Einfuhren aus Asien Wo die China-Abhängigkeit am größten ist
Deutsche Unternehmen sind einer Studie zufolge nur bei einzelnen Produkten extrem abhängig von chinesischen Importen - hier sei die Lage jedoch "kritisch". Welche Produkte sind besonders betroffen?
Die deutsche Wirtschaft hängt bei wichtigen Produkten - Laptops, Mobiltelefone und Medizinprodukte wie Atemschutzmasken - sehr stark von China ab. Hier liegen die Importanteile bei bis zu 90 Prozent, wie eine Analyse ergab, die das Kieler Wirtschaftsforschungsinstitut IfW heute veröffentlicht hat. Die IfW-Experten identifizierten insgesamt 221 Produkte, bei denen China und Taiwan gemeinsam den deutschen Import dominieren.
Die Abhängigkeit ist danach insgesamt aber deutlich geringer als klassische Handelsstatistiken nahelegen. Nur ein äußerst kleiner Teil der deutschen Produktion hänge von chinesischen Vorleistungen ab. Der mit Abstand größte Teil stamme von deutschen Eigenleistungen. Deutsche Unternehmen sind danach nur bei einzelnen Produkten abhängig von chinesischen Importen - in diesen Fällen ist die Abhängigkeit jedoch "kritisch". "Bei der Mehrzahl der Produkte liegt der Importanteil beider Länder bei über 80 Prozent", erklärte das IfW.
Hohe Abhängigkeit bei Laptops
Die Forscher haben eine besonders starke Importabhängigkeit Deutschlands bei Laptops festgestellt: 80 Prozent der tragbaren Computer werden aus China importiert. Auch bei Mobiltelefonen, bestimmten Textilprodukten, Grafikkarten oder LED-Lampen ist China bei weitem das wichtigste Lieferland. Der Anteil der Importe aus China betrage 68 Prozent bei Mobiltelefonen und 62 Prozent bei Computerteilen wie Sound- und Grafikkarten.
Eine massive Abhängigkeit besteht danach außerdem bei einigen von der EU als kritisch eingestuften Seltenen Erden und Rohstoffen wie Scandium oder Antimon. Diese beziehe Deutschland zu 85 Prozent und mehr aus China. Sie werden für Batterieproduktion und Oberflächenbeschichtungen gebraucht. Bei Atemschutzmasken oder Schmerzmitteln sind es teils mehr als 90 Prozent.
Tagebau in Südchina: Die Abhängigkeit von Seltenen Erden aus China ist dem IfW zufolge sehr hoch.
Mehr Diversifizierung notwendig
China dominiere bei einzelnen Rohstoffen und Produkten die deutsche Versorgung und könnte als Lieferant kurzfristig nicht ersetzt werden. Deshalb werde dringend eine Strategie für mehr Diversifizierung benötigt, erläuterte Studien-Mitautor Alexander Sandkamp.
Der Experte verwies explizit auf die Gefahr eines militärischen Konflikts Chinas mit Taiwan. Wegen Sanktionen dürften in diesem Fall Lieferungen aus China wegfallen - und wegen chinesischer Blockaden auch aus Taiwan. "Das würde eine deutsche Versorgungsnotlage bei bestimmten kritischen Produkten verschärfen", erklärte Sandkamp. Taiwan liefere neben vielen Computerkomponenten und elektronischen Schalteinheiten etwa auch Fahrradteile.
Sollte die EU chinesische Importe boykottieren, stünden dafür praktisch keine alternativen Zulieferer zur Verfügung, heißt es.
Chinas Bedeutung für Wirtschaft gering?
Dabei sei der deutsche Konsum abhängiger von China als die deutsche Produktion. Die Bedeutung Chinas verdopple sich sowohl für den Konsum als auch für die Produktion, wenn indirekte Verflechtungen berücksichtigt werden. "Selbst wenn es Deutschland gelänge, seine Importe aus China auf null zu reduzieren, wäre die deutsche Wirtschaft daher noch nicht unabhängig von China", wird ausgeführt. Diese indirekten Verflechtungen sind danach besonders relevant, wenn es in China zu allgemeinen Produktionsengpässen etwa aufgrund von Lockdowns kommt. Im Falle einer Entkopplung Deutschlands von China sind in erster Linie die direkten Verflechtungen relevant, solange andere Handelspartner Deutschlands sich nicht ebenfalls von China abkoppeln.
Insgesamt aber sei Chinas Bedeutung für die Wirtschaft der Bundesrepublik überraschend gering. Nur 0,6 Prozent der für die deutsche Produktion benötigten direkten Vorleistungen kämen von dort - weniger als aus den USA und Frankreich.
BIP-Minus von einem Prozent bei Entkopplung
Unter Einbezug von Vorleistungen aus anderen Ländern, die wiederum dort mit chinesischen Vorprodukten hergestellt werden, steigt die Bedeutung Chinas auf 1,5 Prozent. Bei Endprodukten für deutsche Verbraucher ist der Anteil chinesischer Produkte etwa doppelt so hoch.
Die Zahlen stehen laut IfW im Kontrast zu gängigen Statistiken, wonach China mit knapp zwölf Prozent wichtigstes Ursprungsland aller deutschen Importe ist. Eine Abkopplung der EU von China mit einer Verringerung des Handels um 97 Prozent würde nach Modellrechnungen Deutschlands Wirtschaftsleistung auf lange Sicht - wenn neue Lieferstrukturen etabliert sind - um ein Prozent verringern. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt 2021 würde dies einer entgangenen Wertschöpfung in Höhe von 36 Milliarden Euro im Jahr entsprechen.