Insolvenz von Air Berlin Konzernchef will die meisten Jobs sichern
Der Chef der insolventen Air Berlin, Winkelmann, glaubt, den "Großteil der Jobs" sichern zu können. Widerstand kommt vom Konkurrenten Ryanair. Die irische Airline legte gegen die deutschen Staatshilfen Kartellbeschwerde ein. Die EU-Kommission beschäftigt sich damit.
Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann ist zuversichtlich, einen Großteil der 7200 Arbeitsplätze bei der insolventen Fluggesellschaft in Deutschland retten zu können. "Ich glaube, trotz Insolvenz mein Ziel zu erreichen und einen Großteil der Jobs zu sichern. Das kriegen wir hin", sagte der ehemalige Lufthansa-Manager der Wochenzeitung "Die Zeit". Die Zukunftsfrage werde zügig gelöst. Dabei mischt auch Brüssel mit.
Denn die EU-Kommission nimmt die Staatshilfen für Air Berlin unter die Lupe. "Wir stehen in dieser Angelegenheit im konstruktiven Kontakt mit Deutschland", sagte ein Sprecher der Behörde. Die Kommission sei immer bereit, mit den Mitgliedsländern Pläne in Einklang mit den EU-Regeln zu diskutieren.
Ryanair sieht Lufthansa bevorzugt
Staatsbeihilfen, die den Wettbewerb in Europa verzerren, sind laut EU-Recht verboten. Ryanair hatte zuvor mitgeteilt, gegen die Staatshilfen für Air Berlin vorzugehen und Beschwerde bei den Kartellbehörden einzulegen - wegen des "offensichtlichen Komplotts" zwischen der deutschen Regierung, Lufthansa und Air Berlin, teilte das Unternehmen mit.
Der Insolvenzantrag sei mit dem Ziel arrangiert worden, dass die Deutsche Lufthansa eine schuldenfreie Air Berlin übernehmen könne. Der irische Billigflieger sieht dadurch deutsche und EU-Wettbewerbsregeln verletzt. Deshalb würden Bundeskartellamt und EU-Kommission aufgefordert, umgehend Schritte zu unternehmen.
Merkel verteidigt Übergangskredit
Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte den Übergangskredit. Zehntausende Reisende im Stich zu lassen, "weil Benzin nicht bezahlt werden kann und die Tickets verfallen, das wäre glaube ich nicht angemessen gewesen", sagte Merkel in einer Fragerunde mit YouTubern. Die Bundesregierung habe sich die Entscheidung "sehr gut überlegt".
Auch Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig wies die Vorwürfe von Ryanair zurück. Der irische Billigfliegers dränge selber in den deutschen Markt und trommle deshalb laut, sagte der SPD-Politiker im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Dass die Lufthansa am Ende Air Berlin komplett übernehmen könnte, hält Machnig für abwegig.
Kredit soll durch Slot-Verkauf zurückgezahlt werden
Nach dem Insolvenzantrag von Air Berlin hatte die Bundesregierung angekündigt, mit einem Kredit der KfW über 150 Millionen Euro einzuspringen. Damit soll die defizitäre Fluggesellschaft die nächsten drei Monate überbrücken.
Laut Bundesfinanzministerium handelt es sich um einen Massekredit, der vorrangig zurückzuzahlen sei, da er nach der Insolvenz gewährt wurde. "Wir gehen deshalb davon aus, dass wir das Geld zurückerhalten", sagte ein Sprecher.
Der Kredit soll durch den Verkauf der Start- und Landerechte von Air Berlin zurückgezahlt werden. Die sogenannten Slots sind Zeitnischen, die einer Fluggesellschaft den Start oder die Landung ihrer Maschine zu einer ganz bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Ort erlauben. Slots sind begehrt - an großen Flughäfen wie Frankfurt am Main sind für die Hauptflugzeiten praktisch alle Zeitfenster vergeben.
Thomas Cook meldet Interesse an
Die Hoffnungen ruhen nun vor allem auf der Deutschen Lufthansa, die seit längerem mit Air Berlin in Übernahmeverhandlungen steht. Auch der Reisekonzern Thomas Cook interessiert sich für Teile der Airline. Mit der Ferienflug-Tochter Condor sei man bereit, "eine aktive Rolle bei möglichen Auffanglösungen zu spielen", sagte ein Thomas-Cook-Sprecher. Diese müssten aber nachhaltig und kartellrechtlich zulässig sein.
Das Personal der Lufthansa-Billigtochter Eurowings reagierte mit Verunsicherung auf die Insolvenz. Die Kabinengewerkschaft Ufo kündigte für die nächsten Tage Urabstimmungen an und droht mit flächendeckenden Arbeitskämpfen. Lufthansa habe in der Aussicht auf mögliche Übernahmen aus der Air Berlin die Schlichtung für das Eurowings-Personal scheitern lassen, erklärte Ufo-Tarifvorstand Nicoley Baublies. Er fürchtet, "dass Mitarbeitergruppen gegeneinander ausgespielt werden".
Aufgrund des Kredits der Bundesregierung bleiben nach Angaben von Air Berlin alle gebuchten Tickets gültig. Auch die Flugpläne würden nicht geändert. Alle Flüge der Linie und ihrer Tochter Niki fänden wie geplant statt. Zudem seien auch alle vorgesehenen Flüge weiterhin buchbar.
Trotz des Brückenkredits bleibt die Frage, was danach passiert. Falls die Airline tatsächlich ihren Flugbetrieb einstellen müsse, könne es für die Kunden schwierig werden, ihre Ausgaben erstattet zu bekommen, warnt der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Insbesondere für Kunden, die ihr Ticket selbst gekauft haben, fehlt ein Insolvenzschutz.
Die Kunden hingegen, die eine Pauschalreise oder einen Flug im Reisebüro gebucht haben, seien in der Regel finanziell abgesichert. Sie müssten möglicherweise Verzögerungen beim Rückflug in Kauf nehmen oder sich sogar selbst um eine Verbindung kümmern. Sie erhielten aber von ihren Vertragspartnern ihr Geld zurück.