mit. In den vergangenen Wochen hatten Experten mehrfach gewarnt, dass erschöpftes und überarbeitetes Personal eine Gefahr für die Sicherheit des ehemaligen Atomkraftwerks darstellen könnte.

Die Polizei hat vor der Verbreitung eines "Fake-Videos" im Netz gewarnt, in dem es um ein angebliches Verbrechen durch Ukrainer in Nordrhein-Westfalen geht. "Über das Internet wird derzeit ein Video verbreitet, in dem von einem Überfall auf einen 16-jährigen Jugendlichen im Bereich Euskirchen berichtet wird. Angeblich sei dieser von einer Gruppe Ukrainer zu Tode geprügelt worden", teilte die Bonner Polizei auf Twitter mit. Weiter heißt es: "Die Experten gehen derzeit davon aus, dass es sich um ein absichtliches "Fake-Video" handelt, das Hass schüren soll. Wir bitten, dieses Video nicht weiter zu verbreiten (...)."

Russland hat die ukrainische Seite aufgerufen, in der Hafenstadt Mariupol im Osten des Landes die Waffen niederzulegen. Dort habe sich eine schreckliche humanitäre Katastrophe entwickelt, erklärte der Leiter des Nationalen Zentrums für Verteidigung, Michail Misinzew. Jedem, der sich ergebe, sichere Russland freies Geleit aus der Stadt zu.

Er kündigte an, Fluchtkorridore sollten am Montag um 10.00 Uhr Moskauer Zeit (08.00 MEZ) geöffnet werden. Die Ukraine wiederum gab an, fast 50 Busse nach Mariupol zu schicken, um Menschen aus der Stadt zu retten.

Die russische Armee ist bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach eigenen Angaben im Osten der Ukraine um zwölf Kilometer vorgerückt. Die Grenze der Siedlung Nikolske nordwestlich der Stadt Mariupol sei erreicht worden, erklärte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, der Agentur Interfax zufolge. Von ukrainischer Seite gab es dazu keine Angaben. Der ukrainische Generalstab schrieb auf Facebook jedoch von russischen Mobilisierungsmaßnahmen in den von Russland eingenommenen Gebieten der Regionen Luhansk und Donezk.

Der mutmaßliche Einsatz von Hyperschallraketen durch Russland stellt nach Einschätzung der USA keinen Wendepunkt im Ukraine-Krieg dar. Er betrachte die neuartigen Raketen "nicht als Game-Changer", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin im TV-Sender CBS. 

Russland hatte die Raketen des Typs Kinschal (Dolch) nach eigenen Angaben seit Freitag zwei Mal auf Ziele in der Ukraine abgefeuert. Austin wollte den Einsatz der Flugkörper weder bestätigen noch dementieren. Der Einsatz von Hyperschallraketen durch Russland könnte nach Einschätzung des Pentagon-Chefs darauf abzielen, "eine gewisse Dynamik wiederherzustellen". 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in seiner Video-Botschaft an Israel Russland mit Nazi-Deutschland gleichgesetzt und dem Kreml einen Plan zur Auslöschung der Ukraine vorgeworfen. "Hört darauf, was jetzt in Moskau gesagt wird: 'Endlösung', aber jetzt bereits in Bezug auf die ukrainische Frage", sagte der 44-Jährige in seinem Video-Auftritt vor Knesset-Abgeordneten.

Das Staatsoberhaupt mit jüdischen Wurzeln erinnerte dabei an die sogenannte "Endlösung der Judenfrage", wie die Ermordung von Millionen Juden in Europa durch Nazi-Deutschland genannt wurde.

Der vor etwas mehr als drei Wochen begonnene russische Einmarsch in die Ukraine sei dabei nicht nur eine "militärische Spezialoperation" - wie der Krieg in Russland bezeichnet wird. "Das ist ein großflächiger und hinterhältiger Krieg, der auf die Vernichtung unseres Volkes, unserer Kinder, unserer Familien, unseres Staates abzielt", sagte Selenskyj. Die Ukraine befinde sich damit in einer ähnlich prekären Situation wie Israel.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat angesichts der vielen Flüchtlinge aus der Ukraine Solidarität in Europa gefordert. "Es werden viele viele weitere Menschen kommen. Wir werden von der europäischen Außengrenze verteilen müssen", sagte die Grünen-Politikerin in Hannover.

Außenministerin Baerbock spricht bei ihrem Besuch einer Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine auf dem Messegelände Hannover mit Helfern und Geflüchteten

Außenministerin Baerbock spricht bei ihrem Besuch einer Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine auf dem Messegelände Hannover mit Helfern und Geflüchteten

Baerbock kündigte an, diesen Appell beim Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel zu betonen. "Jedes Land in Europa muss Menschen aufnehmen", forderte Baerbock nach einem Besuch einer Notunterkunft für Geflüchtete in der niedersächsischen Landeshauptstadt. "Wir müssen Menschen auch über den Atlantik bringen", fügte sie hinzu. Der Besuch einer Messehalle in Hannover mit knapp unter 1000 Geflüchteten habe eindrücklich gezeigt, was die Situation für die Kommunen bedeute.

20.03.2022 • 18:29 Uhr

Lage der Flüchtlinge in Polen

Die meisten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine haben bisher in Polen Schutz gesucht. In den vergangenen Wochen überquerten mehr als zwei Millionen Menschen die Grenze zum Nachbarland. Dort engagieren sich auch zahlreiche ehrenamtliche Helfer in der Flüchtlingshilfe. Die Menschen aus der Ukraine können eine polnische Sozial-Registrierungs-Nummer beantragen. Sie erlaubt einen 18-monatigen Aufenthalt und gewährt Zugang zum Gesundheits- und Schulwesen.

Die Situation ukrainischer Geflüchteter in Polen

Olaf Bock, ARD Warschau, tagesschau 17:45 Uhr

In einer Rede vor dem israelischen Parlament hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von Israel Raketenabwehrsysteme und wirtschaftlichen Druck auf Russland verlangt. Israel müsse die Wahl treffen, ob es damit das Leben auch ukrainischer Juden retten wolle, sagt Selenskyj in einer Videoschalte vor der Knesset.

Die Bundesregierung hat Hinweise darauf, dass deutsche Rechtsextremisten in die Ukraine reisen wollen - etwa um sich dort an Waffen ausbilden zu lassen. Es lägen "Informationen zu 27 Rechtsextremisten mit Reisebewegungen oder Reiseabsichten" in das Land vor, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums der "Süddeutschen Zeitung". Zwar gehe es nur um eine kleine Gruppe von Verdächtigen. Doch die Behörden nähmen die Gefahr ernst. Sie wollen verhindern, dass sich Extremisten an Kriegswaffen ausbilden lassen oder Kampferfahrung sammeln können.

Bei der Explosion einer Granate vor einem Wohnblock in der umkämpften ukrainischen Hauptstadt Kiew sind fünf Menschen verletzt worden. Das zehnstöckige Gebäude im nordwestlichen Bezirk Swjatoschyn wurde schwer beschädigt. In der vergangenen Woche hatten bereits mehrere russische Angriffe Wohnblöcke getroffen. Dabei wurden insgesamt mindestens sieben Menschen getötet.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will in Verhandlungen mit Russland bei der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit seines Landes keine Abstriche machen. Letztlich würden die Ukrainer nie eine russische Herrschaft anerkennen. sagte Selenskyj dem US-Nachrichtensender CNN. Er bekräftigte in dem Interview, dass er "zu Verhandlungen" mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin bereit sei. Die Gespräche mit Russland seien der einzige Weg, "diesen Krieg zu beenden".

Steigende Preise infolge des Ukraine-Kriegs haben in Spanien etwa 150.000 Menschen auf die Straße getrieben. Die Demonstration in Madrid, zu der die rechtsextreme Vox-Partei aufgerufen hatte, richtete sich gegen steigende Rohstoff- und Energiepreise. Zahlreiche Bauern beteiligten sich an dem Protestmarsch durch das Zentrum der Hauptstadt, einige kamen mit ihren Traktoren.

Menschen in Madrid demonstrieren (zum Teil mit ihren Traktoren) gegen die Erhöhung der Energiepreise.

Menschen in Madrid demonstrieren gegen die gestiegenen Energiepreise.

Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über ein Ende des Krieges kommen nach Angaben der Türkei voran und stehen angeblich kurz vor einer Einigung. "Natürlich ist es nicht einfach, während der Krieg tobt, aber wir glauben, dass es vorangeht", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. "Wir sehen, dass die Parteien kurz vor einer Einigung stehen." Das NATO-Mitglied Türkei steht in Kontakt mit Vertretern beider Länder. Cavusoglu lehnte es ab, Einzelheiten über die Gespräche preiszugeben, da die Türkei "eine ehrliche Vermittlerrolle spiele".

Nach Angaben der ukrainischen Regierung sind seit Beginn der russischen Invasion mindestens sechs Generäle und Dutzende weitere ranghohe Offiziere auf Seiten der Angreifer ums Leben gekommen. Das mache deutlich, dass die russische Armee nicht auf den Kampf gegen die ukrainischen Verteidiger vorbereitet gewesen sei, schrieb Mychajlo Podoljak, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenksyj, auf Twitter. Das russische Militär bestätigte bisher nicht, dass auch Generäle in der Ukraine ums Leben gekommen sind. Einem russischen Offiziersverband zufolge wurde aber Generalmajor Andrej Suchowezki getötet, Kommandeur der Siebten Luftlandedivision.

Wegen des Ukraine-Kriegs haben Aktivisten in Polen gegen Warentransporte aus der EU nach Russland protestiert. An einem Grenzübergang nach Belarus bei Koroszczyn blockierten Demonstranten zeitweise die Zufahrt zu einem Zollterminal. Sie hielten ein Spruchband mit der Aufschrift "Nein zum Krieg" hoch. Die Lkw-Schlange sei auf eine Länge von rund 40 Kilometern angewachsen, sagte ein Behördensprecher. Die Polizei versuchte, eine Pufferzone zwischen den Demonstranten und den Fahrspuren einzurichten. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte sich am Samstag für eine Erweiterung der EU-Sanktionen gegen Russland um eine Handelsblockade ausgesprochen. Ein solcher Schritt könne Russland "dazu zwingen, zu überlegen, ob es nicht besser wäre, diesen grausamen Krieg zu beenden".

Papst Franziskus hat den Krieg in der Ukraine ein ungerechtfertigtes und "sinnloses Massaker" genannt. Er forderte Politiker auf, "diesen abscheulichen Krieg" zu beenden. "Die gewaltsame Aggression gegen die Ukraine lässt leider nicht nach", sagt er vor etwa 30.000 Menschen auf dem Petersplatz in Rom. "Es handelt sich um ein sinnloses Massaker, bei dem sich jeden Tag Gemetzel und Gräueltaten wiederholen."

Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands sind nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 902 Zivilisten getötet worden. Die tatsächliche Zahl dürfte demnach aber höher sein.

Die ukrainische Vize-Premierministerin Olga Stefanischina sieht im Vorgehen der russischen Truppen bei der Invasion ihres Landes einen Völkermord. Das sei "keine Frage, sondern einfach die Realität, mit der wir konfrontiert sind", sagte Stefanischina dem britischen Nachrichtensender Sky News. Russlands Präsident Wladimir Putin und die anderen Verantwortlichen im Kreml seien Kriegsverbrecher, sagte Stefanischina.

Der Politikerin zufolge wurden von ukrainischen Behörden inzwischen 2000 Ermittlungsverfahren gegen russische Soldaten wegen mutmaßlicher Verbrechen eingeleitet. Unter anderem habe es Berichte über Vergewaltigungen und Morde gegeben. Jeder Einzelne, der sich strafbar gemacht habe, müsse zur Verantwortung gezogen werden, sagte sie.

Als Völkermord werden laut der entsprechenden UN-Konvention von 1948 Verbrechen bezeichnet, die in der Absicht begangen oder befohlen wurden, "eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören.

Die Frontlinien zwischen ukrainischen und russischen Streitkräften sind nach ukrainischen Angaben "praktisch eingefroren". Russland verfüge nicht über genügend Kampfkraft, um weiter vorzurücken, sagt der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch in einer Videoansprache.

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind bereits zehn Millionen Menschen durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine in die Flucht getrieben worden. Diese Menschen seien entweder an andere Orte innerhalb der Ukraine oder außerhalb des Landes geflüchtet, schrieb der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), Filippo Grandi, auf Twitter. Die höchste Zahl an Flüchtlingen aus der Ukraine hat bisher Polen aufgenommen.

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine verschärft die Lieferengpässe für deutsche Autohersteller. "Wir erwarten empfindliche Effekte auf Liefer- und Logistikketten mit Rückwirkungen auf Fabriken in Deutschland und Europa, aber auch andernorts", sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, der "Automobilwoche". Lieferungen aus Russland und der Ukraine blieben aus. Die Ukraine sei ein Zentrum der Kabelbaum-Fertigung, die jetzt brachliege. Der Einkaufschef des Audi-Konzerns, Dirk Große-Loheide, sagte der Fachzeitschrift, aus Rumänien kämen jetzt erste Ersatzlieferungen für dringend benötigte Kabelbäume.

An vielen Orten in Deutschland leisten Behördenvertreter und Ehrenamtliche unkonventionell Hilfe für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer. BR, MDR und HR berichten über Beispiele aus Bayern, Sachsen und Hessen.

Die Registrierung der Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg nach Deutschland flüchten, könnte einem Bericht zufolge länger dauern als gehofft. Die elektronischen "PIK"-Stationen zum Abnehmen und Vergleichen von Fingerabdrücken seien Mangelware, berichtet die Zeitung "Welt". Die Bundesdruckerei könne keine weiteren Geräte nachliefern.

PIK steht für Personalisierungsinfrastrukturkomponente. Die letzten Geräte seien in den vergangenen Tagen ausgegeben worden. Eine Neubestellung dauere laut Bundesinnenministerium im Regelfall bis zu drei Monate, berichtet die Zeitung weiter. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge leiste bereits allen Ländern Amtshilfe mit rund 160 Stationen und mehr als 200 Mitarbeitern.

20.03.2022 • 12:01 Uhr

Unternehmen spüren Kriegsfolgen

Immer mehr Unternehmen in Deutschland sehen sich laut einem Bericht infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine in ihrer Existenz bedroht. In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) habe jeder zehnte Betrieb von einer deutlich verschlechterten Finanzlage bis hin zur Insolvenzgefahr berichtet - "Tausende Betriebe schildern den Industrie- und Handelskammern aktuell, wie stark sie durch direkte oder indirekte Kriegsfolgen um ihre wirtschaftliche Zukunft fürchten", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Die drohenden Verwerfungen hätten viele Ursachen, so Adrian. "Sprunghaft steigende Energiepreise, Rohstoffengpässe, Lieferkettenprobleme, Sanktionsfolgen sowie direkte Kriegsfolgen verstärken sich und führen in immer mehr Fällen zu einer gefährlichen Mischung." Aus seiner Sicht seien nicht die Sanktionen, sondern der Krieg Schuld an der Misere, betonte der DIHK-Präsident.

Der Stadtrat von Mariupol hat die Zahl derjenigen, die binnen einer Woche aus der belagerten Hafenstadt flüchten konnten, mit 39.426 angegeben. Sie seien in ihren eigenen Fahrzeugen aus der Stadt gelangt. Die Zahl entspricht fast 10 Prozent der 430.000 Einwohner und Einwohnerinnen der Stadt. Sie hätten mehr als 8000 Fahrzeuge genutzt, um über einen Fluchtkorridor über Berdjansk nach Saporischschja zu gelangen, hieß es.

Russische Truppen attackieren Ukraine weiter

Jens Eberl, WDR, tagesschau 12:00 Uhr

Sachsens Sozialministerin Petra Köpping hat Helfer und Helferinnen dazu aufgefordert, geflohene Kinder und Jugendliche aus der Ukraine beim Jugendamt zu melden. Sie danke allen Privatpersonen und Organisationen, die den Schwächsten eine sichere Bleibe bieten wollen, erklärte die SPD-Politikerin in Dresden. Die Aufnahme geflüchteter Minderjähriger bedürfe in jedem Fall der Registrierung.

Dies diene in erster Linie dem Kindeswohl, erklärte das Ministerium. Die behördliche Meldung sei zugleich auch Voraussetzung für den Zugang zu staatlichen Sorge- und Leistungssystemen. Zudem verwies das Ministerium auf das Interesse der in der Ukraine zurückgebliebenen Angehörigen. Die Registrierung ermögliche den bilateralen Datenaustausch und damit die Information für die Familienmitglieder in der Heimat.

Mit einer großen Solidaritätskundgebung vor dem Brandenburger Tor wollen Kulturschaffende ab dem Mittag ihre Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine demonstrieren. Die Friedensaktion "Sound of Peace" wird nach Einschätzung der Veranstalter "Europas größte musikalische Kundgebung" gegen den Krieg. Angemeldet sind 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Die Behörden in der Ukraine haben etliche Waisenkinder aus der umkämpften Stadt Sumy evakuiert. Der Gouverneur der Region, Dmytro Schywytskyj, sagte, 71 Kleinkinder und Babys seien über einen Fluchtkorridor in Sicherheit gebracht worden. Bei Facebook erklärte er, die Waisen würden in ein nicht genanntes Land im Ausland gebracht, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Die meisten von ihnen bedürften ständiger medizinischer Versorgung. Wie viele andere ukrainische Städte wird Sumy von russischen Truppen belagert und ist wiederholtem Beschuss ausgesetzt.

Deutschland und Katar haben nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine langfristige Energiepartnerschaft vereinbart. Der Grünen-Politiker sagte in Doha nach einem Treffen mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, es sei "großartigerweise" fest vereinbart worden, eine solche Zusammenarbeit einzugehen. Die Unterstützung des Emirs sei über die Maßen stark gewesen - stärker als erwartet. Zudem umfasse die Partnerschaft nicht nur Flüssiggas-Lieferungen, sondern auch den Ausbau von erneuerbaren Energien sowie Maßnahmen zur Energieeffizienz, so Habeck. Die Unternehmen, die mit nach Katar gekommen seien, würden nun mit der katarischen Seite tief in Vertragsverhandlungen einsteigen.

ARD-Reporter Danko Handrick berichtet vom von der slowakischen Seite des Grenzübergangs Vyšné Nemecké, dass dort inzwischen deutlich weniger Menschen aus der Ukraine ankämen als noch vor kurzem. Zu Spitzenzeiten seien es da täglich bis zu elftausend Menschen gewesen, die aus dem Land fliehen wollten. Nun seien es noch etwa ein Drittel davon. Viele blieben in Uschgorod auf der anderen Seite der Grenze, weil sie die Ukraine nicht verlassen wollten. Andere warteten noch in ihren Heimatorten ab, wieder andere säßen in umkämpften Städten fest.

"Wesentlich weniger Flüchtlinge kommen derzeit an", Danko Handrick, MDR, zzt. an ukrainisch-slowakischer Grenze

tagesschau24 11:00 Uhr

In den umkämpften Städten der Ukraine sind heute sieben humanitäre Korridore für flüchtende Zivilisten eingerichtet worden. Über die Wege sollten auch Hilfsgüter in die Städte gebracht werden, teilte die ukrainische Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk mit. Angelegt seien die Korridore in den Gebieten um die Hauptstadt Kiew und Charkiw sowie aus der besonders schwer von Kämpfen betroffenen Hafenstadt Mariupol in Richtung der Stadt Saporischschja.

Für die Menschen stünden Busse bereit, sagte Wereschtschuk. Verlassen werden könne Mariupol auch mit dem Auto. Organisiert werden sollten zudem Transportmöglichkeiten für Menschen, die sich bereits zu Fuß auf den Weg gemacht hätten.

Im Gebiet Kiew sollten einzelne Dörfer evakuiert und die Menschen in die Großstadt Browary gebracht werden, wo Busse für den Weitertransport warteten, sagte Wereschtschuk. Aus Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, sollten humanitäre Hilfsgüter wie Lebensmittel und Medikamente in Ortschaften in der Nähe gebracht werden, um den Menschen zu helfen.

Die Ukraine befürchtet einen Angriff auf die westliche Region Wolyn von Belarus aus, wie das Präsidialamt unter Berufung auf das Militär mitteilt. Die Wahrscheinlichkeit sei hoch. Unklar bleibt, ob der Angriff durch russische Truppen von belarusischem Boden aus oder vom belarusischen Militär erfolgen könnte. Bislang konzentrierte sich der Einmarsch Russlands in die Ukraine auf den Norden, Süden und Osten des Landes.

Der renommierte Völkerrechtsexperte Christian Tomuschat sieht im Ukraine-Krieg "viele Anzeichen" für den Tatbestand des Völkermords gegeben. Der gezielte Beschuss ziviler Einrichtungen sowie die Zerstörung von Versorgungsleitungen durch die russische Armee in der Stadt Mariupol "scheint mir kein Zufall zu sein", sagte Tomuschat im Interview der "Welt am Sonntag". Darin, so der emeritierte Professor, ließen sich ein gezieltes Muster und eine "militärische Strategie" erkennen. "Mariupol soll ausgehungert werden. Daran soll die Zivilbevölkerung offenbar zugrunde gehen." Tomuschat ist emeritierter Professor und früheres Mitglied im Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen sowie in der UN-Völkerrechtskommission.

Zur Unterrichtung der jungen Ukraine-Flüchtlinge hat Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) die erneute Einführung von "Willkommensklassen" nach dem Vorbild von 2015 angeregt. "Wir können von den Erfahrungen von damals profitieren", sagte sie dem Portal "t-online". Es seien die entsprechenden Abläufe an vielen Schulen bereits bekannt.

Sie gehe davon aus, dass "mindestens ein Drittel der Flüchtlinge" unter 18 Jahren alt sei. "Wir müssen auf beides vorbereitet sein: Dass viele Kinder und Jugendliche auf absehbare Zeit zurückkehren - aber auch darauf, dass sie länger hierbleiben", sagte Stark-Watzinger weiter. Im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 wurden an vielen Schulen in Deutschland Willkommensklassen eingerichtet, die zum Teil heute noch bestehen. Dort werden Deutschkenntnisse vermittelt und der Übergang in den Regelschulbetrieb vorbereitet.

20.03.2022 • 10:27 Uhr

Selenskyj legt TV-Sender zusammen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lässt alle ukrainischen Fernsehsender zusammenlegen. Selenskyj habe ein entsprechendes Dekret unterzeichnet, teilte sein Büro mit. In Kriegszeiten sei es wichtig, eine einheitliche Informationspolitik zu haben, hieß es zur Begründung. Ab wann das Dekret in Kraft tritt, ist unklar.

Die Ukraine und Russland nähern sich der türkischen Regierung zufolge in ihren Verhandlungen bei kritischen Punkten an. Bei einigen Themen gebe es fast eine Einigung, sagt der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu der Tageszeitung "Hürriyet". Er hoffe auf eine Waffenruhe, sofern es bei den Gesprächen zwischen den beiden Ländern keinen Rückschritt gebe und die erzielten Fortschritte damit zunichte gemacht würden.

Die Zahl der in Deutschland ankommenden Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine steigt weiter. Bislang seien 218.301 Flüchtlinge festgestellt worden, teilte das Bundesinnenministerium mit. Die Zahl wird von der Bundespolizei ermittelt, die derzeit verstärkte Kontrollen auch in Zügen durchführt. Die tatsächliche Zahl kann aber höher sein, weil es an der deutsch-polnischen Grenze keine regulären Kontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass zunächst für 90 Tage frei in der EU bewegen können. Sie müssen sich erst registrieren, wenn sie staatliche Leistungen beantragen. Ukraine-Flüchtlinge, die nicht privat bei Familien, Bekannten oder anderen hilfsbereiten Menschen unterkommen, werden der Bundesregierung zufolge zunehmend aber auch in Erstaufnahmeeinrichtungen registriert.

Die russischen Streitkräfte haben nach Aussage der Regierung erneut eine Hyperschallrakete des Typs Kinschal in der Ukraine eingesetzt. Damit sei ein Lager für Treib- und Schmierstoffe der ukrainischen Streitkräfte in der Region Mykolajiw zerstört worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium. Erst gestern hatte Russland den Einsatz einer Kinschal-Rakete gemeldet - und dass dies erstmals geschehen sei.

Beim Beschuss eines mehrstöckigen Wohnhauses in Charkiw im Osten der Ukraine sind nach Behördenangaben mindestens fünf Menschen getötet worden - unter ihnen ein neun Jahre alter Junge. Das Gebäude in der Nähe eines Industriegebiets sei in der Nacht beschossen worden und in Brand geraten, teilte die Polizei mit. Den Behörden der Stadt zufolge sind seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine vor mehr als drei Wochen allein in Charkiw 266 Zivilisten getötet worden.

Russische Truppen bekämpfen Ukraine unvermindert weiter

Jens Eberl, WDR, tagesschau 09:55 Uhr
20.03.2022 • 08:18 Uhr

Kunstschule in Mariupol bombardiert

Russland hat nach Angaben des Stadtrats von Mariupol eine Kunstschule bombardiert, in der 400 Menschen Schutz gesucht hätten, unter ihnen Frauen, Kinder und Ältere. Es gibt noch keine Informationen über Opfer. Das Gebäude in der belagerten Hafenstadt sei bei dem Angriff gestern zerstört worden, "Menschen liegen noch immer unter den Trümmern", schrieb der Stadtrat im Messenger-Dienst Telegram. Er machte russische Truppen dafür verantwortlich. Das ließ sich aber bislang nicht überprüfen.

In Mariupol mit 400.000 Einwohnern war zuletzt auch ein Theater bombardiert worden, in dem Menschen Schutz vor Luftangriffen gesucht hatten. Es wurden zwar Verschüttete gerettet. Seit Tagen ist aber unklar, wie viele Tote und Verletzte es bei diesem Angriff gab.

"Wir können Nachrichten oft nicht überprüfen", Norbert Hahn, WDR, zzt. Lwiw

tagesschau24 10:00 Uhr

Die Ukraine hat aus Sicht des britischen Verteidigungsministeriums bei der Verteidigung des Luftraums des Landes weiterhin Erfolg. Die ukrainische Luftwaffe und Luftverteidigungskräfte würden den ukrainischen Luftraum "weiterhin effektiv verteidigen", teilte das Ministerium mit. Russland habe es nicht geschafft, Lufthoheit zu erlangen, und verlasse sich weitgehend auf Abstandswaffen, die aus der relativen Sicherheit des russischen Luftraums abgefeuert würden, um Ziele in der Ukraine zu treffen, teilte das Ministerium bei Twitter mit. Die Kontrolle über den Luftraum zu erlangen, sei eines der Hauptziele Russlands in den ersten Tagen des Krieges gewesen. Der anhaltende Misserfolg dabei habe Russlands "operativen Fortschritt erheblich beeinträchtigt".

Die Ampelkoalition berät wegen der hohen Spritpreise einem Zeitungsbericht zufolge über den Vorschlag eines sogenannten Mobilitätsgeldes. Dabei soll es sich um eine nach Einkommen gestaffelte Entlastung handeln, schreibt die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf Verhandlungskreise. Das Mobilitätsgeld solle mit dem Monatsgehalt überwiesen werden. Der Zeitung zufolge handelt es sich um einen Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Offen ist dem Bericht zufolge, ob die FDP das Modell grundsätzlich mitträgt.

SPD-Chef Lars Klingbeil rechnet in der kommenden Woche mit einer Einigung bei weiteren Entlastungen. Für hart arbeitende Menschen mit geringen und mittleren Einkommen müssten sie deutlich ausfallen, sagte er der Zeitung.

Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine befürchten Meteorologen Probleme bei der Gewinnung ihrer Daten. "Wir brauchen für verlässliche Vorhersagen flächendeckende Daten. Wir können schlecht mit blinden Flecken arbeiten", sagte der Vorsitzende der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, Clemens Simmer, der Nachrichtenagentur dpa.

Die Zusammenarbeit mit Russland sei im Moment durch eingeschränkte Kommunikationskanäle schwierig. Noch kommen die Daten aus Russland und den Gebieten der Ukraine ohne Kampfhandlungen über die von den UN vereinbarten Kanäle. "Fehlen Daten aus diesem riesigen Gebiet, würde sich das deutlich auf die Qualität der Vorhersage auswirken", betonte Simmer. Zur Zeit sei der Kontakt zu den Kollegen in Russland schwierig. Dabei habe die Meteorologie in der Vergangenheit auch zu Zeiten des Kalten Krieges stets funktioniert.

Nach Angaben der Stadtverwaltung der ukrainischen Stadt Mariupol haben russischen Streitkräfte in der vergangenen Woche mehrere Tausend Menschen gewaltsam aus der belagerten Stadt deportiert. "Die Besatzer haben illegal Menschen aus dem Stadtteil Livoberezhniy und aus dem Schutzraum des Sportklubs verschleppt, wo sich mehr als Tausend Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, vor den ständigen Bombardierungen versteckt hatten", teilte der Stadtrat in einer Erklärung auf seinem Telegram-Kanal mit.

Die Agentur RIA Novosti berichtete letzte Woche unter Berufung auf Hilfsdienste, dass fast 300.000 Menschen, darunter etwa 60.000 Kinder, aus den Regionen Luhansk und Donbass sowie Mariupol nach Russland gekommen seien.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine vor Kulturnationalismus gewarnt. Versuche nationaler oder ideologischer Vereinnahmung von Kultur gebe es in der Gegenwart und werde es auch in Zukunft geben, sagte die Grünen-Politikerin beim Jahresempfang der Klassik Stiftung in Weimar. "Wir erleben gerade ein autokratisches Regime in Russland, das sich zur Diktatur wandelt."

Künstler würden verfolgt, weil sie sich nicht auf eine nationale Idee verpflichten lassen wollen - andere wiederum dienten sich derselben Idee, demselben verbrecherischen Regime an, sagte Roth. Den überfallenen und vertriebenen Ukrainern sowie verfolgten Künstlern aus der Ukraine, aus Belarus und Russland sicherte sie Unterstützung zu. Kultur sei nicht gegen ihre Vereinnahmung gefeit, mahnte Roth. "Was ich aber in Deutschland nicht erleben will, ist, dass Schriftsteller und Schriftstellerinnen nicht mehr verlegt oder Komponistinnen und Komponisten vom Spielplan genommen werden, weil es russische Schriftstellerinnen und Schriftsteller, weil es russische Komponistinnen und Komponisten sind." Es habe sie erschreckt zu hören, dass Fjodor Dostojewski aus Bücherläden, aus Schaufenstern genommen werde.

In der Ukraine haben sich am Samstag offenbar mehr als 6600 Menschen über Fluchtkorridore vor den Kämpfen in Sicherheit bringen können. Nach Angaben der Behörden konnten 4128 Menschen aus der belagerten Hafenstadt Mariupol fliehen. Weitere 1820 Menschen verließen die Hauptstadt Kiew über Fluchtkorridore. 

In Kiew heulten am Samstagabend erneut die Sirenen, wie Bewohner in Online-Netzwerken mitteilten. Auch die Stadt Charkiw im Nordwesten wurde am Samstag weiter bombardiert, dabei wurden nach Angaben der örtlichen Behörden ein Mann und ein neunjähriges Kind getötet. Insgesamt starben in der russischsprachigen Großstadt seit Kriegsbeginn den örtlichen Behörden zufolge mindestens 500 Menschen. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums gab es von Seiten der russischen Streitkräfte seit Kriegsbeginn am 24. Februar 291 Raketenangriffe und 1403 Luftangriffe. Der Vormarsch der russischen Bodentruppen gestaltet sich wegen des massiven ukrainischen Widerstands schwieriger als erwartet.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beobachtet die Entwicklung rund um die ukrainischen Atomkraftwerke nach eigenen Angaben weiterhin sehr genau. Die Lage sei nach wie vor ernst, sagte BfS-Präsidentin Inge Paulini der Nachrichtenagentur dpa. "Es ist in keinster Weise vorgesehen, dass sich um ein Atomkraftwerk herum Kriegshandlungen abspielen", erklärte sie. Es bestehe daher "grundsätzlich das Risiko, dass die Kampfhandlungen direkt zu Schäden, zu Unfällen, zu Austritten von Radioaktivität führen können".

Schon mehrfach hat es seit Kriegsbeginn Vorfälle im Zusammenhang mit ukrainischen AKW gegeben - zuletzt auch eine Unterbrechung der Stromversorgung am Standort der Reaktorruine von Tschernobyl.

Das BfS sehe "aktuell keine Anzeichen dafür, dass radioaktive Stoffe in der Ukraine ausgetreten sind", sagte Paulini. Seit Beginn der Kampfhandlungen schwanke zwar die Zahl der täglichen Daten aus der Ukraine. Aber es gebe "immer noch Daten zur Bewertung der Situation" und Messnetze, die überall in Europa - auch in den ukrainischen Nachbarländern - verteilt seien, sagte Paulini. Das Bundesamt betreibe in Deutschland 1700 automatisch arbeitende Messstellen, die fortlaufend Daten zur Strahlenbelastung lieferten. Insgesamt seien die Strahlenschutz-Behörden hierzulande "gut aufgestellt".

Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine hat die Arbeit einer Reihe von prorussischen Parteien für die Gültigkeitsdauer des Kriegsrechts im Land verboten. Das teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Nacht zum Sonntag per Videobotschaft mit. "Die Aktivitäten von deren Politikern, die auf Spaltung oder Kollaboration abzielen, werden keinen Erfolg haben, dafür aber eine harte Antwort erhalten", wurde Selenskyj von der "Ukrajinska Prawda" zitiert. Zu den betroffenen Parteien gehören unter anderem die "Oppositionsplattform - Aus Lebenszeit" und der "Oppositionsblock", die auch im Parlament vertreten sind. Sie gelten ebenso wie die übrigen neun nunmehr verbotenen außerparlamentarischen Parteien als euroskeptisch, antiliberal oder als prorussisch. Das Justizministerium wurde laut Selenskyj angewiesen, den Beschluss des Sicherheitsrats umzusetzen.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt fordert eine schnellere und bessere Hilfe für die Flüchtlinge aus der Ukraine. "Was es jetzt braucht, ist ein ministeriumsübergreifender nationaler Krisenstab im Kanzleramt, wo alle Fragen, von der Unterbringung bis zur Versorgung und Kinderbetreuung, geklärt werden", sagte die Grünen-Politikerin der "Bild am Sonntag". Nötig sei eine Koordination, bei der alle Fäden zusammenliefen, darunter auch die Abstimmung mit den Bundesländern.

Göring-Eckardt verlangte, staatliche Strukturen schnell hochzufahren und für eine bessere Verteilung zu sorgen. Die Ampel-Koalition müsse mehr Geld für Deutschkurse zur Verfügung stellen: "Wir haben bei Weitem nicht die Kapazitäten, die wir brauchen. Da braucht es zügig mehr Personal und mehr Geld. Das wird Teil der Haushaltsverhandlungen nächste Woche" Auch der Zugang der Flüchtlinge zu medizinischer und psychologischer Versorgung muss laut Göring-Eckardt verbessert werden.

Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine ist das Interesse am Dienst bei der Bundeswehr in Deutschland gewachsen. "Wir registrieren seit dem Ausbruch des Krieges eine erhöhte Zahl an Interessentinnen und Interessenten, die über das im Internet-Auftritt der Bundeswehr hinterlegte Kontaktformular oder über unsere Karriere-Hotline Kontakt zu uns aufnehmen", teilte eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums auf Anfrage den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit.

Dementsprechend hätten sich die Erstberatungstermine bei der Karriereberatung ebenfalls erhöht. "Auch seitens Reservistinnen und Reservisten verzeichnen wir ein erhöhtes Anfrageaufkommen." Genaue Zahlen nannte die Sprecherin nicht. Sie hob allerdings hervor, dass sich "Aussagen zu einem grundlegend veränderten Anfrageaufkommen" noch nicht treffen ließen. Auch Auswirkungen auf das Bewerbungsaufkommen ließen sich noch nicht abschätzen, da für "verlässliche Rückschlüsse auf die Personalgewinnung für die Bundeswehr" der Zeitraum seit Beginn des Krieges in der Ukraine zu kurz sei.

Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine vor über drei Wochen sind bei Kämpfen um die Stadt Charkiw nach Angaben lokaler Behörden 266 Zivilisten getötet worden. Darunter seien 14 Kinder, teilten die Justizbehörden der zweitgrößten Stadt des Landes mit.

Die von russischen Truppen belagerte Stadt, in der vor Kriegsbeginn 1,5 Millionen Menschen lebten, werde weiterhin mit Artillerie beschossen, berichtete die Agentur Unian. Dabei seien am Samstagabend mehrere Wohnhäuser getroffen worden und in Brand geraten.

20.03.2022 • 00:55 Uhr

Ägypten plant Festpreis für Brot

Ägypten beabsichtigt, für drei Monate einen Einheitspreis für nicht subventioniertes Brot festzulegen. Der Preis könne bei Bedarf jeden Monat angepasst werden, sagte Versorgungsminister Ali Moselhy in einem Interview mit einem lokalen Fernsehsender. Letzte Woche hatte der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi die Regierung aufgefordert, einen Preis für nicht subventioniertes Brot festzulegen, nachdem die Brotpreise in letzter Zeit gestiegen waren. Ägypten ist einer der führenden Weizenimporteure. Weltweit ist der Weizenpreis gestiegen, da in der Ukraine, einem der global größten Exporteure, mit großen Ernteausfällen gerechnet wird.

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sieht keine Chance auf einen dauerhaften Frieden in der Ukraine durch Verhandlungen mit Russland. "Es gibt mit Putin nichts zu verhandeln. Putin will, dass die Ukraine zerfällt", sagte Kiesewetter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der CDU-Politiker ist Vorsitzender des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags und Obmann im Auswärtigen Ausschuss. "Der einzige Ausweg ist, wir müssen erreichen, dass sich Russland aus der Ukraine zurückzieht", sagte Kiesewetter. "Es wird keine Lösung durch Verhandlungen geben, Neutralität oder ein ähnliches Verhandlungsergebnis würde kaum einen dauerhaften Frieden bedeuten. Den gibt es mit Putin nicht mehr."

Eine aufgezwungene Neutralität sei zudem mit einer Demokratie nicht vereinbar. Über den UN-Sicherheitsrat könnten nach Ansicht Kiesewetters Sicherheitsgarantien für die Ukraine möglich sein. Allerdings müsse das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen dafür eine Klausel formulieren, die das Veto-Recht seiner fünf ständigen Mitglieder - USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich - bei Verstößen gegen diese Garantien außer Kraft setze. "Sonst könnten Veto-Länder wie Russland, die selbst Angriffe unternehmen, durch ein Veto jede Hilfe blockieren. Wir brauchen sozusagen ein Überstimmungsrecht im UN-Sicherheitsrat, sonst sind die Garantien nichts wert."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will Ukrainerinnen mit einer hohen Polizeipräsenz auf Bahnhöfen vor Menschenhändlern und Sexualstraftätern schützen. "Jeder, der es versucht, die Not der Geflüchteten auszunutzen, sollte wissen: Auf solche Taten reagieren wir mit aller Härte des Gesetzes", sagte die SPD-Politikerin der "Bild am Sonntag". Niemand dürfe das Leid der Flüchtlinge missbrauchen. "Solche Übergriffe sind zutiefst verachtenswert." Es gebe daher massive Polizeipräsenz an den Bahnhöfen, in Uniform und in Zivil, so Faeser.

Die Bundespolizei warnt seit längerem vor unseriösen oder kriminellen Angeboten an geflüchtete Frauen aus der Ukraine, die am Berliner Hauptbahnhof eintreffen. Immer wieder wurden in den vergangenen zwei Wochen Fälle registriert, bei denen Männer ukrainischen Frauen bei der Ankunft in Berlin dubiose Wohn- oder Übernachtungsangebote machten.

Belarusische Bahnarbeiter haben offenbar alle Schienenverbindungen zwischen Belarus und der Ukraine unterbrochen. Der Vorsitzende der ukrainischen Eisenbahnen, Olexander Kamyschin, dankte den Kollegen in Belarus: "Mit dem heutigen Tag kann ich sagen, dass es keinen Bahnverkehr zwischen Belarus und der Ukraine gibt", wurde er von der Agentur Unian zitiert. Dies würde bedeuten, dass die russischen Truppen in der Ukraine über diese Strecken weder Verstärkungen noch Nachschub erhalten.

Auch ein Berater der belarusischen Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja hatte über Twitter von der angeblichen Aktion berichtet. "Helden! Belarusische Bahnarbeiter haben die Bahnverbindung mit der Ukraine unterbrochen, so dass Züge mit russischer Ausrüstung nicht in die Ukraine fahren können", schrieb Franak Viatschorka. Dies sei die bisher größte Anti-Kriegs-Aktion bei den Bahnen. Die angebliche Aktion konnte aus unabhängigen Quellen nicht bestätigt werden.

SPD-Chef Lars Klingbeil hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin in der "Bild am Sonntag" einen Kriegsverbrecher genannt. Putin trage die Verantwortung für "diesen brutalen Krieg, für die ermordeten Kinder, Frauen und Männer, für die auseinandergerissenen Familien, für all das verbrecherische Elend".

Die Russland-Politik früherer Bundesregierungen sieht er im Nachhinein als fragwürdig an. "Alle Parteien, die Verantwortung getragen haben, müssen sich fragen, ob sie auf dem richtigen Weg waren", sagte Klingbeil. Es habe klare Warnhinweise gegeben, wie den russischen Krieg gegen Georgien und die Krim-Annexion. "Ja, wir alle hätten das, was in Russland passiert ist, anders bewerten müssen."

Seine Freundschaft zu Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der trotz des russischen Krieges gegen die Ukraine an seinen wirtschaftlichen Verbindungen nach Moskau festhält, erklärte Klingbeil für beendet: "Das, was in den letzten Wochen passiert ist, ist natürlich auch ein politischer Bruch zwischen Schröder und mir."

Der chinesische Vizeaußenminister Le gibt der NATO eine Mitverantwortung für den russischen Angriff auf die Ukraine. Bis Montagmorgen dürfen die Bewohner der Stadt Saporischschja ihre Häuser nicht mehr verlassen. Die Entwicklungen am Samstag.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 20. März 2022 um 09:00 Uhr.