Eine alte Person hält Euroscheine in den Händen.

Rentensysteme im Vergleich Deutsche müssen besonders lange arbeiten

Stand: 03.02.2025 06:12 Uhr

Arbeiten bis 64 statt 62 Jahren: Das sieht die Rentenreform in Frankreich vor. Auch in Italien gehen viele mit 62 Jahren in Rente. Die Deutschen dagegen müssen deutlich länger arbeiten. Wo steht Deutschland im EU-Vergleich?

Von Christiane Cichy, mdr

Auf den ersten Blick hat Frankreich im Vergleich zu Deutschland ein großzügiges Rentensystem. Im Jahr 2023 wurde die Rente mit 62 Jahren gekippt. Zwei Drittel der Franzosen waren dagegen, wochenlange landesweite Streiks waren die Folge. Die Regierung hatte die Reform unter Berufung auf einen Sonderartikel in der Verfassung ohne eine finale Abstimmung der Nationalversammlung beschlossen.

"Das früheste Alter, um in Rente zu gehen, ist in Frankreich von 62 auf 64 Jahre erhöht worden. Allerdings bekommt man nur volle Bezüge, je nach Alter, wenn man 42 oder 43 Jahre eingezahlt hat", erklärt Friederike Hofmann, ARD-Korrespondentin in Paris.

Angehoben wurde also nicht nur das Renteneintrittsalter, sondern auch die Zahl der notwendigen Beitragsjahre. Vor der Reform waren es 41,5 Jahre, in Zukunft müssen die Franzosen nun 43 Jahre Beiträge zahlen, um volle Rentenansprüche zu haben. Wer das nicht schafft, müsse auch in Frankreich bis 67 arbeiten, so Friederike Hofmann.

Gesetz gilt in Deutschland seit 2007

Dass das Rentenalter in Deutschland stetig steigen wird, wurde in Deutschland bereits 2007 mit dem sogenannten Altersgrenzenanpassungsgesetz beschlossen. Für Versicherte ab dem Geburtsjahrgang 1964 wurde die Vollendung des 67. Lebensjahres als neue Regelaltersgrenze eingeführt. Für die Geburtsjahrgänge 1947 bis 1963 war eine Übergangsregelung mit stufenweiser Anhebung der Altersgrenze vorgesehen.

Um früher abschlagsfrei in Rente zu gehen, muss man in Deutschland bereits 45 Arbeitsjahre vorweisen können. Und auch dann sei eine abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren nicht mehr realisierbar.

Die entsprechende Regelung sei längst ausgelaufen ist, betont Rentenberater Christian Lindner aus Langebrück in Sachsen: "Das hängt damit zusammen, dass der Gesetzgeber gesagt hat, das soll nur gelten für Versicherte, die vor 1953 geboren sind. Für die Jüngeren, also alle Jahrgänge zwischen 1953 bis 1964, wird die Altersgrenze stufenweise auf 65 angehoben. Das gilt auch, wenn man 45 Beitragsjahre erreicht hat."

Niederländer und Dänen arbeiten länger

Eine aktuelle Analyse der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt, dass die Deutschen im EU Vergleich mit am längsten arbeiten müssen. Sie gingen 2022 mit knapp 66 Jahren in Rente. Die Niederländer und Dänen arbeiteten mit knapp 67 etwas länger. In Spanien sind es 65 Jahre. In Österreich gingen die Männer mit 65 und die Frauen mit derzeit 61 in Rente. In Frankreich und Italien waren es knapp 64 Jahre. Die Griechen und Luxemburger arbeiteten sogar nur bis 62.

OECD-Rentenexpertin Monika Queisser erklärt gegenüber Plusminus, dass zwar viele Länder Deutschland gefolgt seien und das Rentenalter spürbar erhöht hätten, dennoch sei die deutsche Doppelkombination von 45 Beitragsjahren und 65 als Renteneintrittsalter relativ stringent im Vergleich zu den anderen Ländern.

Rentenreform in Italien lässt Schlupflöcher

Nicht nur in Frankreich, auch in Italien standen Reformen an. Auch hier wurde das gesetzliche Rentenalter spürbar angehoben. Doch die Realität sehe noch anders aus, erklärt ARD-Korrespondent Andreas Herz aus Rom: "Laut Gesetz sollten die Italiener und Italienerinnen bis 67 arbeiten. Im Schnitt gehen sie aber schon mit 62 in Rente. Oft mit vollen Bezügen. Schlupflöcher machen es möglich."

An die Ausnahmeregeln wolle die Politik jetzt ran, so Herz. Berufsanfänger sollen in Italien schon bis 71 Jahren arbeiten. Die Rente ist in Italien der größte Posten der Staatsausgaben. Kaum ein anderes Land in der EU gibt so viel Geld für seine Renten aus.

Progressives Rentenalter in Dänemark

Was in anderen Ländern noch diskutiert wird, ist in Dänemark schon Realität: Das Rentenalter steigt im gleichen Takt mit dem Durchschnittsalter der Bevölkerung. Schon heute liegt es bei 67 Jahren.

Doch es steigt weiter an, so Korrespondentin Rikke Detlefsen aus Kopenhagen: "Ich selbst muss warten, bis ich 2033 68 Jahre alt werde, und im Jahr 2040 soll das Rentenalter bei 70 Jahren angelangt sein. Aber wenn die Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt immer noch älter und älter wird, stoppt das Rentenalter auch dann nicht." Ihre heute 25 Jahre alte Tochter müsste dann tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt bleiben, bis sie ganze 74 Jahre alt ist.

Ob arm oder reich: Jeder Däne bekommt eine Rente, die - anders als in Deutschland - steuerfinanziert ist. Diese beträgt 965 Euro im Monat, und wer darüber hinaus keine private Rentenversicherung hat, bekommt nochmal genauso viel obendrauf, erklärt Detlefsen. Damit das finanzierbar bleibt, soll also das Rentenalter stetig steigen.

Das Problem: Bereits jetzt gehen viele Handwerker, Krankenschwestern und Pfleger in Frührente, weil sie ihren Job physisch einfach nicht mehr schaffen. Und bei dem steigenden Rentenalter erwarten Gewerkschaften und Arbeitsmarktforscher, so Detlefsen, dass noch wesentlich mehr Dänen in Zukunft eine Frührente beantragen werden.

In Österreich zahlen alle ein

Auch in Österreich hat die Rente, die hier Pension heißt, hohe Priorität. Anders als in Deutschland zahlen hier alle in die gesetzlichen Rentenversicherung ein: Selbständige, Politiker und zunehmend die Beamten. Die in Deutschland seit Jahrzehnten diskutierte Einbeziehung der Beamten ins Rentensystem wurde in Österreich 2004 beschlossen - mit langen Übergangsfristen bis 2040. Schon seit 1958 werden auch Selbstständige in Österreichs Rentensystem einbezogen.

Und: Die Sonderrechte für die Politiker wurden hier bereits 1997 ersatzlos gestrichen - anders als in Deutschland zahlen also auch Abgeordnete seither ganz normal in die Rente ein. Ein weiterer Unterschied: Arbeitgeber zahlen hier 2,3 Prozent mehr als Arbeitnehmer. Insgesamt sind die Rentenbeiträge mit 22,8 Prozent deutlich höher als in Deutschland (18,6 Prozent).

In Österreich ist derzeit keine Erhöhung auf 67 Jahre geplant, so Nikolaus Neumaier vom ARD-Studio Wien. Für die Männer liegt das Regelpensionsalter bei 65 Jahren und für Frauen noch bei 61 Jahren. "Doch auch bei ihnen wird das Alter schrittweise angehoben. 2033 können auch sie abschlagsfrei nur noch mit 65 Jahren in Pension gehen", so Neumaier.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 31. Januar 2025 um 11:50 Uhr.