Deutsche Autohersteller Ein Jahr der Milliardengewinne
Die deutsche Wirtschaft leidet unter dem Ukraine-Krieg und den Folgen der Corona-Pandemie. Die Autohersteller dagegen konnten erneut hohe Gewinne einfahren. Was erwartet sie 2023?
Es scheint paradox. Trotz hoher Energiepreise, trotz anhaltender Lieferschwierigkeiten bei Rohstoffen und wichtigen Vorprodukten und trotz einer schwächelnden Weltkonjunktur haben die deutschen Autokonzerne im Sommer Milliardengewinne eingefahren.
Der Volkswagen-Konzern zum Beispiel hat im dritten Quartal einen Umsatz von mehr als 70 Milliarden Euro gemacht. Das liegt nicht zuletzt am Geschäft in den USA, erklärt Finanzexperte Robert Halver von der Baader Bank: "Die Autokonzerne haben gut verdient, auch in Amerika. Und da der Dollar so stark gewesen ist und immer noch stark ist, ergibt sich beim Umrechnen ein gewaltiger Gewinnaufschlag."
Förderung von E-Autos läuft aus
Auch die Transformation hin zur Elektromobilität scheint zuletzt besser gelungen zu sein, nachdem die deutschen Autobauer den Trend aus Sicht vieler Experten zunächst jahrelang verschlafen hatten. Und die Zeit drängt: Ab 2035 dürfen in der EU keine Verbrenner-Neuwagen mehr zugelassen werden.
Aktuell ist jeder fünfte Neuwagen auf deutschen Straßen ein "Stromer". Doch das große Geschäft mit den E-Autos könnte zumindest in Deutschland bald vorbei sein, glaubt Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research in Duisburg: "Der Hauptgrund ist, dass die staatlichen Förderungen zurückgenommen werden, für mittlere und kleine Fahrzeuge. Und bei den Plug-In-Hybriden fällt die Förderung komplett aus."
Ein weiteres Problem: Sollten die Strompreise so hoch bleiben wie zuletzt, könnte auch das potentielle Käufer von E-Autos abschrecken. Gerade im Vergleich zum Blick auf die Tankstellen, wo Benzin und Diesel gerade verhältnismäßig günstig sind.
Fragezeichen hinter US-Geschäft
Auch das Geschäft der deutschen Autobauer in Amerika könnte leiden, wenn die US-Regierung an ihrem neu angekündigten protektionistischen Kurs festhalte, so Dudenhöffer: "Wenn in den USA nur noch die Fahrzeuge staatlich mit Prämien gefördert werden, deren Batterien aus Amerika kommen, dann schnüren wir der deutschen und der europäischen Batterieproduktion, die gerade im Aufbau ist, die Luft ab."
Ist der Elektro-Boom also gefährdet? Das glaubt der Nachhaltigkeitsexperte Ingo Speich von Deka Investment nicht: "Die Transformation zur E-Mobilität ist nachhaltig im Sinne von langfristig und anhaltend. E-Mobilität wird nicht mehr weggehen." Was die ökologische Nachhaltigkeit angehe, gebe es aber noch eine Reihe von Fragezeichen:
Die Stoffe zur Elektromobilität müssen aus Minen in Afrika oder Südamerika beschafft werden, bei denen Menschenrechtsverstöße nicht ausgeschlossen sind. Und wir haben auch ein Entsorgungsproblem bei den Batterien.
Verkaufszahlen in China sinken
Aber selbst wenn in Deutschland der E-Auto-Markt zurückgehen sollte, muss das für die großen deutschen Autokonzerne keine Katastrophe sein. Denn viele machen längst einen Großteil ihrer Geschäfte in Übersee. Volkswagen verkaufte Anfang des Jahres vier von zehn Fahrzeugen in China.
Und auch auf den heimischen Automarkt sieht Finanzexperte Halver erstmal gute Zeiten zukommen, nämlich durch eine verbesserte Konjunktur: "Wir bekommen keine tollen Wachstumsraten, denn die Stimmung, die wir momentan haben, die ist zu schlecht. Wenn die Stimmung besser wird, wird so mancher, der lange gewartet hat, ein Auto zu kaufen."
Andere Marktbeobachter sind da vorsichtiger. Die neuesten Verkaufszahlen aus China seien rückläufig. Demnach verlieren deutsche Autohersteller in der Volksrepublik immer mehr Marktanteile an die dortige Konkurrenz - auch bei E-Autos.