Online-Handel 25 Jahre "Amazonisierung des Konsums"
Alles begann in einer Garage - vor 25 Jahren startete Jeff Bezos mit dem Online-Verkauf von Büchern. Inzwischen ist Amazon ein Imperium und für Kunden ein Konsumparadies - für stationäre Händler dagegen ein Albtraum.
Klicken, kaufen, liefern lassen. Entspannt von zu Hause aus. Ohne Menschenmengen, durch die man sich kämpfen muss, ohne Schlange stehen an der Kasse. Immer öfter wird online bestellt und immer öfter bei Amazon. "Natürlich spüren unsere Händler in den kleineren und mittleren Städten rückläufige Besuchersequenzen. Es kommen weniger Leute in die Stadt. Die kaufen stattdessen im Netz", beschreibt Kai Falk vom Deutschen Handelsverband die Situation für den stationären Handel.
Seit Jahren steigt der Onlineanteil am Einzelhandel. Nach Zahlen des deutschen Handelsverbandes lag er im vergangenen Jahr bei inzwischen zehn Prozent. Und mit Onlinehandel ist in erster Linie Amazon gemeint. Allein in Deutschland verbucht Amazon mit Eigenhandel und seinem Marketplace fast die Hälfte des gesamten Onlineumsatzes auf sich. Weltweit lag der Umsatz des Online-Versandhändlers im vergangenen Jahr bei fast 233 Milliarden US-Dollar.
Von einer "Garagen-Idee" zum Weltkonzern
Chef Jeff Bezos hat mit Amazon ein beispielloses Imperium geschaffen. Im Juli 1994 gründete er in seiner Garage in Seattle amazon.com. Der Name soll laut dem Unternehmen an den längsten Fluss der Welt, den Amazonas, erinnern um die große Auswahl des Händlers zu symbolisieren.
Große Auswahl - diesem Prinzip blieb Bezos über die Jahre treu. Aus seiner anfänglichen Garagen-Idee, Bücher online zu verkaufen, wurde nach kurzer Zeit ein Online-Store mit CDs, DVDs, gefolgt von Spielzeug, Möbeln und Unterhaltungselektronik.
Seit 2002 können auch andere Anbieter ihre Produkte über Amazon verkaufen. Damit gelang Bezos ein genialer Schachzug. Denn inzwischen gilt Amazon als Informationsquelle für Produkte.
Amazon kündigte an, mit seinem Drohnen-Lieferservice "Prime Air" in Kürze zu starten.
Kaufverhalten durch Amazon immer mehr beeinflusst
Laut einer Studie des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) geht durchschnittlich 60 Prozent der Onlinekäufe und 27 Prozent aller stationären Käufe eine Recherche bei Amazon voraus. Als "Amazonisierung des Konsums" beschreibt Eva Stüber vom IFH diese Entwicklung.
"Für den Einzelhandel ist nicht nur herausfordernd, dass immer mehr Umsatz über Amazon gemacht wird, sondern vor allem auch die zunehmende Beeinflussung des Kauf- und Informationsverhaltens", sagt Stüber. Die Überpräsenz von Amazon führe dazu, dass der Konsument "Scheuklappen" aufgesetzt bekäme und so nur noch einen Ausschnitt aus dem Handelsangebot wahrnehme. Damit ist Amazon laut Stüber zur wichtigsten Orientierungseinheit geworden.
Für Händler gelte daher, nachhaltig aktiv zu werden und sich neu zu positionieren, um die vom Konsumenten gelernten Amazon-Gesetzmäßigkeiten auch zu bedienen. Dem sind viele Händler aber nicht gewachsen. Das Institut für Handelsforschung rechnet deswegen damit, dass allein in Nordrhein-Westfalen jedes fünfte Geschäft bis 2030 schließen wird.
Amazon selbst sieht sich hingegen als Schaffer von Möglichkeiten für Neulinge in der E-Commerce-Branche. "Kleine und mittelständische Unternehmen aus Deutschland nutzen die Chancen der Digitalisierung, um ihr Geschäft über Amazon auszubauen und Exporte zu steigern. Über Amazon können sie Hunderte von Millionen Kunden weltweit erreichen", so ein Amazon-Sprecher auf Anfrage.
Wirtschaftsministerium will kleineren Unternehmen helfen
Auch um mit dem Onlineriesen Amazon mithalten zu können und den stationären Handel zu unterstützen, will nun das Bundeswirtschaftministerium zukünftig mittleren und kleineren Unternehmen beim Einstieg in die Digitalisierung unter die Arme greifen. Das Ziel dahinter ist laut Wirtschaftsminister Peter Altmaier "auch in Zukunft Innenstädte mit einem bunten Angebot an Händlern und Geschäften zu erhalten". Zusammen mit Fachleuten aus der E-Commerce-Branche sollen zukünftig kostenlose Workshops und Unternehmenssprechstunden angeboten werden.
Während auf diesem Weg kleine Unternehmen in Deutschland nicht den Anschluss verlieren sollen, mischt Amazon den Markt der Möglichkeiten weiter auf. "Wachstum ist das Ziel von Amazon, dabei sind die Visionen von Jeff Bezos groß: Das Weltall steht auf jeden Fall auf seiner Liste", resümiert Stüber vom IFH und meint damit Bezos Weltraumtourismuspläne.
Zum Geburtstag von Amazon dürfte der Chef darauf anstoßen, dass ihn seine Garagenidee vor 25 Jahren zum reichsten Mann der Welt gemacht hat.