Schwere Unwetter über Deutschland Überschwemmungen und umgestürzte Bäume
Schwere Unwetter sorgen in weiten Teilen Deutschlands für Schäden durch Überschwemmungen und umgestürzte Bäume. Der Bahnverkehr ist bundesweit erheblich beeinträchtigt, viele Strecken sind gesperrt. Für die meisten Bundesländer gelten Unwetterwarnungen.
In weiten Teilen Deutschlands gibt es nach der Hitze der vergangenen Wochen Unwetter. Aus der Mitte, dem Süden sowie Südwesten Deutschlands wurden bereits abgedeckte Dächer, umgestürzte Bäume, vollgelaufene Keller und Hagelschäden an Gebäuden gemeldet.
Der Zugverkehr ist nach Angaben der Deutschen Bahn bundesweit erheblich beeinträchtigt. Mehrere Strecken sind gesperrt. Betroffen sind demnach die Strecke Siegen - Letmathe, auf der IC-Züge zwischen Frankfurt/Main und Münster in Westfalen ausfallen. Gesperrt ist auch die Strecke Kassel-Göttingen. ICE- und IC-Züge zwischen Fulda und Göttingen werden demnach umgeleitet, der Halt Kassel-Wilhelmshöhe entfällt. Auch auf der gesperrten Strecke Frankfurt/Main über Mainz nach Wiesbaden verkehrt derzeit kein Fernverkehr. Ebenfalls gesperrt ist laut Bahn die Strecke zwischen Hamburg und Berlin. Die Züge werden über Stendal umgeleitet.
Für gestrandete Fahrgäste stellte die Bahn am Donnerstagabend in mehreren deutschen Städten Züge zum Übernachten zur Verfügung. In Berlin, Bremen, Frankfurt am Main, Göttingen, Hamburg, Hannover und Kassel sind nach Angaben einer Bahnsprecherin entsprechende Züge eingesetzt worden.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte teils Starkregen, Hagel und Sturmböen angekündigt. Mancherorts könne es bei Gewittern zu heftigem Starkregen mit bis zu 40 Litern pro Quadratmeter innerhalb kurzer Zeit kommen. Auch seien Sturm- bis Orkanböen mit Windgeschwindigkeiten von 80 bis 120 km/h möglich. Die Unwettergefahr nehme in der zweiten Hälfte der Nacht zum Freitag von Westen her langsam ab.
Für Gebiete in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland bis nach Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gab es bereits Unwetterwarnungen.
Hessen
Über Hessen brachte Tief "Lambert" starken Regen, Wind und Hagel. Bei Waldeck am Edersee seien einige Dächer abgedeckt worden, teilte die Polizei mit. Etliche Keller seien vollgelaufen und viele Bäume umgefallen, einige auch auf geparkte Autos. Es gebe Hagelschäden an Gebäuden.
In Kassel war zwischenzeitlich der Betrieb von Bussen und Bahnen komplett eingestellt worden. Diese Maßnahme am Nachmittag sei aus Sicherheitsgründen gewählt worden, teilte die Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) mit. "Stürmische Böen, extreme Regenfälle und Hagelschauer hatten zum Beispiel zu überfluteten Straßen und Gleisen, auf Gleise oder Oberleitungen gestürzte Äste und Bäume geführt, die die Fahrwege blockiert haben, so die KVG. Inzwischen fahren einige Linien wieder.
Auch der Fernverkehr ist betroffen. Die Bahnstrecke zwischen Fulda, Kassel und Göttingen ist derzeit gesperrt. Züge aus Richtung Süden enden in Frankfurt und ICE/IC-Züge aus Richtung Norden enden und beginnen in Hannover. Auch von einer Sperrung betroffen ist die Strecke Frankfurt-Mainz-Wiesbaden. Derzeit ist dort kein Zugverkehr möglich, wie die Deutsche Bahn auf ihrer Webseite mitteilte.
Nordrhein-Westfalen
Teils heftige Regenfälle und Gewitter erreichten am frühen Abend Nordrhein-Westfalen. Für weite Teile des bevölkerungsreichsten Bundeslandes gelten Unwetterwarnungen des DWD. Darunter waren zeitweise Warnungen der höchsten Stufe. Bislang gab es keine Berichte über Großschäden oder Meldungen über Verletzte.
In Duisburg ist es in der Nacht zum Freitag zu mindestens 420 Einsätzen der Feuerwehr gekommen. Dabei handele es sich um vollgelaufene Keller, überschwemmte Straßen und umgestürzte Bäume, sagte ein Sprecher der Feuerwehr. Einige Menschen seien in ihren Fahrzeugen eingeschlossen worden und hätten befreit werden müssen. Mehrere Straßen im Stadtgebiet von Duisburg waren wegen Überflutung nicht mehr befahrbar. Daher komme es zu zahlreichen Verkehrsbehinderungen. Die Feuerwehr ist nach eigenen Angaben mit rund 350 Einsätzen vor Ort - das Technische Hilfswerk mit etwa 42.
Wie die Polizei Märkischer Kreis berichtete, liefen Keller voll, Straßen wurden überflutet und Gullys hochgedrückt. In Bad Berleburg im Kreis Siegen-Wittgenstein prasselten golfballgroße Hagelkörner vom Himmel. Das Tiefdruckgebiet war allerdings relativ klein, in anderen Orten bemerkten die Menschen daher fast nichts vom Unwetter.
Im Kreis Soest berichtete die Feuerwehr nach Starkregen von über 40 Einsätzen insbesondere in der Kreisstadt Soest. Dabei ging es den Angaben zufolge zumeist um Wasser in Kellern und überflutete Straßen. Im Kreis Paderborn rückten nach Angaben der dortigen Leitstelle Feuerwehrleute zu 13 Einsätzen in und um Niederntudorf südlich von Paderborn wegen Wasser in Kellern aus.
Die Deutsche Bahn teilte mit, dass die Strecke Siegen-Letmathe gesperrt werden musste. IC-Züge auf der Strecke Frankfurt-Siegen-Münster fielen demnach aus. Mindestens drei Bäume sind nach ersten Erkenntnissen des Unternehmens auf dieser Strecke in die Oberleitungen gefallen. Möglicherweise könne die Reparatur der beschädigten Oberleitungen erst am Freitag abgeschlossen werden, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn.
Rheinland-Pfalz
Auch über Rheinland-Pfalz sind Gewitter mit Starkregen und Wind gezogen, zunächst in der Eifel, an der Ahr und im Raum Trier. Im Westerwald stürzte ein Baum auf einen Pkw, der Fahrer wurde leicht verletzt. Auch im Kreis Cochem-Zell stürzten mehrere Bäume auf die Fahrbahn. Die Feuerwehr rückte bereits wegen vollgelaufener Keller aus.
In Neuwied hat der starke Regen ein sich im Bau befindliches Regenrückhaltebecken überlaufen lassen, das zu brechen drohte. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk pumpten die 4000 Kubikmeter aus dem Becken, damit die dahinter liegende Straße nicht überflutet wird. Anwohner wurden vorsorglich evakuiert.
Rettungskräfte schildern teils dramatische Einsätze. "Bei einem Einsatz war ein Baum auf ein fahrendes Auto gestürzt. Bei einem anderen Einsatz mussten Personen aus ihrem Pkw in einer vollgelaufenen Unterführung gerettet werden", teilte der Brand- und Katastrophenschutz des Landkreises Neuwied mit. Laut dem Polizeipräsidium Koblenz wurde in dem Fahrzeug mit einem darauf gestürzten Baum niemand verletzt.
In Kinheim an der Mosel und in Brücktal bei Kelberg wurden Straßen überflutet. Dabei wurde niemand verletzt. Der DWD hat die Unwetterwarnung für Rheinland-Pfalz inzwischen wieder aufgehoben.
Hamburg
Einem Experten des Seewetteramtes Hamburg zufolge soll es am späten Abend extrem heftigen, unwetterartigen Starkregen und schwere Gewitter geben, vor allem in und um Hamburg sowie in Richtung Landesgrenze zu Mecklenburg vorkommen. Dabei können zwischen 30 und 60 Liter Regen pro Quadratmeter fallen. Überschwemmungen und Erdrutsche seien möglich.
Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein
Mecklenburg-Vorpommern erreicht der extrem heftige Starkregen laut DWD voraussichtlich in der zweiten Nachthälfte. Schon jenseits von Pinneberg und Ratzeburg nimmt die Unwettergefahr deutlich ab. "Im weiteren Norden wird der Regen zwar auch ankommen, aber in deutlich gemäßigter Form."
Niedersachsen
In Braunschweig zählte die Feuerwehr im Verlauf des Abends insgesamt 2000 Notrufe und 1400 Einsätze. Rund 600 Helfer von Feuerwehr, THW und DRK wurden nicht nur aus der Stadt, sondern auch dem Umland nach Braunschweig alarmiert, um Betroffenen zu helfen. Im Stadtgebiet fielen innerhalb einer kurzen Zeit 60 Liter/Quadratmeter. Die Folge: überflutete Straßen, vollgelaufene Keller und Tiefgaragen, gestrandete Autofahrer sowie Wassermassen, die sich teilweise in Geschäfte oder Ämter reindrückten.
In Göttingen sind Polizei und Feuerwehr nach eigenen Angaben zu mehreren Einsätzen ausgerückt, etwa weil Keller vollgelaufen waren. Für Südniedersachsen riet der DWD vom Aufenthalt im Freien ab. Von Bäumen, Türmen, Gebäuden, Gerüsten und Masten solle Abstand gehalten werden. Zu Hochspannungsleitungen soll demnach eine Distanz von mindestens 20 Metern bestehen. Ein Konzert des britischen Sängers Sting im niedersächsischen Lingen wurde abgesagt.
Außerdem wurden die Menschen gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Es bestehe Lebensgefahr durch Blitzschlag, Sturmschäden und umstürzende Bäume. Gegenstände im Freien sollen gesichert werden, hieß es.
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg
Im Landkreis Harz liefen zahlreiche Keller voll. Die Integrierte Leitstelle Harz sprach am Abend von unzähligen Einsätzen, eine genaue Zahl konnte sie zunächst nicht nennen. Weiterer Einsatzschwerpunkt neben den vollgelaufenen Kellern seien Bäume auf Straßen. Ein dpa-Reporter berichtete außerdem von Überflutungen, unter anderem in Blankenburg.
Die heftigen Gewitter ziehen aus dem Westen weiter in Richtung Ostdeutschland. Der DWD warnt vor schweren Gewittern am späten Abend und in der Nacht in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es könne lokal bis zu 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter in kurzer Zeit geben. Zu dem Starkregen seien schwere Sturmböen bis 100 Stundenkilometer sowie "großer Hagel bis fünf Zentimeter Korngröße" möglich. Insgesamt sei aber mit einer nachlassenden Gewitteraktivität im Laufe der Nacht zu rechnen, so der DWD.
Berlin und Brandenburg
Der DWD hat auch für Berlin und Brandenburg amtliche Unwetterwarnungen herausgegeben. Es wird mit heftigen Gewittern mit großen Regenmengen und Sturmböen gerechnet. Sehr vereinzelt seien sogar Tornados möglich, heißt es vom DWD.
Bayern
Vereinzelte Gewitter gab es am Abend über Bayern. Im oberbayerischen Valley gingen golfballgroße Hagelkörner nieder. Von Schäden war bei der Polizei zunächst nichts bekannt. Auf der B2 bei Roth geriet ein Audi von der Fahrbahn und blieb in einem Waldstück in einem Baum hängen. Der Fahrer wurde bei dem Unfall mittelschwer verletzt und konnte sich selbstständig aus dem Fahrzeug befreien.