Neue Regeln beschlossen Mehr Tempo für selbstfahrende Busse
Autonom fahrende Busse ohne Mensch hinter dem Steuer durften bislang im Testbetrieb nur auf speziellen Strecken und extrem langsam unterwegs sein. Das ändert sich nun - was Verkehrsbetriebe begrüßen.
Knut Ringat ist gern vorne mit dabei. Der Chef des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) hat in den vergangenen Jahren ein Projekt vorangetrieben, das autonomes Fahren testen sollte. "Papa-Mobile" nennt er die vier Kleinbusse, die bisher für den RMV unterwegs sind, weil sie sich so langsam durch die Gegend quälen wie das Auto mit dem Glasaufbau für den Papst.
Bald aber soll es richtig losgehen - mit einer Verordnung, die der Bundesrat heute gebilligt hat. "Wir können mit der neuen Verordnung in Tests im Linienbetrieb starten, im ganz normalen Straßenverkehr", so Ringat. "Das konnten wir bisher nicht, und wir konnten es vor allem nicht mit vernünftigen Geschwindigkeiten, sondern wir konnten bisher nur die zehn elf, zwölf km/h fahren."
Bis zu 25 autonome Fahrzeuge im Rhein-Main-Gebiet
Der Verordnung zufolge ist künftig der sogenannte "Level 4" des autonomen Fahrens möglich - die zweithöchste Stufe. Dann will der RMV bis zu 25 neue Fahrzeuge auf die Straße schicken, etwa in Darmstadt oder Frankfurt. Normale Autos mit vier bis sieben Sitzen, aufgerüstet mit autonomer Software und Technik. Im Auto sitzt dann kein Fahrer mehr. Nur in der Zentrale überwacht jemand, ob auf den Straßen alles glattgeht.
"Das sind Straßen, auf denen es Stau gibt, auf denen es auch mal einen Unfall geben kann. Auf dem Bauzustände herrschen", sagt der RMV-Chef. "Diese Fahrzeuge müssen also mit dem ganz normalen Leben auf der Straße zurechtkommen. Das können sie schon besser oder schlechter."
Offene Fragen der Technik
Bei den offenen Fragen sollen nun mehr Erfahrungswerte her. Wie viele Fahrzeuge kann ein Mensch in der Zentrale gleichzeitig überwachen? Soll ein autonomes Fahrzeug doppelte Linien nie überfahren oder in Ausnahmefällen doch? Wie kann die Technik umgehen mit neuen Baustellen, die sie noch nicht kennt?
Bundesverkehrsminister Volker Wissing sieht Deutschland mit den neuen Regeln weltweit als Vorreiter. Man wolle aus den Testphasen raus und rein in den Alltagsbetrieb. So viel wie Deutschland nun erlaube, sei in keinem anderen Land erlaubt, so der FDP-Politiker: "Wir müssen Technologieführerschaft im Automotive-Sektor in Deutschland sichern. Davon hängen unendlich viele Arbeitsplätze ab."
Kameras, Ultraschall, Radar und Laser an Bord
Auch Walter Eichendorf vom Verkehrssicherheitsrat ist voller Vorfreude. Die autonomen Fahrzeuge, um die es in den nächsten Jahren geht, werden laut Eichendorff nicht nur Kameras, Radar und Ultraschall an Bord haben, sondern auch Laser, die die Umgebung abtasten. Er ist sich sicher, dass es durch autonomes Fahren weniger Unfälle geben wird. "Menschen fahren zu schnell, Menschen halten die Abstände nicht ein. Menschen verletzen die Vorfahrt. Das tun autonome Fahrzeuge nicht, die halten das Regelwerk ein."
Die neue Verordnung ziele vor allem auf den öffentlichen Nahverkehr ab. Am Stadtrand und auf dem Land ist es für Verkehrsbetriebe bisher wenig lukrativ. Mit autonomen Kleinbussen könnte sich das ändern. "Für die Verkehrsbetriebe macht das Ganze Sinn, weil sie mit relativ kleinen Fahrzeugen und ohne Fahrer, sodass dort keine Lohnkosten anfallen, in dünnbesiedelte Bereiche rausfahren können", sagt Eichendorff. Für die Menschen in solchen Regionen sei das "eine ganz tolle Lösung" - sie könnten ein Nahverkehrs-Angebot bekommen, das "sonst normalerweise nicht dagewesen wäre".