Einbußen durch Corona-Pandemie Offene Sonntage gegen leere Kassen?
Um ihre Einbußen auszugleichen, sollen Einzelhändler aus Sicht des Handelsverbandes Deutschland bis zum Jahresende an sieben Tagen in der Woche öffnen dürfen. Doch das Rütteln am freien Sonntag stößt auf heftige Kritik.
Für den Einzelhandel bedeuten die Auflagen in der Corona-Krise vor allem eines: geschlossene Ladentüren und fehlende Einnahmen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat der Bundesregierung nun einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt und darin mögliche Schritte vorgeschlagen, um die wirtschaftlichen Schäden für die Branche so gut es geht zu minimieren. Ein Kernpunkt dieses Plans: Sobald die Geschäfte wieder öffnen dürfen, sollten sie das für den Rest des Jahres an sieben Tagen in der Woche dürfen - auch sonntags.
"Die Ladenöffnung an Sonntagen sollte befristet für das Jahr 2020 ohne Auflagen und Beschränkungen zugelassen werden", fordert der Verband wörtlich. So bekämen die Händler außerhalb der Lebensmittelbranche zumindest teilweise die Chance, entgangene Umsätze zu kompensieren. Zudem könnte eine Ausweitung der Öffnungszeiten dazu beitragen, künftig Hygienevorschriften und Abstandsregelungen noch besser umzusetzen.
In einem Interview mit dem Onlineportal t-online führte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth an, Shoppen sei für die Menschen auch eine Art der Freizeitbeschäftigung: "Nach Wochen in Selbstisolation werden die Menschen wieder hinaus wollen, um einzukaufen. Hier darf es keine Denkverbote geben."
"Generalangriff auf Verfassung und Kultur"
Kritik an dem Vorstoß kam von dem kirchlich-gewerkschaftlichen Bündnis "Bundesallianz für den freien Sonntag": Der HDE versuche, "die Not und Ängste der Bürger auszunutzen, um einen erneuten Angriff auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Sonntags vorzubereiten", sagte der dem Bündnis angehörende Diakon Erwin Helmer.
Zu dem Zusammenschluss zählen nach eigenen Angaben des Bündnisses die Gewerkschaft ver.di, der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA), der Bundesverband evangelischer Arbeitnehmerorganisationen (BVEA), die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) und die Katholische Betriebsseelsorge.
Stefan Eirich, Bundespräses der KAB sprach von einem "Generalangriff auf den Sonntag und damit auf unsere Verfassung und unsere Kultur".
Neu ist die Debatte um die Ladenöffnung am Sonntag nicht. Doch die Sonntagsruhe wird sogar von der Verfassung garantiert. Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt", heißt es in Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung, den das Grundgesetz so übernommen hat.
Supermärkte sehen von Sonntagsöffnung ab
Bei den Lebensmittelhändlern, denen in der Corona-Krise die Sonntagsöffnung als Option offen steht, stößt die zusätzliche Ladenöffnung bisher auf wenig Gegenliebe. Die großen Ketten wie Edeka, Aldi und Rewe lehnen sie einheitlich als unnötig ab.
Die Versorgung der Kunden könne auch mit den bestehenden Öffnungszeiten bundesweit gewährleistet werden, teilten etwa die Betreiber der Edeka-Märkte mit. Zudem arbeiteten die Angestellten in den Supermärkten bereits jetzt an den Grenzen ihrer Belastbarkeit. Einen weiteren Tag zu öffnen, drohe diese Lage nur zu verschärfen.