Himalaya-Kleinstaat Bhutan Wo mehr Kohlendioxid gebunden wird als produziert
Das Königreich Bhutan hat eine der besten CO2-Bilanzen weltweit vorzuweisen. Zur Energiegewinnung setzt das Land auf Wasserkraft - und will für eine noch bessere Klimabilanz Millionen Bäume anpflanzen.
Nahe der Stadt Punakha, im Westen Bhutans, fließt der Gebirgsfluss Puna Tsang Chu. Am Ufer steht ein Wasserkraftwerk, welches täglich so viel Energie erzeugt, dass knapp eine halbe Million Privathaushalte mit Strom versorgt werden können. Kencho Gyeltshen trägt die Verantwortung dafür. Der in einem traditionell bhutanesischen Gewand gekleidete Manager erklärt, warum der Kleinstaat im Himalaya vor allem auf Wasserkraft setzt.
"Die Energie kommt aus unseren Flüssen", sagt Gyeltshen. "Für Bhutan macht es deshalb Sinn, genau diese Energie zu nutzen. Sie so umzuwandeln, dass sie sowohl der Bevölkerung zugutekommt als auch dabei hilft, die Industrie weiterzuentwickeln." Gyeltshen legt Wert darauf, dass der Strom nicht nur aus Erneuerbaren Energien stammt, sondern dass das Projekt darüber hinaus keine nachhaltigen Schäden an der Umwelt anrichtet.
Bhutan fühlt sich alleine gelassen
Das Wasser wird durch unterirdische Tunnelsysteme ins Kraftwerk geleitet. "Damit zerstören wir auch nichts an der Oberfläche", so Gyeltshen. "Denn bei allem, was wir in Bhutan tun, ist unsere Priorität, die Natur nicht in Mitleidenschaft zu ziehen." Die Natur zu schützen ist ein in der Verfassung festgelegtes Ziel. Die Folge: Bhutan hat weltweit eine der besten CO2-Bilanzen.
Was auch damit zu tun hat, dass neben einer riesigen Waldfläche nur eine kleine Industrielandschaft ansässig ist. So bindet das Land mehr Kohlendioxid, als es ausstößt. Außenminister Tandi Dorji fühlt sich allerdings von größeren Nationen alleine gelassen. "Jedes Jahr machen viele Länder 'zig Versprechungen, was sie alles gegen den Klimawandel tun wollen", sagt Dorji. "In der Praxis passiert aber so gut wie nichts."
Eine Million Bäume sollen angepflanzt werden
Seiner Meinung nach liegt das vor allem daran, dass die unmittelbaren Auswirkungen noch nicht überall auf der Welt zu sehen sind. Hier in Bhutan allerdings schon. Die Gletscher schmelzen, Schnee fällt nur noch in höheren Lagen, extreme Naturereignisse nehmen zu. "Auch hier wollen die Menschen gerne Fabriken bauen, die natürlich CO2 ausstoßen würden", beklagt Dorji. "Wir stellen uns aber der Realität - und wir können nur darauf hoffen, dass die Industrienationen erkennen, dass es nicht so weitergehen kann."
Sein Wunsch wäre, dass sich mehr Länder ein Beispiel an Bhutan und seinen Klimaprojekten nehmen würden. So, wie dem "One Million Tree Project". Mehr als eine Million Bäume sollen in den nächsten drei Jahren im Land angepflanzt werden. Doch das Projekt, das die CO2-Bilanz des Landes noch weiter verbessern soll, hat ebenfalls mit den Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen.
Klimawandel hat große Auswirkungen auf Bhutan
In diesem Jahr mussten sie das Anpflanzen vieler Bäumen nach hinten verschieben. "Der Boden war aufgrund von ausbleibender Regenfälle einfach noch zu trocken", erklärt Ugyen, der das Projekt koordiniert. "Der Wassermangel führte auch dazu, dass die Ernte vieler Bauern kaputt ging." Der Großteil der Menschen in Bhutan lebt von der Landwirtschaft. Ein Ernteausfall stellt sie vor existentielle Sorgen.
Obwohl die Erde noch immer trocken ist, wollen Ugyen und sein Team keine weitere Zeit mehr verlieren. Trotz des staubigen Bodens pflanzen sie so viele Bäume an, wie sie nur können. Ihre Ziele sind ehrgeizig gesteckt. "Wir wollen innerhalb der nächsten zehn Jahre mehr als zehn Millionen Bäume anpflanzen. Von jedem einzelnen Baum profitiert nicht nur Bhutan, sondern die ganze Welt", sagt Ugyen. Das Klima, das wissen alle in Bhutan, können sie damit nicht alleine retten. Zumindest aber wollen sie mit gutem Beispiel vorangehen.