Verfassungsgericht prüft Bankenunion "Unzulässig" oder "zwingend notwendig"?
Die Europäische Bankenunion ist erst im Aufbau - doch schon jetzt ist sie Thema vor Gericht. Die Kläger halten sie für verfassungswidrig. Die Bundesregierung sieht das anders.
Als während der Finanzkrise europäische Banken vor der Pleite standen, mussten sie mit hohen Milliardensummen gestützt werden - Geld, für das die Steuerzahler aufkommen mussten. Die Bankenunion soll das künftig verhindern. Dafür soll zum einen die Europäische Zentralbank sorgen. Denn sie kontrolliert nun alle großen, besonders bedeutsamen Banken in der EU.
Das sei nach der Bankenkrise zwingend notwendig gewesen, sagt Christine Lambrecht, Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium. Banken könnten nicht mehr nur national beaufsichtigt werden, denn es gebe zu viele Verflechtungen. "Deshalb war es die richtige Entscheidung und Konsequenz aus der Finanzkrise 2008, eine europäische Aufsicht und einen Abwicklungsmechanismus zu installieren, um dem, was damals passiert ist, entgegenzuwirken", meint Lambrecht.
55 Milliarden Euro sollen eingezahlt werden
Neben der neuen Aufsicht durch die EZB ist dieser Abwicklungsmechanismus das zweite Element der Bankenunion. Es wurde ein spezieller Fonds geschaffen, mit dessen Geld marode Banken abgewickelt werden sollen.
In diesen Abwicklungsfonds müssen die europäischen Banken eine bestimmte Summe einzahlen. Bis 2023 sollen dadurch 55 Milliarden Euro zusammen kommen. Das Ziel: Der Steuerzahler soll nicht mehr haften müssen.
Der eingeschlagene Weg sei gut und sinnvoll, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Florian Toncar, der ebenfalls nach Karlsruhe gekommen ist. "Wir haben in der Eurokrise ja gesehen, dass auch einzelne Staaten mit einem riesigen, aber unkontrollierten Bankensystem große Risiken anhäufen konnten, und die Rechnung am Ende bei anderen hinterlassen haben. Das geht so nicht", so der Haushalts- und Finanzexperte. "Deshalb ist es richtig, dass wir alle Bankensysteme in der Eurozone nach einheitlichen Standards kontrollieren."
Muss am Ende doch der Steuerzahler ran?
Allerdings sehen die Kläger in Karlsruhe die Gefahr, dass am Ende doch der Steuerzahler für Bankenpleiten geradestehen muss - spätestens dann, wenn die 55 Milliarden des Abwicklungsfonds nicht mehr reichen sollten.
Einer der Kläger ist der Berliner Finanzwissenschaftler Markus Kerber. Er ist davon überzeugt, dass die Bankenunion weder nach europäischem Recht noch nach dem Grundgesetz zulässig ist: "Es gibt überhaupt keine Ermächtigungsgrundlagen für die Übertragung der gesamten Bankenaufsicht auf die Europäische Zentralbank. Es gibt auch keine Ermächtigungsgrundlage für die Schaffung eines Abwicklungsmechanismus."
Damit würden der deutschen Demokratie wesentliche Elemente wie die legislative Befugnis über die Bankenaufsicht und die Herrschaftsrechte entzogen, glaubt der Jurist. Deutsche Banken, so die Kritik der Kläger, müssten viele Milliarden in den Abwicklungsfonds einzahlen, ohne dass der deutsche Gesetzgeber mitbestimmen könne, wie das Geld verwendet wird.
Ob dies mit dem Grundgesetz vereinbar ist, muss nun das Bundesverfassungsgericht klären. Da es unter anderem um europäisches Recht geht, ist es auch denkbar, dass die Verfassungsrichter einige Fragen dazu dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorlegen. Ein Urteil wird es dann im Laufe des nächsten Jahres geben.